Welche Auswirkungen hat der Konsum von Social-Media-Angeboten auf unser Verhalten, Familienleben und soziale Kompetenz von Heranwachsenden?
Die vielen Möglichkeiten zur Vernetzung von Social-Media-Angeboten faszinieren alle Altersgruppen gleichermaßen. Heranwachsende tauschen sich über gemeinsame Interessen aus. Dem Bedürfnis nach Selbstdarstellung bieten soziale Netzwerke eine ideale Plattform, hier fühlen sie sich Gleichgesinnten verbunden und erfahren Anerkennung in Form von Likes, Kommentaren oder digitalen Geschenken. Die intuitive Benutzeroberfläche ist ansprechend gestaltet und der Algorithmus von den Anbietern bewusst so konzipiert, dass Inhalte einfach und schnell konsumierbar sind, mit dem Ziel, dass die Nutzenden möglichst lange in den jeweiligen Angeboten verweilen. All das hat natürlich einen Einfluss auf unser Verstehen, Fühlen und Handeln. Heranwachsende können die Folgen ihrer Nutzung oft nicht einschätzen. Denn eine häufige und intensive Nutzung führt nicht automatisch zu einem reflektierten und aufgeklärten Umgang. Was wiederum zu Problemen innerhalb des Familienlebens führen kann. Eltern können durch ihre (Medien-)erziehung Einfluss auf den Mediengebrauch ihrer Kinder nehmen, um somit sowohl mediale als auch soziale Kompetenzen zu stärken.
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Wie kann man Kinder und Jugendliche für manipulative Funktionen bei Social-Media-Plattformen sensibilisieren?
Medienkompetenzförderung sollte ganz klar zentraler Bestandteil schulischer Bildung sein. Kenntnisse in den Bereichen Medienwissen, Medienkritik und Medienhandeln sind unabdingbar, um einen kritisch-reflexiven Umgang mit Medien zu entwickeln und sich in der digitalen Welt zurechtfinden und daran teilzuhaben. Im Rahmen von medienpädagogischen Projekten können Wirkweisen und Verstärkermechanismen von Sozialen Netzwerken aufgezeigt werden, was den Heranwachsenden hilft, irreführende Strategien zu erkennen und ihr Bewusstsein für manipulative Designs in Social Media-Angeboten zu schärfen. Indem sie die Vor- und Nachteile der von ihnen genutzten Angebote erarbeiten und ihre eigenen Nutzungsgewohnheiten kritisch durchleuchten, lernen Kinder und Jugendliche ihren eigenen Mediengebrauch besser einzuschätzen und zu reflektieren. Wichtig ist dabei von ihrer Lebenswirklichkeit und ihrem Nutzungsverhalten auszugehen.
Strategien wie Dark Patterns und Digital Nudging wurden als manipulativ entlarvt. Sollte es gesetzlich geregelte Grenzen für verhaltensbeeinflussende Mediendesigns geben?
Unbedingt. Die Anbieter tragen die Hauptverantwortung für den Einsatz von Dark Patterns und Digital Nudging, die in Social-Media-Angeboten stark verbreitet sind. Doch gerade Kinder und Jugendliche können diese Strategien oft nicht zuverlässig einschätzen. Dies unterstreicht die Notwendigkeit intensiver Medienaufsicht und der besseren Durchsetzung des Kinder- und Jugendmedienschutz. Denn weder Kindern und Jugendlichen, noch deren Eltern darf hier eine Aufgabe übertragen werden, die sie aufgrund eingeschränkter Handlungsoptionen gar nicht erfüllen können.
Die dynamische Entwicklung der Strategien macht es bislang schwer, eine eindeutige rechtliche Regelung zu schaffen. Eine technische Eindämmung potenzieller Risiken wäre beispielweise die zeitliche Begrenzung des sog. Infinite Scroll, ein Pattern für automatisches Nachladen von Inhalten. Dies könnte helfen, die Aufmerksamkeit auf das eigene Nutzungsverhalten zu lenken und die Nutzung ggf. zu unterbrechen.
Unter der Überschrift „Immer online – wenn Nutzungszeiten aus dem Ruder laufen“ lädt die Medienanstalt-Sachsen-Anhalt im Rahmen der 7. Netzwerktagung Medienkompetenz am 06. und 07. Dezember zur Diskussionsrunde mit anschließendem Workshop in die Leopoldina in Halle ein, sich intensiv mit dieser Thematik zu beschäftigen.
Wie kann die Medienkompetenz von Kindern und Jugendlichen insgesamt gestärkt werden?
Eine Seite ist sicherlich die Regulierung und Durchsetzung des Kinder- und Jugendmedienschutzes. Auf der anderen Seite, im familiären Kontext sollten Eltern stets Interesse daran haben, welche Medien Kinder nutzen möchten. Besonders am Anfang sollten Kinder im Umgang mit dem Internet und Social-Media-Angeboten begleitet werden, um gemeinsam Verhaltensweisen zu lernen, wie man Risiken begegnet. Wie bei allen Themen in der Erziehung ist gegenseitiges Vertrauen eine gute Basis, wenn mit zunehmendem Alter die Mediennutzung selbstständiger und eigenverantwortlicher wird. Klare Regeln helfen den familiären Medienalltag zu strukturieren. Weiterhin sollten sich Eltern informieren und ihre Kinder dabei unterstützen, wie die Schutzeinstellungen beim jeweiligen Online-Dienst funktionieren. Der schulische Kontext stellt eine weitere wichtige Säule dar. Hier müssen Rahmenbedingungen für Lehrkräfte ausgebaut werden, bereits in der Lehramtsausbildung sollten Methoden zur sinnvollen Anwendung von Medien in Lehr- und Lernkontexten implementiert sein.