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eco kritisiert Vorschlag zur privilegierten Auffindbarkeit

Was im Medienstaatsvertrag stehen sollte - und was nicht

Oliver Süme - Vorstandsvorsitzender, eco - Verband der Internetwirtschaft e.V. Quelle: eco Oliver Süme Vorstandsvorsitzender eco - Verband der Internetwirtschaft e.V. 14.11.2019
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"In der Vergangenheit hat sich eco – auch zusammen mit anderen Verbänden – immer wieder in den Beratungsprozess eingebracht", sagt eco-Vorstandsvorsitzender Oliver Süme mit Blick auf den geplanten Medienstaatsvertrag. Leider seien die dabei vorgeschlagenen Punkte nicht immer so berücksichtigt worden, wie man das gewünscht hätte.







Plattformen wie YouTube oder Facebook sollen als "Medienintermediäre" die Inhalteanbieter nicht diskriminieren dürfen und Angebote hervorheben, die in besonderem Maße die Meinungs- und Angebotsvielfalt fördern. Wie lässt sich das effektiv sicherstellen?
Das vorgegebene Ziel dieser Regelung ist, die Meinungsvielfalt zu sichern. Doch eigentlich ist das Gegenteil der Fall: Eine Vielfalt der Angebote kann nur dann zum Tragen kommen, wenn alle verfügbaren Inhalte auch gefunden werden können. Durch eine Privilegierung etablierter und ohnehin schon meinungsstarker Kanäle und Sender, besteht jedoch vor allem für kleinere Anbieter sehr viel eher die Gefahr, diskriminiert zu werden.

Auch rein praktisch stellt sich die Frage, welche Inhalte oder Unternehmen konkret privilegiert werden sollen, wie etwa entsprechende Kriterien festgelegt werden und welche Streitbeilegungsmechanismen im Konfliktfall zwischen den einzelnen privilegierten Inhalten gelten bzw. herangezogen werden könnten. Insgesamt betrachtet erscheint diese Regelung daher zu kleinteilig, nicht sonderlich praktikabel und wenig innovationsoffen. Zudem verkennt sie die zahlreichen und sehr unterschiedlichen Funktionen der Algorithmen, die von den jeweiligen Internetplattformen angewandt werden. Durch sie ist es den einzelnen Usern überhaupt erst möglich, viele verschiedene Internetinhalte aufzufinden und wahrzunehmen.

Sogenannte "Social Bots" sollen künftig markiert werden. Wie sollte das konkret umgesetzt werden?
Bevor es an eine konkrete Umsetzung geht, muss zunächst die Frage beantwortet werden, was ein „Social Bot“ eigentlich ist und an wen sich die Kennzeichnungspflicht genau richtet. Denn ohne eine eindeutige Definition besteht die Gefahr einer Überregulierung. So werden Social Bots in sehr vielen unterschiedlichen Bereichen und auch zu durchaus sinnvollen Zwecken genutzt. Positive Beispiele hierfür stellen der Einsatz von Social Bots in Lernplattformen, Spracherkennungssoftware oder Kundendiensten dar. Hier besteht der klare Ansatz darin, mithilfe von intelligenten Lösungen alltägliche Aufgaben zu erleichtern. Social Bots per se mit Hate Speech und Fake News in Verbindung zu bringen, ist daher etwas zu kurz gedacht.

Mir ist auch nicht ganz ersichtlich, welches Ziel mit einer Kennzeichnung von Bots verfolgt wird und welche Effekte sich davon erhofft werden. So werden Schad-Bots sicherlich nicht gekennzeichnet werden, womit der tatsächliche Effekt gleich null sein dürfte. Zudem ist unklar, wie eine Kennzeichnung zu erfolgen hat und welche Konsequenzen aus der Fehl- beziehungsweise Nichtkennzeichnung eines Bots erfolgen. Aufwand und erhoffter Nutzen stehen damit in keinem angemessenen Verhältnis. Gleichzeitig bemühen sich Dienste, bei denen Bots eingesetzt werden, verstärkt darum, schädliche Software zu löschen. Daher hat sich der Bedarf für eine Regulierung mittlerweile ohnehin überholt.

Auch aufgrund europäischer Vorgaben soll der Medienstaatsvertrag bald verabschiedet werden. Was sollte aus Ihrer Sicht in der endgültigen Fassung unbedingt noch stehen?
Ziel des Medienstaatsvertrags muss eine für alle Interessen angemessene, ausgewogene und vor allem innovationsoffene Lösung sein. Wichtig ist hierbei zum einen, dass die Autonomie der Nutzer erhalten bleibt.  So greifen die Vorschriften zur Ausgestaltung von Benutzeroberflächen unnötig tief in die Nutzerautonomie ein. Zum anderen sollte stärker darauf geachtet werden, dass die Meinungsvielfalt weiterhin gesichert bleibt. Auch dies ist mit dem Vorschlag zur privilegierten Auffindbarkeit momentan nicht vereinbar. Zudem sollte einheitlichen Lösungen auf europäischer Ebene immer Vorrang eingeräumt werden, um Insellösungen zu vermeiden. Das schadet dem digitalen Binnemmarkt Europa erheblich. 

In der Vergangenheit hat sich eco – auch zusammen mit anderen Verbänden – immer wieder in den Beratungsprozess eingebracht. Leider wurden die dabei vorgeschlagenen Punkte nicht immer so berücksichtigt, wie wir uns das gewünscht hätten. Von daher sind wir jetzt gespannt auf die Veröffentlichung der Fassung, die den Ministerpräsidenten zur Unterzeichnung vorgelegt werden soll und werden uns dann weiter in den Diskussionsprozess einbringen. 

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