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Dashcams machen den Verkehr nicht sicherer

Trotzdem sind die Kameras für die Versicherungswirtschaft interessant

Dr. Bernhard Gause, Mitglied der Geschäftsführung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) Quelle: GDV Dr. Bernhard Gause Geschäftsführung Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft 08.05.2018
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Alexander Hiller
Redakteur
Meinungsbarometer.info
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"Dashcams werden den Verkehr kaum sicherer machen. Die Unfallforschung der Versicherer (UDV) erwartet, dass Fahrer nach dem Einbau einer Dashcam ihr Verhalten höchstens kurzfristig anpassen. Am grundsätzlichen Fahrstil ändert sich überhaupt nichts."Das sagt Dr. Bernhard Gause, Mitglied der Geschäftsführung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Wenn der Unfallhergang nicht ohne weiteres nachvollzogen werden könne, könnten Dashcam-Aufnahmen aber dennoch hilfreich sein. "Sie liefern objektive und leicht auszuwertende Informationen. Dürften Kfz-Versicherer sie nutzen, könnten sie also in noch mehr Fällen einfach feststellen, wer welchen Verursachungsanteil an einem Unfall trägt und die Schadenregulierung entsprechend beschleunigen."







In  vielen Ländern gehört die Dashcam längst zur Auto-Ausstattung. Machen Dashcams den Verkehr wirklich sicherer?
Die Antwort ist ein klares Nein, Dashcams werden den Verkehr kaum sicherer machen. Die Unfallforschung der Versicherer (UDV) erwartet, dass Fahrer nach dem Einbau einer Dashcam ihr Verhalten höchstens kurzfristig anpassen. Am grundsätzlichen Fahrstil ändert sich überhaupt nichts. Und auf andere Fahrer haben Dashcams schon gar keinen Einfluss, schließlich werden Unfälle ja in aller Regel ohnehin nicht bewusst oder grob fahrlässig verursacht; es sind eben Unfälle. Dashcams verhindern Unfälle also nicht, sie können und sollen vielmehr im Einzelfall dabei helfen, ihren Hergang aufzuklären.

In Deutschland ist die Nutzung im europäischen Vergleich noch sehr gering. Wie erklären Sie sich die Zurückhaltung der deutschen Autofahrer?
In unserer Wahrnehmung werden Dashcams nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Westeuropa nur zurückhaltend genutzt. Ein Grund dafür ist sicherlich das hohe Vertrauen der Autofahrer. Sie wissen, dass die Schuldfrage bei den allermeisten Unfällen schnell geklärt werden kann und die Schäden von den Versicherern entsprechend schnell und reibungslos reguliert werden. Hinzu kommt, dass bislang die Verwertbarkeit der Aufnahmen nicht höchstgerichtlich entschieden ist.

Was sollten Autofahrer ggf. beachten um Datenschutz- und Persönlichkeitsrechte Dritter einzuhalten?
Die aktuell geltenden Regeln sind nicht eindeutig, sondern widersprechen sich: Auf der einen Seite sind die Kameras nicht verboten. Auf der anderen Seite verstößt man gegen den Datenschutz, wenn man während der Fahrt durchgehend Personen und Kennzeichen aufzeichnet.

Der BGH prüft aktuell die Verwertbarkeit der Aufnahmen von Dashcams bsw. bei Unfällen. Geklärt werden soll, ob Aufnahmen von Videokameras an Armaturenbrett und Windschutzscheibe als Beweis vor Gericht genutzt werden dürfen. Welche Auffassung vertreten Sie?
Wenn der Unfallhergang nicht ohne weiteres nachvollzogen werden kann, können Dashcam-Aufnahmen hilfreich sein. Sie liefern objektive und leicht auszuwertende Informationen. Dürften Kfz-Versicherer sie nutzen, könnten sie also in noch mehr Fällen einfach feststellen, wer welchen Verursachungsanteil an einem Unfall trägt und die Schadenregulierung entsprechend beschleunigen. Insofern setzen wir uns dafür ein, klare datenschutzrechtliche Regeln für Dashcams zu definieren, um die Aufnahmen in strittigen Fällen nutzen zu können. Eine mögliche Lösung könnten zum Beispiel Kameras sein, die immer nur einen kurzen Zeitraum aufzeichnen und ältere Aufnahmen kontinuierlich löschen. Technisch wäre es möglich, die Aufnahmen einer Dashcam nach einem Unfall – und nur dann – automatisch zu sichern.

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