Herr Traubel, was halten Sie vom Konzept des Digital Detox und spielt es bei Ihnen im Hotel eine Rolle?
Wir haben dieses Konzept bei uns schon seit sehr, sehr vielen Jahren umgesetzt. Allerdings muss ich ehrlicherweise zugeben, dass wir das zunächst eher aus der Not heraus umgesetzt haben. Der Ort, an dem sich unser Haus befindet, liegt in Balderschwang im Allgäu und damit zwar für mich am Nabel der Welt, aber aktuell für die Mobilfunkanbieter noch nicht. Wir haben eine ganz schlechte und langsame Internetverbindung hierher ins Tal. Daher sagen wir unseren Gästen schon bei der Anreise: die Natur ist so schön hier, genieße sie und genieße sie noch intensiver, indem Du Dein Handy bei uns an der Rezeption abgibst. Als kleine Belohnung für diese digitale Auszeit bekommt der Gast dann zur Abreise ein Stück Bergkäse geschenkt.
Ist das auch für Sie persönlich ein Konzept, welches Sie umsetzen?
Ja, ich habe für mich selbst tatsächlich ein Experiment gemacht, als ich im Januar mit meiner Familie im Urlaub war. Ich habe auf meinem Smartphone einfach mal die E-Mails ausgeschaltet und alle Accounts deaktiviert. Es war schon mal hochinteressant zu bemerken, wie viel weniger man dann auf das Handy schaut und wieviel mehr Zeit man mit der Familie verbracht hat und wie viel intensiver die Gespräche wieder geworden sind. Ich habe längst nicht mehr so viele Störungen erlebt. An normalen Arbeitstagen bekomme ich gut und gerne 60 Mails auf mein Handy und diese Zeit habe ich im Urlaub dann eben mehr gehabt. Und ich habe diese Zeit als sehr wertvoll empfunden. Was mich hier am meisten begeistert hat, dass ich über eine bestimmte Zeit nichts mehr von der Arbeit mitbekommen habe. Und trotzdem hatte ich immer noch die Sicherheit – falls ein Notfall im Betrieb eintreten sollte – dass mir meine Mitarbeiter noch eine SMS hätten schreiben können. Es war insgesamt eine angenehme Erfahrung, die ich im nächsten Urlaub wieder machen werde.
Gab es auch neue Erkenntnisse aus diesem Selbstexperiment für Ihre Gäste?
Aus dem Selbstexperiment ist tatsächlich ein Gedanke gewachsen, der mir vorher noch nicht bewusst war. Ich habe festgestellt, dass es immer schwieriger wird, dem Gast das Smartphone komplett wegzunehmen. Denn es entwickelt sich ja zunehmend zu einem Multifunktionstalent. Ich nutze Apps, rufe die regionalen Nachrichten ab, rufe meine Reisetickets ab, nutze das Handy als Navigationsgerät und als Fotoapparat. Es wird also immer schwieriger, es den Leuten wegzunehmen.
Wie bewerten Sie generell den Trend zum Digital Detox in der Reisebranche?
Zum einen finde ich den Trend gut, dass viele Hotels so etwas anbieten. Denn ich habe auch in meinem Selbstversuch gemerkt, wie gut dieser Verzicht tut. Warum soll es dann nicht unseren Gästen auch guttun. Doch andererseits sehe ich auch, wie sich die Digitalisierung gerade in der Reisebranche und in der Reiseplanung rasant entwickelt. Alles wird mittlerweile übers Smartphone abgewickelt: Hotelbuchungen und Ticketbuchungen. Zwei spannende Trends also, die sich aber gegenseitig nicht ausschließen.