In die Landwirtschaft zieht immer mehr digitale Technik ein. Welche Potenziale sehen Sie für die Agrarwirtschaft mit den neuen Technologien?
Im Agrarbereich ist eine gewaltige Dynamik und Innovationskraft zu spüren, wenn es um Automatisierung und moderne Datenvernetzung geht. Die Digitalisierung eröffnet bislang ungeahnte Möglichkeiten, die Effizienz zu steigern, die Ressourcen zu schonen, die Arbeitsbedingungen zu optimieren und das Tierwohl weiter zu verbessern. In diesen Bereichen sehe ich die größten Potenziale. Mit digitaler Steuerung und Sensortechnologie können zum Beispiel beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln unterschiedliche Boden- und Wasserverhältnisse auf den Feldern, der Versorgungszustand der Pflanzen bei der Düngung oder die unterschiedliche Verunkrautung genauer berücksichtigt werden. Automatische Abschaltmechanismen für Pflanzenschutzgeräte schützen vor unsachgemäßer Anwendung und verbessern den Gewässerschutz. Das spart Geld, entlastet die Umwelt und sorgt für einen schonenden Umgang mit Ressourcen. In der Tierhaltung beispielsweise lassen sich schon heute ohne großen technischen Aufwand Daten zur Tiergesundheit, zum Stallklima, zum Fressverhalten und zum Bewegungsprofil der Nutztiere erfassen. Diese Daten sollen künftig miteinander vernetzt und damit eine wertvolle Basis für ein effizientes und tiergerechtes Stallmanagement werden. Schlachtdaten, Futtermittelanalysen und Leistungsdaten, geschickt miteinander verknüpft, verbessern das Betriebsmanagement, die Versorgung der Tiere und letztlich auch das Betriebsergebnis.
Neue Technologien bringen neue Herausforderungen. Wie muss sich die Ausbildung der Landwirte im Zeichen der neuen Technologien ändern? Und wie kann die Politik dabei helfen?
Praktische Lerneinheiten erfolgen schon heute an den modernsten Traktoren, landtechnischen Maschinen und Geräten, die selbstverständlich mit digitaler Technik, automatischen Lenksystemen und standardisierten Datenschnittstellen zwischen Traktor und angebautem Gerät ausgestattet sind. Im Unterricht sehe ich allerdings noch weiteren Optimierungsbedarf. Derzeit bauen wir unsere Landwirtschaftsschulen zu modernen digitalen Lernwelten um, etwa durch Ausstattung mit freiem WLAN, Verbesserung der Hard- und Software, Einrichtung von Open Online Kursen an Modellschulen sowie dem Ausbau digitaler Angebote für Aus-, Fort- und Weiterbildung.
Neue Technologien erfordern Investitionen. Bedroht die Digitalisierung die kleinen Landwirtschafts-Betriebe?
Mein Anliegen ist es, dass nicht nur Großbetriebe von den Chancen des digitalen Fortschritts profitieren, sondern dass Lösungen gefunden werden, die auch für unsere bäuerlichen Familienbetriebe in Bayern interessant und erschwinglich sind. Um allen Betrieben Hilfestellung geben zu können, welche Technologie für ihre Betriebsgröße und -ausrichtung sinnvoll ist, testet die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft neue Verfahren und gibt dazu neutrale Informationen. Diese Aufgabe will ich zusammen mit den bäuerlichen Selbsthilfeeinrichtungen weiter ausbauen. Beim überbetrieblichen Maschineneinsatz durch Maschinenringe oder Lohnunternehmen sind es zum Beispiel gerade auch die Nebenerwerbsbetriebe, die die modernste Technik nutzen und hiervon profitieren.
Für neue Technologien – etwa die Überwachung von landwirtschaftlichen Flächen mit Drohnen - braucht es ggf. neue rechtliche Rahmen. Wo sehen Sie in nächster Zeit diesbezüglich Handlungsbedarf?
Unabhängig von konkreten Anwendungsbeispielen gilt es generell, einen angemessenen Rechtsrahmen für die Digitalisierung zu schaffen, der aktuelle Entwicklungen berücksichtigt, Chancen ermöglicht, aber die informationelle Selbstbestimmung und den notwendigen Datenschutz wahrt. Aufgrund der hohen Dynamik bei der Digitalisierung der Wirtschaft sind Politik und Gesetzgeber rasch gefordert, die entsprechenden rechtlichen Rahmenbedingungen zu definieren. Da diese moderne Technologie jedoch nicht an Landes- und Mitgliedstaatsgrenzen haltmacht, muss die notwendige Rechtsetzung auf Bundes- und EU-Ebene erfolgen.