Die LKW-Maut steigt mit einer CO2-Differenzierung stark an, emissionsfreie LKW sind vorerst befreit. Welche Steuerungswirkung erwarten Sie davon?
Wir hoffen und erwarten uns, dass insbesondere die Mautbefreiung für emissionsfreie Lkw zu einem Anstieg der Neuzulassungen dieses Lkw-Typs führt. Um langfristig die Umstellung der Bestandsflotte zu gewährleisten, ist es aus unserer Sicht wichtig, die Mautbefreiung für emissionsfreie Lkw so lange fortzusetzen, bis deren Anteil einen festgelegten Grenzwertanteil an der Bestandsflotte überschreitet. Dieser sollte sich an einer über die Jahre sinkenden Gesamtemissionsmenge des Lkw-Sektors in Deutschland orientieren, damit – unabhängig vom Aufbrechen der Sektorziele – der Verkehrsbereich einen spürbaren und dringend erforderlichen Anteil an der Senkung der CO2-Emissionen leistet. Gleichzeitig sehen wir die Gefahr, der Umlage der Mehrkosten, insbesondere für die nicht emissionsfreie Bestandsflotte, auf die Verbraucherinnen und Verbraucher durch Preiserhöhungen auf die transportierten Waren. Hier ist die Politik gefordert, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um diesen Inflationstreiber zu verhindern und speziell Güterverkehre mit langen Transportwegen ab 200 km auf die Schiene zu verlagern.
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Im kommenden Jahr wird die Maut auf Fahrzeuge über 3,5 Tonnen Gesamtgewicht ausgeweitet. Welche Auswirkungen für die Verkehrsströme und etwa das Staugeschehen erwarten Sie davon?
Schaut man sich die Anzahl der betroffenen Fahrzeuge an, so sind aus unserer Sicht auf der Langstrecke keine grundlegenden nennenswerten Auswirkungen auf die Verkehrsströme oder das Staugeschehen zu erwarten. Auf Kurzstrecken und in Ballungsgebieten jedoch ist damit zu rechnen, dass zur Vermeidung von Mautzahlungen Ausweichstrecken gewählt werden, die im schlechtesten Fall durch Wohngebiete führen und dort zu einer Lärm- und Emissionsbelastung sowie einer nicht unerheblichen Verkehrsgefährdung der Anwohnerinnen und Anwohner führt. Es bedarf hier geeignete Regelungen, etwa Durchfahrt- und Abfahrtverbote von Mautstraßen, um dies zu vermeiden.
Mit der Mauterhöhung soll der sogenannte geschlossene Finanzierungskreislauf Straße aufgebrochen werden. Wie bewerten Sie das?
Man muss das ganz klar benennen: Wird der Finanzierungskreislauf Straße aufgebrochen, ist die dauerhafte Finanzierung des Straßennetzes gefährdet. Die Einnahmen aus der Lkw-Maut müssen nach Ansicht des ACE zweckgebunden und weiterhin konsequent in die Straße reinvestiert werden. Gerade weil Lkw in besonders hohem Maße zu einem Substanzverlust der Straßeninfrastruktur beitragen. Wird der Finanzierungskreislauf aufgebrochen, bedeutet das einen zusätzlichen Substanzverzehr bei einer ohnehin sehr hohen Belastung der Straßenverkehrswege und einem an vielen Stelle maroden Verkehrsnetz – Stichwort: Brückensanierungen. Will man einen weiteren Substanzverzehr des Straßennetzes vermeiden, muss deshalb die langfristige Finanzierung auf einem anderen Weg als den Transfer von (durch einen steigenden Anteil emissionsfreier Lkw langfristig sinkende) Mauteinnahmen sichergestellt werden. Das wiederum birgt im Extremfall die Gefahr von – Achtung Unwort – Steuererhöhungen.
Ein guter Teil der Maut-Einnahmen soll in die Schiene fließen. Was halten Sie davon?
Die intensivere Finanzierung der Schiene, deren Ertüchtigung und die Verlagerung, insbesondere von Langstreckengüterverkehren auf die Schiene begrüßen wir ausdrücklich. Allerdings sollte dies nicht aus Mauteinnahmen erfolgen, sondern abgekoppelt und unabhängig davon. Die Schiene braucht eine Attraktivitätsoffensive, damit eine größere Kapazität von Güter- und auch Personenverkehren sicher, pünktlich und attraktiv befördert werden können. Eine Mischfinanzierung auf den tönernen Füßen eine Lkw-Maut bewirkt mithin genau das Gegenteil und schädigt sowohl die Straßen- wie auch die Schieneninfrastruktur. Insofern wünschen wir uns eindeutige und voneinander unabhängige Finanzierungswege für die Straße und auch die Schiene. Der Substanzerhalt des Straßennetzes und der Ausbau sowie die Ertüchtigung des Schienennetzes müssen parallel erfolgen, um die Verkehrswende erfolgreich voranzubringen.