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Der sichere Tacho ist die Bewährungsprobe für das digitale Auto

Warum die geplante Datenbank-Lösung rückwärtsgewandt ist

Marion Jungbluth, Leiterin Team Mobilität und Reisen, Geschäftsbereich Verbraucherpolitik, Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. Quelle: vzbv Marion Jungbluth Leiterin Mobilität und Reisen Verbraucherzentrale Bundesverband 03.07.2018
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Alexander Hiller
Redakteur
Meinungsbarometer.info
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Tacho-Manipulation ist kein Kavaliersdelikt, sondern Betrug an Gebrauchtwagenkäufern. Die Manipulation muss als Straftat spürbar sanktioniert werden – und die Hersteller müssen die Voraussetzungen schaffen, um Manipulation so schwer wie möglich zu machen. Doch die deutsche Automobilindustrie, die unter anderem mit Sätzen wie „Vorsprung durch Technik“ wirbt, sieht sich nicht in der Lage, den Kilometerstandszähler manipulationssicher zu machen. Manipulationen am Fahrzeug haben seit dem Dieselskandal eine ganz neue Dimension erfahren. Alles, was am Auto digitalisiert werden kann, wird digitalisiert. Und alles was digitalisiert wird, birgt das Risiko, manipuliert zu werden. Dem endlich einen Riegel vorzuschieben, ist ein richtiges und wichtiges Ziel, das auch das Europäische Parlament mit seiner Initiative gegen Tachobetrug verfolgt. Ob allerdings der Weg über eine Datenbank, in der die Kilometerstände aller Autos gespeichert werden, der richtige ist, ist zu bezweifeln.  

Die Jahrzehnte lange Untätigkeit hat dazu geführt, dass in den Nachbarländern Belgien und Niederlanden bereits Datenbanken aufgebaut wurden, die regelmäßig Kilometerstände bei Werkstattbesuchen oder zur Hauptuntersuchung speichern. Potenzielle Käufer können dort gegen Gebühr die Angaben des Verkäufers überprüfen. Diese Systeme haben sich in der Vergangenheit bewährt und waren eine adäquates Instrument zum Schutz vor Tachomanipulation in einer analogen Welt. In einer Zeit, in der alle von automatisierten und vernetzten Auto reden, ist die Datenbank-Lösung aber rückwärtsgewandt und höchstens existenzsichernd für die Betreiber dieser Datenbanksysteme. Statt Geld in den Aufbau weiterer nationaler oder einer europäischen Datenbank für Kilometerstände zu stecken und diese mit teurer Blockchain-Technologie abzusichern, sollten die Anstrengungen gebündelt auf ein europaweites Zertifizierungsverfahren für IT-Systeme und -Produkte sowie deren Kontrolle ausgerichtet werden.

Seit September vergangenen Jahres schreibt die EU-Typengenehmigung bereits den Einbau von manipulationssicheren Wegstreckenzählern vor. Sicherheits-Chips mit Verschlüsselung werden laut ADAC Zusatzkosten von ungefähr einem Euro verursachen. Freiwillig bauen die Autohersteller diese jedoch nicht ein. Bei den Autoherstellern setzt sich erst langsam die Erkenntnis durch, dass IT-Sicherheit ein wichtiges Kriterium für zukünftige Verkaufschancen ihrer Autos ist. Ein durch eine unabhängige Stelle erteiltes Zertifikat, sollte Verbrauchern schnell Auskunft darüber geben, dass die geltenden Standards zum Schutz vor Manipulation eingehalten werden. Und aus dem Dieselskandal haben wir gelernt, dass die Einhaltung der Standards nicht nur bei der Zulassung kontrolliert werden muss, sondern auch mittels Felduntersuchungen von neutralen Dritten.

Übrigens ist jede dezentrale Speicherung einfacher und sicherer als eine zentrale – auch wenn sie aufwändig mit Blockchain abgesichert ist. Ein manipulationssicherer Kilometerzähler in jedem Auto stellt somit nicht nur die preiswerteste, sondern im Zweifel auch die sicherste Variante dar. Der Tacho im modernen digitalen Auto ist deshalb die Bewährungsprobe für die Autohersteller: Wer es nicht schafft einen Tacho sicher zu machen, darf nicht davon reden, Autos autonom fahren zu lassen.

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