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Auch digitale Daten lassen sich für die Ewigkeit erhalten

Die Informationen und Wissen dauerhaft zugänglich bleiben

Dr. Julia Spohr, Leiterin der Geschäftsstelle der Deutschen Digitalen Bibliothek, Leiterin Bereiche Finanzen, Recht, Kommunikation Quelle: privat Dr. Julia Spohr Leiterin der Geschäftsstelle Deutsche Digitale Bibliothek 17.07.2020
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Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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"Die Erhaltung von digitalen Dokumenten passiert leider nicht von selbst, sondern erfordert kontinuierliche Arbeit, betont Dr. Julia Spohr, Leiterin der Geschäftsstelle der Deutschen Digitalen Bibliothek. Ihr Haus hat das Ziel, jedem über das Internet freien Zugang zum kulturellen und wissenschaftlichen Erbe Deutschlands zu eröffnen. Die Leiterin mahnt, dass es auch künftig keinen Wettbewerb zwischen „aufbewahrenswerten“ und „wegwerfbaren“ originalen Kulturgütern geben darf.







Die Zahl der publizierten Informationen und Medien steigt unaufhörlich. Was kann und sollte archiviert werden?
Die Frage der Archivierung im engeren Sinne stellt sich insbesondere bei Bibliotheken und vor allem Archiven, deren ureigenste Aufgabe es ist, Unterlagen der öffentlichen Verwaltung zu überliefern. Dies sind etwa die Archivgesetze des Bundes und der Länder. Die großen Bibliotheken erfüllen die Archivierung ihrerseits durch die sogenannten Pflichtexemplare aller publizierten Medien.

Die Deutsche Digitale Bibliothek (DDB) als von Bund und Ländern finanziertes Portal möchte digitalisiertes und digitales Kulturgut auffindbar machen und miteinander vernetzen. Hierzu sind wir auf Partnerinstitutionen aus allen Kultursparten angewiesen, die ihre Sammlungsbestände in der DDB sichtbar machen: Hierzu gehören Archive und Bibliotheken, aber auch Museen, Denkmalpflegeeinrichtungen, Mediatheken, Stiftungen und andere. Was bewahrenswert und archivwürdig ist, bleibt den bestandsführenden Einrichtungen überlassen. Wichtig sind hier vor allem die (künftigen) Interessen der Nutzer*innen und ihre Fragestellungen.

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Wie lässt sich ein effizientes Auffinden des gespeicherten Materials sicherstellen?
Das Material, das in den verschiedenen Kulturinstitutionen lagert, muss erschlossen und zugänglich gemacht werden. Dies betrifft analoge Unterlagen, Bücher und Objekte genauso wie genuin digitales Material. Dies kann natürlich nicht von heute auf morgen passieren, sondern ist ein Prozess, der viel Ausdauer und auch personelle Ressourcen erfordert. Zwar gibt es bereits Technologien, die den Erschließungsprozess automatisieren können, diese lassen sich jedoch bisher nur auf einige wenige Arten von Materialien anwenden, während der Großteil der Arbeiten weiterhin durch Menschen erledigt werden muss.

Ist das Kulturgut erschlossen, ist es wichtig, dass das Wissen über die Bestände nicht in den einzelnen Einrichtungen bleibt, sondern den Nutzer*innen zugänglich gemacht wird. Hierfür bieten sich übergreifende, öffentlich zugängliche Portale wie die Deutsche Digitale Bibliothek an.

Welchen Ansprüchen müssen Datenformate für eine langfristige Abrufbarkeit von digitalen Medien genügen?
Datenformate sollten möglichst etabliert und verbreitet sein, was die Wahrscheinlichkeit einer längerfristigen Nutzbarkeit erhöht. Gleichzeitig sollte möglichst auf offene, gut dokumentierte Standards anstelle von Formaten einzelner Anbieter gesetzt werden. Bei keinem Datenformat ist garantiert, dass es noch in 10, 50 oder 500 Jahren ohne Weiteres geöffnet werden kann. Es müssen daher Formate gewählt werden, die zumindest mittelfristig möglichst stabil zu nutzen sind und sich gegebenenfalls in kommenden Jahrzenten oder Jahrhunderten problemlos in ein neues Format migrieren lassen.

