Welche Aufgaben stehen generell zur Lösung an, um eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft in Deutschland bzw. Europa zu etablieren?
Weltweit werden jährlich mehr als zwei Milliarden Tonnen Abfälle produziert. Rund ein Drittel davon landet in der Umwelt oder auf Deponien. Dieser Zustand ist nicht länger tragbar. Die Lösung kann daher nur lauten: mehr Recycling. Es gilt, ausgediente Produkte als wertvolle Ressourcen zu verstehen und sie am besten überhaupt nicht mehr zu Abfall werden lassen. Wir müssen alles dafür tun, sie in die Wertschöpfungskette zurückzuführen. Dazu brauchen wir Kooperationen über Grenzen und Kontinente hinweg. Denn: Der Übergang zur Kreislaufwirtschaft ist ein gesellschaftliches Großprojekt. Alle Akteure müssen ihre Innovationskraft bündeln. Covestro geht hier mutig voran – mit Innovationen vor allem zum chemischen Recycling, aber auch mit richtungsweisenden Partnerschaften. 2021 haben wir etwa eine Absichtserklärung mit Interseroh unterzeichnet. Der Umweltdienstleister beschafft künftig Wertstoffe aus Altprodukten für unser Unternehmen und bereitet diese auf. Covestro kümmert sich danach um die Rückführung in den Rohstoffkreislauf. Die Kooperation ist ein Meilenstein für das Zusammenwachsen von Chemie- und Recyclingindustrie.
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Kann die Digitalisierung der Informations- und Distributionswege allein schon die Recyclingwirtschaft effektiver und effizienter machen?
Die Digitalisierung ist ein Schlüssel, um Stoffkreisläufe vollständig zu schließen. Dank digitaler Technologien wie Blockchain können Rohstoffe schon heute über die gesamte Wertschöpfungskette in Echtzeit verfolgt werden. Dadurch geht keine Information verloren. Das ist entscheidend. Denn: Für den Aufbau einer globalen Kreislaufwirtschaft sollten die Marktteilnehmer jederzeit in der Lage sein, die einzelnen Schritte in der Wertschöpfungskette genaustens nachzuverfolgen. Informationen wie Menge, Qualität und Rohstoffzusammensetzung müssen daher gemeinsam mit dem Produkt im Kreis geführt werden. Nur so lassen sich funktionierende Märkte mit effizienten Sortier- und Abfallsystemen aufbauen. Bislang war es herausfordernd, die notwendigen Informationen zu erzeugen, zu sammeln, zu verarbeiten und für alle Marktteilnehmer zur Verfügung zu stellen. Die Digitalisierung liefert hierfür jedoch genau die passenden Lösungen. Sie befeuert eine Informationsrevolution – und wird damit zum fehlenden Puzzlestück zur Umsetzung der Kreislaufwirtschaft.
Inwiefern, wenn überhaupt, benötigt die Branche auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit den Druck bzw. die Unterstützung von Politik und Gesellschaft?
Aktuell sind gerade einmal 8,6 Prozent der globalen Weltwirtschaft zirkulär. Wir sind also noch längst nicht am Ziel, um die Kreislaufwirtschaft zum neuen globalen Leitprinzip zu machen. Gerade beim Recycling gibt es viel Optimierungspotential – auch in Deutschland. Hierzulande wird derzeit nur etwa 16 Prozent des Plastikabfalls tatsächlich zu Rezyklat verarbeitet. Um die Quote zu steigern, braucht es richtig gute Rahmenbedingungen: mehr Investitionen in innovative Technologien und weniger Deponierung. Der Koalitionsvertrag der Ampelparteien hat hierfür die ersten Weichen gestellt. Er erkennt das noch junge chemische Recycling als Recyclingoption an. Dieses kann zum Wegbereiter werden, um Kunststoffe im großen Stil wiederzuverwerten. Wir bei Covestro wollen die Technologie vorantreiben und haben dazu 2021 in Leverkusen eine Pilotanlage zum chemischen Recycling von Polyurethan-Weichschaum aus gebrauchten Matratzen in Betrieb genommen. Die ersten Ergebnisse stimmen uns positiv!
Bekommen wir mit einem umfassenden Kreislaufwirtschaftssystem die Umweltprobleme, die sich aus dem Abfall ergeben, schon in den Griff?
Das ist das Ziel! Der Einsatz von Abfall als Rohstoff wird helfen, Umweltbelastungen zu verringern. Wichtig sind eine gute Abfallinfrastruktur, Sortierung und Charakterisierung des Abfalls sowie anschließend der Einsatz maßgeschneiderter Recycling-Technologien, die mechanische und chemische Verfahren beinhalten müssen. Wir dürfen aber nicht nur das Ende der Wertschöpfungskette betrachten, sondern auch den Anfang. Entscheidend ist, dass wir für die Herstellung unserer Produkte künftig Kohlenstoff aus erneuerbaren Quellen verwenden. Neben recycelten Abfall kommen hierzu Biomasse und sogar CO2 selbst infrage. So kann etwa der Kohlenstoff in der wichtigen Grundchemikalie Anilin bereits komplett aus Pflanzen statt aus petrochemischem Benzol gewonnen werden. Und auch bei der Nutzung von Kohlenstoffdioxid gibt es Fortschritte. Covestro nutzt das Klimagas beispielsweise, um Kunststoffkomponenten für Autoteile, Matratzen und Sportböden herzustellen. Forschungsdurchbrüche wie diese sind der grüne Treibstoff für eine Rohstoffwende. Diesen Schwung müssen wir weiter nutzen, um die Kreislaufwirtschaft auf ein neues Level zu heben.