Die LKW-Maut steigt mit einer CO2-Differenzierung stark an, emmissionsfreie LKW sind vorerst befreit. Welche Steuerungswirkung erwarten Sie davon auf den Fernstraßen in Ihrem Bundesland?
Der Straßengüterverkehr hat einen erheblichen Anteil an den CO2-Emissionen im Verkehrssektor. Weil vor allem kurzfristig und bei kurzen Wegstrecken nicht der gesamte Güterverkehr auf die Schiene verlagert werden kann, ist die Antriebswende im Straßengüterverkehr unabdingbar und muss dringend vorangebracht werden. Dafür brauchen wir einen schnellen Hochlauf der Elektrifizierung und den Ausbau an Ladeinfrastruktur. Es muss für die Transport- und Logistikunternehmen ein Anreiz geschaffen werden, emissionsfreie Fahrzeuge auch zu kaufen. Der Markt hat sich hier in den letzten Jahren in einer enormen Geschwindigkeit entwickelt, und es sind in vielen Gewichtsklassen schon heute oder absehbar batterieelektrisch- oder wasserstoffbetriebene Fahrzeuge verfügbar. Eine Befreiung von der Lkw-Maut ist eine relevante Kosteneinsparung, die die Nutzung emissionsfreier Lkw sehr attraktiv macht. Nicht umsonst hat die EU mit der Überarbeitung der EU-Wegekostenrichtlinie die Möglichkeit der Befreiung geschaffen. Ich rechne daher mit einem kontinuierlichen Hochlauf dieser Fahrzeuge auf Bundesfernstraßen nicht nur in Baden-Württemberg.
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Im kommenden Jahr wird die Maut auf Fahrzeuge über 3,5 Tonnen Gesamtgewicht ausgeweitet. Welche Auswirkungen für die Verkehrsströme und etwa das Staugeschehen in ihrem Bundesland erwarten Sie dadurch?
Eine Auswirkung auf das Staugeschehen durch die Lkw-Maut ab 3,5 Tonnen hätten wir ja nur, wenn dadurch mit einem hohen Ausweichverkehr auf Landes- und Kommunalstraßen zu rechnen wäre. Diese Problematik sehe ich aber nicht, denn der Zu- und Ablaufverkehr bei den Bundesfernstraßen erfolgt ohnehin bereits über Landes- und Kommunalstraßen, und das Umfahren der Bundesfernstraßen ist häufig mit Umwegen und längeren Strecken verbunden. Deswegen dürften Ausweichverkehre auf Einzelfälle beschränkt bleiben und häufig nicht zeit- und kosteneffizient sein. Außerdem sind bestimmte Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen, wie z.B. Handwerkerfahrzeuge, die für Ausweichverkehre am ehesten in Betracht kommen, ohnehin von der Maut ausgenommen. Stau hängt aber von vielen weiteren Faktoren jenseits denkbarer Verkehrsverlagerungen aus einer Lkw-Maut ab, sodass keine endgültigen Aussagen zu den Auswirkungen möglich sind. Allerdings hat auch die Ausweitung der Lkw-Maut auf Bundesstraßen seinerzeit nicht zu einer nennenswerten Verlagerung auf das nachrangige Straßennetz geführt.
Mit der Mauterhöhung soll der sogenannte geschlossene Finanzierungskreislauf Straße aufgebrochen werden. Wie bewerten Sie das mit Blick auf die Investitionen in Fernstraßen in Ihrem Bundesland?
Den hier angesprochenen Finanzierungskreislauf gab es bei der ursprünglichen Einführung der Lkw-Maut noch gar nicht, sondern dieser wurde später erst eingeführt. Wenn ein Aufbruch dieses Kreislaufs dafür genutzt wird, mittel- und langfristig eine Verlagerung des Straßengüterverkehrs auf die Schiene zu erreichen, ist dies aus meiner Sicht grundsätzlich ein begrüßenswerter Schritt. Dies setzt jedoch voraus, dass die Investitionen in Bundesstraßen in Baden-Württemberg dadurch nicht gefährdet werden. Hierfür muss der Infrastrukturkostenanteil der Maut konsequent in die Straße fließen. Im Wesentlichen wird nun der durch die Mauterhöhung generierte Mautanteil für externe CO2-Kosten nicht in die Fernstraßen investiert, was insofern keine direkten Nachteile für Investitionen in Bundesstraßen mit sich bringen wird.
Ein guter Teil der Maut-Einnahmen soll in die Schiene fließen. Was halten Sie davon?
Der Bund muss das Schienennetz in den kommenden Jahren dringend und konsequent ausbauen und erneuern, damit mittel- und langfristig eine Verlagerung des Straßengüterverkehrs auf die Schiene immer attraktiver wird. Dafür bedarf es hoher Investitionen des Bundes in den nächsten Jahren, auch abseits der Hochleistungskorridore in der Fläche und gerade an Strecken, bei denen heute schon reger Personen und Güterverkehr stattfindet wie z.B. der Frankenbahn oder Brenzbahn. Gerade bei längeren Strecken kann der Gütertransport auf der Schiene sehr viel effizienter und klimaschonender durchgeführt werden als auf der Straße. Deswegen steckt in der Verlagerung auf die Schiene ein großes Potenzial für die Einsparung von CO2-Emissionen. Die Schweiz ist dafür ein gutes Beispiel. Dort werden Mauteinnahmen seit Jahren mit hohen Beträgen konsequent in die Schiene investiert mit dem Resultat, dass der Anteil des Schienengüterverkehrs am Güterverkehr insgesamt deutlich höher ist als in der Bundesrepublik.