Nach dem aktuellen Digitalisierungsbericht Audio können beinahe zwei Drittel aller Deutschen über alle Gerätegruppen hinweg Radio digital empfangen. Wie lange braucht es noch welche Distributionswege für Radioprogramme?
UKW und DAB+ werden noch einige Zeit nebeneinander existieren. Allerdings wird DAB+ UKW in den kommenden Jahren sukzessive, für einzelne Programme zu unterschiedlichen Zeitpunkten, als primären Hörfunk-Übertragungsstandard ablösen. Genauso wie UKW einst die Mittelwelle abgelöst hat.
Wann dies zu einer Abschaltung von UKW führen wird, entscheiden für die privaten Hörfunkunternehmen der Markt und jedes Unternehmen selbst.
Für die öffentlich-rechtlichen Programmkollegen gelten hier sicher andere Vorgaben, nämlich die der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten, die nachvollziehbarerweise die Phase des Übergangs von UKW zu DAB+ aus Kostengründen so kurz wie möglich halten will.
In diesem Zusammenhang dürfte sich aus medienpolitischen Gründen auch die mancherorts gestellte Frage, ob denn vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk zurückgegebene UKW-Frequenzen vom privaten Hörfunk genutzt werden können, erübrigen. Eine neue Technologie zu fördern, indem die alte dem Markt wieder zugeführt wird, würde den Entwicklungsprozess eher verlangsamen und behindern, denn beschleunigen und wäre somit aus meiner Sicht kontraproduktiv.
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Besonders stark ist DAB+ in Bayern und Sachsen - dort gibt es nicht zuletzt auf lokaler Ebene eine besondere Programmvielfalt. Inwieweit ist DAB+ aus Ihrer Sicht eine Chance für lokale Anbieter?
DAB+ ist für alle Anbieter eine Chance, sowohl für lokal, als auch für regional oder national agierende Sender. Ein Viertel aller Haushalte hat inzwischen die Möglichkeit, über DAB+ seinen Lieblingssender zu hören und macht hiervon schon rege Gebrauch, nutzt diesen Verbreitungsweg immer häufiger.
Ab Ende des Jahres gilt dann das neue Interoperabilitätsgesetz, nachdem in neu verkauften Autoradios nur noch Hybridgeräte verkauft werden dürfen, die sowohl analoges UKW als auch digitales DAB+ Radio empfangen. Dies wird die Marktdurchdringung von DAB+ nochmals pushen und vorantreiben.
Diese Chance sollten sowohl lokale als auch regionale und nationale Anbieter nicht außer Acht lassen. Voraussetzung ist allerdings, dass geeignete Multiplexe zur Verfügung stehen, hier sind Länder und Medienanstalten gefragt, die Rahmenbedingungen zu setzen. Auch die Auseinanderschaltung von Landesprogrammen in regionale Teilbelegungen bedarf kreativer Lösungen.
Gerade in schwierigen Zeiten, unter unsicheren Umständen wie der aktuellen Corona-Krise gilt es langfristig strategisch zu agieren. Für das eigene Unternehmen zu antizipieren was die Zukunft bringt und diese Entwicklung bei der Ausrichtung und Planung vorweg zu nehmen. Und die Entwicklung des Hörfunks ist ganz klar digital.
IP-basiertes Radio wird häufig auf dem Smartphone genutzt. Welches Potenzial für den digitalen Radioempfang steckt in modernen Handys?
IP zählt mit zu den drei wichtigsten technischen Verbreitungswegen für Radio. Und nahezu jeder Hörer besitzt ein Smartphone, weswegen das Potenzial moderner Handys, sowohl für den Hörer- als auch den Werbemarkt unbestritten und entsprechend hoch ist.
Anders als UKW oder DAB+ ist IP als Übertragungstechnologie für Hörer allerdings nicht kosten- und barrierefrei zu empfangen. Gerade dies stellt aber ein hohes und schützenswertes Gut des Rundfunks in Deutschland dar, weswegen es auch im digitalen Zeitalter stets einen kostenfrei empfangbaren Hörfunk-Übertragungsstandard braucht, damit eben alle Bundesbürger, losgelöst davon ob sie sich ein Smartphone mit IP-Zugang leisten können oder nicht, stets und immer freien Zugang zu Rundfunkprogrammen haben.
Im Herbst startet der zweite DAB+ Bundesmux. Was bedeutet das für die deutsche Radiolandschaft?
Neue Plattformen wie der 2. Nationale DAB+ Multiplex sorgen mit attraktiven Programmen für mehr Angebotsvielfalt und werden die Bekanntheit von DAB+ weiter fördern und die Entwicklung hin zu diesem Verbreitungsweg beschleunigen. Zudem ergeben sich ganz neue Möglichkeiten für national aufgestellte Werbungtreibende in Deutschland, einem der größten Werbemärkte Europas. Vom Start weg wird der 2. Bundesmux bereits 67 Millionen Menschen, darunter alle Ballungsräume, Großstädte und die wichtigsten Verkehrswege, erreichen. Das ist schon eine Hausnummer.