Immer mehr Handwerksbetriebe setzen digitale Technik ein. Wie schätzen Sie den Stand der Digitalisierung bei den Handwerksbetrieben ein?
Man muss hier etwas differenzieren. Wenn wir von Digitalisierung sprechen, ist allgemein die Einführung von digitalen Tools oder Technologien in bestehenden Prozessen gemeint. Die digitale Transformation hingegen beschreibt einen fortlaufenden Veränderungsprozess in allen Bereichen des Unternehmens, getrieben durch die Digitalisierung. Die Baubranche befindet sich am relativen Anfang der digitalen Transformation.
So sehen wir bei Unternehmen, wo die Produktionsfaktoren eine industrielle Fertigung zulassen, durchaus einen höheren Reifegrad der digitalen Transformation als bei Unternehmen, wo heute noch unter komplexen Arbeitsbedingungen operieren müssen. Ein Beispiel, wo die industrielle Fertigung bei Handwerksbetrieben längste Einzug gefunden hat, ist der Holzbau. Mit Blick auf den Massivbau, zeichnen sich Bauarbeiten jedoch noch durch komplexe Arbeitsbedingungen aus, welche sich in häufig wechselnden Standorten charakterisieren, dem Arbeiten im Freien, Wetterschwankungen, Kontakt mit unterschiedlichsten Baustoffen oder der Fortbewegung auf unbefestigten Geländen sowie durch die Einzigartigkeit von Bauobjekten. Diese komplexen Arbeitsbedingungen erschweren heute noch die Standardisierung und Automatisierung im Massivbau. Und da die Automatisierung und Standardisierung ein wichtiger Faktor für die Digitalisierung darstellt, ist auch nachvollziehbar, weshalb der digitale Reifegrad - insbesondere bei den primären Geschäftsprozessen - bei Handwerksbetrieben mit komplexen Arbeitsbedingungen eher unterdurchschnittlich ist.
Doch die Digitalisierung bei Handwerksbetrieben, so auch in der Baubranche, nimmt stark Fahrt auf. So finden sich heute bei Bauunternehmen bereits viele Digitalisierungsmassnahmen, wie beispielsweise bei der Bauabsteckung, der Rapportierung oder der Zusammenarbeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette.
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Die meisten Betriebe setzen digitale Tools für Organisations- und Verwaltungsarbeiten und im Marketing und Vertrieb ein - welche Potenziale sehen sie in digitaler Technik für das Handwerk darüber hinaus?
Wie bereits erwähnt, befindet sich die Baubranche am relativen Anfang einer holistischen und radikalen Veränderung. Autonome Baumaschinen, Drohnen und 3D-Drucker werden zukünftig auf der Baustelle so selbstverständlich sein wie die intelligente Vernetzung von Mensch und Maschine. Investitionen in Software und neue Technologien, wie kollaborative Roboter oder Smart Sensors – aber eben auch in neue Kompetenzen der Mitarbeitenden – gehören für die Bauunternehmen von Morgen zum festen Bestandteil der Unternehmensstrategie. Durch die zunehmende Digitalisierung aller Schritte entlang der Wertschöpfungskette Planen – Bauen – Betreiben erfährt die Zusammenarbeit aller Gewerke auf der Baustelle zudem einen tiefgreifenden Paradigmenwechsel: Stichwort BIM (Building Information Modelling).
Digitaltechnik braucht Investitionen. Wie sollte das Handwerk bei der digitalen Transformation unterstützt werden?
Um Handwerksbetriebe, und insbesondere Bauunternehmen, bei der digitalen Transformation zu unterstützen, müssen normative und gesetzliche Rahmenbedingungen mit Bezug zu Digitalisierung bereitgestellt werden, an welchen sich die Unternehmen orientieren können. So muss zum Beispiel die bürokratische Zusammenarbeit zwischen dem öffentlichen Bauherrn und den Unternehmen durch digitale Prozesse effizienter gestaltet werden.
Je größer ein Betrieb ist, desto höher ist auch der Digitalisierungsgrad. Welche besondere Hilfe brauchen gerade kleine Handwerksbetriebe?
Egal ob KMU oder Grosskonzern, die Digitalisierung ist keine Frage der Unternehmensgrösse - sondern eine Frage der Unternehmensvision und der Unternehmenskultur sowie der Fähigkeit, die richtigen Digitalisierungsmassnahmen für das eigene Geschäftsmodell ableiten zu können und umzusetzen.