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Bundesanstalt für Kompromiss bei 450-MHz-Frequenzen

Wer das fragliche Frequenzband benutzen sollte - und wofür

Andreas Gegenfurtner - Präsident der Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben Quelle: BDBOS/ Sebastian Wilke Andreas Gegenfurtner Präsident Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben 29.10.2019
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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Die Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BDBOS) hat "schon vor geraumer Zeit gemeinsam mit dem BMI und dem BMVg der Energiewirtschaft einen Kompromisslösungsvorschlag unterbreitet", sagt sagt ihr Präsident Andreas Gegenfurtner mit Blick auf die 450-Mhz-Frequenzen. In unserer Debatte erklärt er, wie dieser Kompromiss aussehen könnte und warum er allen Beteiligten helfen könnte.







Verschiedene Interessengruppen streiten sich um die Funkfrequenzen im 450-MHz-Bereich. Wer braucht diese am dringendsten?
Am dringendsten benötigen diese Frequenzen unsere Einsatz- und Rettungs-kräfte von Feuerwehr, Polizei und Rettungsdienst sowie der Bundeswehr. Unser Alltag ist heute bestimmt von Smartphones, WhatsApp, E-Mail und Google-Maps. Ohne diese Hilfsmittel wären wir oftmals aufgeschmissen, und dies gilt umso mehr für unsere Einsatzkräfte, denn die Messenger-Dienste, Datenbankabfragen und Zugänge zu Führungs- und Einsatzsystemen müssen dringend auch mobil verfügbar sein. Die BDBOS fordert vor diesem Hintergrund die Zuteilung eines eigenen Spektrums im Bereich von 450 MHz, um das BOS-Digitalfunknetz breitbandfähig zu machen.

Demgegenüber werden die Frequenzen von den wenigen Frequenzbewerbern der Energiebranche nicht wie behauptet zur Energiewende benötigt, sondern sie wollen Mehrwertdienste anbieten und damit den kommerziellen Telekommunikationsanbietern Konkurrenz machen, was legitim ist, aber nichts mit der Daseinsvorsorge der Steuerung der Stromnetze oder gar des Managens eines Blackouts zu tun hat.

Es gibt eine Reihe von etablierten Übertragungstechnologien – wozu braucht die Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen (BDBOS) ein exklusives Funknetz?
Die BOS und die Bundeswehr stellen sehr hohe Anforderungen an ihre einsatzkritische Kommunikation. Aus diesem Grund betreibt die BDBOS mit dem Digitalfunk BOS ein hochsicheres, hochverfügbares und flächendeckendes Mobilfunknetz, das mit über 4.700 Basisstationen bei einer zeitlichen Verfügbarkeit von 99,97 Prozent insgesamt 99,2 Prozent der Landesfläche versorgt – Tendenz steigend. Diese Anforderungen werden von kommerziellen Mobilfunknetzen nicht erfüllt. Daher benötigen BOS und Bundeswehr ein exklusives Breitbandfunknetz welches diese hohen Standards erfüllt. Dies gilt insbesondere für die Breitbandanwendungen wie Messenger-Dienste und Datenbankabfragen, die technisch mit einem hochverfügbaren, hochsicheren und flächendeckenden BOS-Basisbreitbandnetz realisiert werden sollen. Lediglich darüberhinausgehende großvolumige Bandbreitenbedarfe – z. B. für Video-Streaming in HD-Qualität – könnten durch die Mitnutzung kommerzieller Mobilfunknetze mittels gesicherter Verbindungen und vorrangigen Zugangs über das verbundene 450 MHz-Netz abgebildet werden.

Welche technischen Vorteile bieten die 450-MHz-Frequenzen?
Das Frequenzspektrum des 450-MHz-Frequenzbandes ist für die Breitbanddaten-übertragung besonders geeignet, weil es nicht nur eine hohe Reichweite und gute Gebäudedurchdringung erzielt, sondern auch für den Mobilfunkstandard LTE standardisiert ist. Bei Nutzung der 450-MHz-Frequenzen ließen sich allein mit den bestehenden Basisstationen des Digitalfunks BOS über 99 Prozent der Fläche Deutschlands breitbandig versorgen. Hierfür bedarf es lediglich einer Erweiterung der bestehenden Technik. Um denselben Versorgungsgrad mit Frequenzen im 700-MHz-Spektrum zu erzielen, wäre die Errichtung und Integration tausender zusätzlicher Funkstandorte erforderlich – Mehrkosten für den Steuerzahler von mehreren Milliarden sowie lange Vorlauf- und Umsetzungszeiten wären die Folge. Damit sind die 450-MHz-Frequenzen derzeit die einzige Möglichkeit, um zeit- und kosteneffizient eine flächendeckende Breitbandversorgung für BOS und Bundeswehr zu schaffen.

Der Beirat der Bundesnetzagentur hat sich nun dafür ausgesprochen, die 450-MHz-Frequenzen der Energiewirtschaft zu überlassen – wie geht der Prozess nun weiter?
Der weitere Ablauf des Verfahrens ist zeitkritisch, denn die aktuelle Zuteilung der 450-MHz-Frquenzen läuft bereits Ende 2020 aus. Eine Nutzung der neu vergebenen Frequenzen ab Anfang 2021 erfordert jedoch einen nicht unerheblichen zeitlichen Vorlauf, um die technischen Voraussetzungen dafür zu schaffen. Eine baldige Lösung des Zielkonflikts zwischen den Forderungen der Energiewirtschaft und der BDBOS ist deshalb im Interesse aller Beteiligten dringend geboten. Die BDBOS hat ihrerseits schon vor geraumer Zeit gemeinsam mit dem BMI und dem BMVg der Energiewirtschaft einen Kompromisslösungsvorschlag unterbreitet, wonach die Betreiber kritischer Infrastrukturen zum Zweck der allgemeinen Daseinsvorsorge als Teilnehmer in den Digitalfunk BOS aufgenommen werden könnten. Leider will die Energiewirtschaft bislang nicht auf das Angebot eingehen und besteht stattdessen weiter auf einer exklusiven Zuteilung der Frequenzen. Der vom Beirat der BNetzA gefasste Beschluss legt diese Exklusivität jedoch nicht nahe und schließt eine gemeinsame Nutzung der Frequenzen nicht aus.

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