Was hat – insofern welche vorliegen - mit den analogen Vorlagen für Langzeitdigitalisate zu geschehen?
Die vorhandenen analogen Vorlagen von digitalisierten Objekten müssen erhalten werden. In der Regel werden Digitalisate lediglich als „Nutzungskopien“ erstellt und können in ihrer Qualität das Original nicht ersetzen. Daneben haben analoge Originale einen intrinsischen Wert, der auch in hochwertigsten Digitalisaten nicht wiedergegeben werden kann. Ein Wettbewerb zwischen „aufbewahrenswerten“ und „wegwerfbaren“ originalen Kulturgütern darf durch die Digitalisierung auf keinen Fall entstehen.

Gerade in der aktuellen Transformationsphase von der analogen in die digitale Welt müssen wir jedoch bei neueren Objekten die Frage stellen, was eigentlich das Original ist: Die Textdatei mit Kommentaren, Bearbeitungsspuren und Anmerkungen oder der saubere Ausdruck auf Papier. Dies ist eine Bewertungsentscheidung, die nur im Einzelfall getroffen werden kann.

Physische Schrift-Dokumente sind teilweise seit Jahrtausenden erhalten. Welche Chancen haben digitale Archivdaten, auf eine derartige Nachhaltigkeit?
Die Erhaltung von digitalen Dokumenten passiert leider nicht von selbst, sondern erfordert kontinuierliche Arbeit. Wenn diese Arbeit jedoch konsequent und dauerhaft geleistet wird, besteht auch für digitale Daten prinzipiell die Möglichkeit, sie für die Ewigkeit zu erhalten. Hierzu gibt es namentlich zwei Strategien die angewendet werden: die Emulationsstrategie, bei der das Originaldokument erhalten wird und die Technik, mit der das Dokument geöffnet werden kann, aufbewahrt oder nachgebildet wird, sowie die bereits angesprochene Migrationsstrategie. Für die meisten Anwendungsfälle wird heute aktuell die Migrationsstrategie genutzt. Das kann praktisch zum Beispiel bedeuten, ein digitales Dokument aus einem Tabellenkalkulationsprogramm für die langfristige Sicherung in ein einfaches CSV-Format zu überführen, das dann wiederum irgendwann in Zukunft in ein anderes, dann gängiges Format überführt werden kann. Daneben wird auf verschiedene Repräsentationen desselben Dokuments für die verschiedenen Einsatzzwecke gesetzt: Für die Nutzungsansicht des Digitalen Dokuments, z.B. in einem Onlineportal wie der Deutschen Digitalen Bibliothek, würde dann eine weitere Kopie des Dokuments in einem jeweils aktuellen Präsentationsformat erzeugt werden. So sind die Daten einerseits langfristig gesichert und können andererseits gleichzeitig stets optimal für die Nutzer*innen bereitgestellt werden.

Hinzu kommen natürlich weitere technische und organisatorische Gesichtspunkte, wie eine mehrfache Speicherung an verschiedenen Orten und fest geregelte Workflows. International hat sich hierfür das sogenannte OAIS-Modell (Open Archival Information System) als Standard für die Organisation digitaler Archive durchgesetzt. All das verursacht natürlich auf die Jahrzehnte und Jahrhunderte gerechnet deutlich mehr Arbeit und Kosten, als das bloße Ablegen einer Tontafel, eines Pergaments oder Papiers in einem klimatisierten Magazinraum. Das sollte es uns aber wert sein, wenn wir wollen, dass Menschen auch später noch nachvollziehen können, wer wir waren und was unsere Zeit geprägt hat.

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