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Auch Indexmodell braucht Überprüfung durch KEF

Wie ARD, ZDF und Co finanziert werden sollen

Malu Dreyer (SPD), Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz Quelle: Staatskanzlei / RLP Elisa Biscotti Malu Dreyer Ministerpräsidentin Landesregierung Rheinland-Pfalz 17.12.2018
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Dipl.- Journ. Thomas Barthel
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"Ich bedauere es sehr, dass die öffentliche Diskussion mehr über den Rundfunkbeitrag als über den Wert des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für unsere demokratische Gesellschaft geführt wird", sagt Malu Dreyer (SPD), Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz und Vorsitzende der Rundfunkkommission der Länder. Die duale Medienordnung habe europaweit, wenn nicht weltweit, eine der vielfältigsten und pluralistischsten Medienlandschaften geschaffen. Gleichwohl müsse die Beitragsentwicklung im Blick behalten werden.







Bislang gibt es keine Einigung auf einen künftigen Rundfunkbeitrag. Welche Höhe halten Sie auf längere Sicht für angemessen?
Die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten haben die in den vorgelegten Eckpunkten festgehaltenen Vorüberlegungen zur Reform von Auftrag, Struktur und Finanzierung grundsätzlich begrüßt. Beschlüsse hierzu würden mit zahlreichen Veränderungen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und die Medienordnung einhergehen, deshalb haben wir uns darauf verständigt, weiter zu beraten und – wo erforderlich – wissenschaftliche Expertise hinzuzuziehen.

Dabei geht es aber nicht um eine Einigung auf den künftigen Rundfunkbeitrag. Diese kann und darf es nach den geltenden Regelungen nicht ohne eine vorherige Beitragsempfehlung der KEF geben. Es geht also um die Frage, nach welchem Modell der Beitrag unter Wahrung der beihilfe- und verfassungsrechtlichen Vorgaben ermittelt werden soll. Die Frage nach einer angemessenen Beitragshöhe betrachtet die Zusammenhänge von der falschen Richtung, denn der für die Auftragserfüllung notwendige Finanzbedarf bestimmt (mittelbar) über die Beitragshöhe und nicht umgekehrt.

Nichtsdestotrotz ist es natürlich wichtig, bei allen Überlegungen die Beitragsentwicklung im Blick zu behalten, weil hier neben der Qualität des angebotenen Programms ein zentraler Baustein für die Akzeptanz unseres Rundfunksystems liegt. Das Bundesverfassungsgericht hat erst im Sommer entschieden, dass dem Rundfunkbeitrag mit dem von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gebotenen Programmeine äquivalente Leistung  gegenüberstehe. Die Rundfunkabgabe ist in den letzten knapp zehn Jahren nicht erhöht, einmal sogar um 48 Cent gesenkt worden. Die Funktionsbedingungen der Auftragserfüllung haben sich aber weiterentwickelt und auch bei gleichbleibenden Bedingungen steigt der Kostenaufwand für ein Angebot. Deshalb und weil die Finanzierung dem Auftrag folgt, lässt sich die Angemessenheit der Beitragshöhe nicht in einer Zahl abbilden. Abstrakt formuliert ist der Beitrag auch auf längere Sicht angemessen, wenn die funktionsgerechte Finanzausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit den berechtigten Erwartungen der Beitragszahler, nur im erforderlichen Umfang in Anspruch genommen zu werden, in Ausgleich gebracht werden kann.

Es gibt den Vorschlag, den Rundfunkbeitrag an die Verbraucherpreise zu koppeln. Was halten Sie von der Idee?
Die Entwicklung des Rundfunkbeitrags an die Verbraucherpreise zu koppeln, ist eine Möglichkeit innerhalb des zur Diskussion stehenden Indexmodells. Die Idee einer Indexierung hat Vor- und Nachteile und wir arbeiten weiter daran, diese gegeneinander und im Vergleich zum aktuell geltenden Bedarfsanmeldeverfahren abzuwägen. Rheinland-Pfalz würde sich einer Einigung auf ein Indexmodell nicht verschließen, wenn vor allem im Hinblick auf die Kontrolle einer Über- oder Unterkompensation ein Modus gewährleistet ist, der den beihilfe- und verfassungsrechtlichen Vorgaben genügt. Dieselbe Erwartung habe ich für den Fall eines Modellwechsels an die Ermittlung eines Ausgangswertes, der zukünftig indexiert werden könnte. Hier plädiere ich für ein Bedarfsanmeldeverfahren, um eine rechtssichere Basis für einen etwaigen Modellwechsel zu haben.

Welche Rolle könnte die KEF noch spielen, wenn der Rundfunkbeitrag an die Verbraucherpreise gekoppelt sein sollte?
Den Rundfunkbeitrag an einen Index zu koppeln befreit den Rundfunkgesetzgeber nicht davon, die Anstalten bedarfsnotwendig im Sinne des Auftrags zu finanzieren. In den aktuellen Überlegungen zu einem Indexmodell spielt deshalb die KEF weiterhin eine wichtige Rolle. Ich hatte bereits ausgeführt, dass die Überprüfung einer Über- oder Unterkompensation gewährleistet sein muss, um den beihilfe- und verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht zu werden. Diese Aufgabe soll weiterhin durch die sachverständige KEF wahrgenommen werden.

Zuletzt ganz grundsätzlich: Wie viel öffentlich-rechtlichen Rundfunk kann und sollte sich Deutschland künftig leisten?
Ich bedauere es sehr, dass die öffentliche Diskussion mehr über den Rundfunkbeitrag als über den Wert des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für unsere demokratische Gesellschaft geführt wird. Auch das Bundesverfassungsgericht hat in der oben bereits erwähnten Entscheidung zum Rundfunkbeitrag ausdrücklich die besondere Bedeutung des öffentlichrechtlichen Angebots gerade in Zeiten der Digitalisierung, Technisierung und Medienkonvergenz hervorgehoben. Eine Vielzahl von Angeboten und Anbietern ist eben nicht gleichbedeutend mit Vielfalt und schon gar nicht mit Qualität. Ganz im Gegenteil: Die Funktionsbedingungen und -mechanismen des Internets einschließlich der sozialen Netzwerke begünstigen Konzentrations- und Monopolisierungstendenzen. Deshalb brauchen wir den beitragsfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk als Gegengewicht.

Es ist auch die Aufgabe der Politik, den Wert unseres öffentlich-rechtlichen Rundfunks in unserer dualen Medienordnung sichtbar zu machen, die uns europaweit, wenn nicht weltweit, eine der vielfältigsten und pluralistischsten Medienlandschaften beschert. Gleichzeitig geht es darum, die Akzeptanz für die Finanzierung zu erhalten und zu stärken. Neben seinem qualitativ guten Angebot bildet das Bewusstsein über den Wert des öffentlich-rechtlichen Rundfunks eine starke Basis für die Akzeptanz einer Beitragsfinanzierung. Wer die Frage danach stellt, wie viel öffentlich-rechtlichen Rundfunk wir uns künftig leisten können oder sollten, muss sich nur umsehen. Eine wirksame strukturelle und finanzielle Absicherung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist für den öffentlichen Diskurs in unserer Demokratie gerade in Zeiten von wachsendem Populismus, Nationalismus, Fake-News und Social Bots unverzichtbar.

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