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Ausschließliche Fernbehandlung kann den persönlichen Kontakt nie ersetzen

Stiftung Patientenschutz fordert Ausbau der Hausbesuche

Eugen Brysch - Vorstand Deutsche Stiftung Patientenschutz Quelle: Deutsche Stiftung Patientenschutz Eugen Brysch Vorstand Deutsche Stiftung Patientenschutz 13.05.2020
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"Die Corona-Pandemie trägt bestimmt dazu bei, dass Telemedizin auch nach der Krise weiter Einzug in den Arztpraxen hält", sagt Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz. Er betont aber, dass der Einsatz einer neuen Technik bei medizinischen Behandlungen allen zugutekommen muss. Mit Blick auf die oft nicht mobilen Pflegebedürftigen drängt er auf mehr Hausbesuche.







Anbieter von Telemedizin-Lösungen verzeichnen vor allem im Bereich der Videosprechstunden in der aktuellen Corona-Krise einen starken Nachfrage-Zuwachs. Welchen Beitrag können Videosprechstunden zur Entlastung des Gesundheitswesens leisten?
Telemedizin wird bereits von zahlreichen Ärzten in Deutschland genutzt. Das ist gut und hilfreich, vor allem jetzt in der Corona-Krise. Ob es um Laborwerte geht, die mit dem Arzt telefonisch besprochen werden, oder ob sich der Dermatologe im Video-Chat einen Ausschlag anschaut. Voraussetzung sollte aber sein, dass sich Arzt und Patient kennen. Genau das geht jedoch verloren, wenn künftig immer mehr reine Online-Behandlungen angeboten werden.

Zudem kann eine ausschließliche Fernbehandlung den persönlichen Kontakt nie ersetzen. Für die meisten älteren Patienten wird es daher keine Vorteile bringen. Schließlich ist es wichtig, den Patienten zu sehen, abzutasten und abzuhören, um sich ein genaues Bild zu machen. Das gilt insbesondere für pflegebedürftige, demenzkranke und multimorbide Menschen. Hier ist der Arzt auf seine fünf Sinne angewiesen. Zudem ist es für diese Gruppe sehr schwierig oder sogar unmöglich, ohne Hilfe eine Videosprechstunde durchzuführen.

Nach dem MLP-Gesundheitsreport aus dem Jahr 2019 hatten nur 10% Prozent der Ärzte Videosprechstunden im Angebot oder in Planung und nur für 33% der Patienten kämen solche Angebote in Frage. Kann die Corona-Krise helfen, die Skepsis gegenüber solchen Angeboten zu verringern?
Die Corona-Pandemie trägt bestimmt dazu bei, dass Telemedizin auch nach der Krise weiter Einzug in den Arztpraxen hält. Aber Skepsis ist angebracht. Die oft nicht mobilen Pflegebedürftigen leiden ohnehin schon darunter, dass immer weniger Ärzte Hausbesuche machen. Werden Online-Sprechstunden zur Regel, werden Hausbesuche nicht nur im ländlichen Raum zur Seltenheit. Ärzte bekommen schon heute die Honorare gekürzt, wenn sie zu viele Hausbesuche machen. Es ist ein Irrglaube, dass sich Mediziner durch die Fernbehandlung intensiver um Pflegebedürftige und Schwerstkranke kümmern können. Anstatt auf Fernbehandlungen, sollte der Fokus auf dem Ausbau von Hausbesuchen liegen. Denn die Zahlen sind eindeutig. 2009 gab es in Deutschland noch 30,6 Millionen Hausbesuche. Bis 2018 waren sie auf 25 Millionen gesunken. Hier besteht dringender Handlungsbedarf. Ein Schritt in die richtige Richtung war im Mai 2019 die Erweiterung des Mindestsprechstundenangebots.

Welche Chancen und Herausforderungen für die Arbeit mit digitalen Daten entstehen durch den häufigeren Einsatz von Telemedizin-Lösungen?
Anders als bei einer technikaffinen jüngeren Zielgruppe sind bei alten Menschen die Voraussetzungen oft nicht erfüllt. In der Regel verfügen sie nicht einmal über einen Internet-Anschluss, ein Tablet oder ein Smartphone. Auch die Bedienung eines Touchscreens stellt für alte Menschen eine besondere Herausforderung dar. Der Einsatz einer neuen Technik bei medizinischen Behandlungen muss allen zugutekommen. Keine Patientengruppe darf diskriminiert werden. Auch gilt es, die hochsensiblen Daten besonders zu schützen.

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