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Interview18.07.2018

Datenbanken und Technik gegen Tachobetrug

Was schon beim EU-Gebrauchtwagen-Handel passiert und noch folgen sollte

Karoline Graswander-Hainz, MdEP Quelle: Juha Roininen / EUP-Images Karoline Graswander-Hainz MdEP Europäisches Parlament, Fraktion der S&D
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Alexander Hiller
Redakteur
Meinungsbarometer.info
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Die Europa-Abgeordnete Karoline Graswander-Hainz (SPÖ) weiß: das "belgische Car-Pass Modell hat zu einer Reduktion um 97%  der als dort manipuliert gehandelten Gebrauchtwagen geführt." Deswegen begrüßt sie die europäische Initiative gegen Tachobetrug. Sie fordert aber auch noch mehr.





Die EU will künftig mit einer Speicherpflicht gegen Tachobetrug vorgehen. Was halten Sie von dieser Idee?
Das ist eine gute und wichtige Initiative. Tachobetrug ist kein Kavaliersdelikt, sondern geschieht systematisch und in verbrecherischer Absicht. Mit wenigen Handgriffen geht der Kilometerstand nach unten, der Wert des Gebrauchtwagens um einige Tausend Euro nach oben. Derzeit sind in Europa 5 bis 12 Prozent aller gebrauchten Fahrzeuge im nationalen Handel und 30 bis 50 Prozent im grenzüberschreitenden Handel manipuliert. Dadurch entstehen den Verbraucherinnen und Verbrauchern zwischen 5,5 und 9,6 Milliarden Euro Schaden jährlich. Das EU-Parlament hat präzise Vorschläge gemacht, die EU-Kommission muss jetzt schnell handeln und einen Legislativtext vorlegen.
 
Welche Vorteile hätte ein Datenbanksystem gegenüber einer technischen Lösung?
Wir brauchen beides. Für die technischen Lösungen sind wir aber auf die Kooperationsbereitschaft der Hersteller angewiesen. Generell muss man auch festhalten, dass es für jede technische Lösung immer eine Umgehung geben wird. Realistischerweise können technische Lösungen nur für Neuwagen greifen, wäre eine Aufrüstung bestehender Modelle doch mit enormen finanziellen Aufwand verbunden. Datenbank-Lösungen sind demgegenüber relativ simpel und haben sich in einigen EU-Mitgliedstaaten bereits bewährt. Das oft als best practice Beispiel genannte, belgische Car-Pass Modell hat zu einer Reduktion um 97%  der als dort manipuliert gehandelten Gebrauchtwagen geführt. Seit Daten zwischen Belgien und den Niederlanden ausgetauscht werden, geht man im grenzüberschreitenden Handel zwischen diesen Staaten von einem vergleichbaren Erfolg aus. Die Idee dahinter ist denkbar einfach: Tachodaten werden von unabhängiger Stelle regelmäßig überprüft, vermerkt und in nationale Datenbanken eingepflegt. Der Austausch zwischen nationalen Datenbanken würde dem Problem des Tachobetrugs die maßgebliche Grundlage entziehen.
 
Inwieweit können die geplanten nationalen Datenbankregelungen etwaigen Missbräuchen beim grenzüberschreitenden Handel entgegenwirken?
Eine zentrale europäische Datenerfassung wäre auf den ersten Blick natürlich der logischere Weg. Demgegenüber basiert das System der Zulassung und technischen Überprüfung von Kraftfahrzeugen, sowie der Gültigkeit von Fahrberechtigungen etc. aber auf der gegenseitigen Anerkennung im Binnenmarkt. Es gibt Rahmenbedingungen, die von verschiedenen europäischen Richtlinien vorgegeben sind, aber durch die Mitgliedstaaten in Form von nationalen Gesetzen erlassen werden. Auch hier sind schon Maßnahmen gegen den Tachobetrug festgehalten. Es macht daher Sinn neue Maßnahmen in bestehende Rechtsstrutkuren zu integrieren und hier nicht einen komplett neuen Weg zu gehen. Auch vor dem Hintergrund, dass es eben bereits funktionierende Datenbank-Lösungen in Mitgliedstaaten gibt. Auch dort wo Datenaustausch zwischen diesen Systemen erfolgt konnten große Erfolge im grenzüberschreitenden Gebrauchtwagenhandel erzielt werden konnten.
 
Welche Regeln halten Sie darüber hinaus im innereuropäischen Handelsmarkt für Gebrauchtwagen am dringendsten?
- Typgenehmigungsanforderungen für Sicherheit im Fahrzeug verschärfen
- Kriterien für die wirksame Überprüfung der Sicherheit von Kilometerzählern festzulegen
- Rechtsvorschriften im Bereich der Manipulation von Kilometerzählern zu schaffen oder anzupassen, sodass diese als Straftat gilt

Die restlichen Maßnahmen, die gesetzt werden müssen, entnehmen Sie bitte der abgestimmten Resolution:
http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//NONSGML+TA+P8-TA-2018-0235+0+DOC+PDF+V0//DE

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