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Medienanstalten für einheitliches Regulierungsniveau

Was der neue Medienstaatsvertrag für der Praxis bedeuten könnte

Cornelia Holsten, Direktorin der Bremischen Landesmedienanstalt (bre(ma und Vorsitzende der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) Quelle: Annette Koroll FOTOS Cornelia Holsten Direktorin Bremische Landesmedienanstalt (bre(ma 13.11.2019
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"Mit dem Entwurf eines Medienstaatsvertrags wurde unser größter Wunsch nach moderner Medienregulierung erfüllt – auch wenn wir natürlich noch nicht wunschlos glücklich sind", sagt Cornelia Holsten, Direktorin der Bremischen Landesmedienanstalt (bre(ma und Vorsitzende der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM). Die Medienanstalten fordern nun die entsprechenden Rechte für die praktische Umsetzung ein.







Nach Medienberichten sollen nach dem künftigen Medienstaatsvertrag Web-Video-Kanäle bis zu einer Relevanzschwelle anmeldepflichtig und darüber zulassungspflichtig werden. Wie viel Regulierung brauchen Web-Video-Anbieter? 
Wir leben in Zeiten, in denen Google, Facebook oder YouTube mehr Menschen erreichen als alle klassischen Meinungsführer zusammen. Wenn ein Web-Angebot also in Machart, Reichweite und Refinanzierung mit einem klassischen Rundfunkangebot vergleichbar ist, muss es auch vergleichbar behandelt werden, damit auf dem Markt faire Regeln herrschen. Rundfunk braucht unabhängig vom Ausspielkanal grundsätzlich ein einheitliches Regulierungsniveau. Es ist aber auch richtig, Angebote, die nur in geringem Maße zur Meinungsbildung beitragen, nicht mit Verfahrensvorgaben zu belasten. Darum plädieren wir für eine qualifizierte Anzeigepflicht statt einem bürokratischen Zulassungsverfahren. Relevanzschwellen sind sicher ein guter erste Schritt, aber eben noch keine endgültige Lösung für Verfahrensvereinfachungen. 

Die Werberegeln für klassische TV-Sender sollen gelockert werden, etwa bei Kinderprogrammen. Was würden die neuen Regeln für Anbieter und Zuschauer bedeuten?
Die Liberalisierung der quantitativen Werberegelungen geht auf die AVMD-Richtlinie zurück und wird von den Landesmedienanstalten grundsätzlich begrüßt. Voraussichtlich wird der neue Medienstaatsvertrag auch vorsehen, dass die Übertragungen von Gottesdiensten sowie Sendungen für Kinder nicht durch Rundfunkwerbung oder Teleshopping-Spots unterbrochen werden dürfen. Hiermit macht der Gesetzgeber von der Möglichkeit Gebrauch, europäische Mindeststandards durch strengere nationale Vorgaben umzusetzen. Soweit es den Schutz der Kinder betrifft, ist dies auch absolut nachvollziehbar.

Plattformen wie YouTube oder Facebook sollen als "Medienintermediäre" die Inhalteanbieter nicht diskriminieren dürfen und Angebote hervorheben, die in besonderem Maße die Meinungs- und Angebotsvielfalt fördern. Wie lässt sich das effektiv sicherstellen?
Die Landesmedienanstalten haben sowohl eine Regelung zur Diskriminierungsfreiheit als auch eine Regelung zur Transparenz bei Medienintermediären gefordert, dem der Gesetzgeber erfreulicherweise auch zu folgen scheint. Transparenz, Diskriminierungsfreiheit und Chancengleichheit sind wichtiger denn je – und wer als Anbieter nichts zu verbergen hat, wird damit auch gut umgehen können. Für Plattformen ist derzeit schon geregelt, dass Rundfunkanbieter nicht unbillig behindert oder gegenüber gleichartigen Anbietern ohne Grund unterschiedlich behandelt werden dürfen. Deutlich von der Diskriminierungsfreiheit ist die privilegierte Auffindbarkeit zu unterscheiden: Nunmehr sollen Public-Value-Angebote besonders hervorgehoben werden, wofür mein Kollegium und ich viele Jahre geworben haben. Die privilegierte Auffindbarkeit von privaten Rundfunkangeboten, die einen Wertbeitrag und Nutzen für die Gesellschaft erbringen, ist in diesen Zeiten besonders wichtig, denn am Ende geht es um das Zusammenspiel vom Wert eines Programms und der Öffentlichkeit, die es erreicht. Für die praktische Umsetzung der neuen Regeln werden wir kluge Satzungen erlassen, die für eine effiziente Umsetzung sorgen. Mit den Vorbereitungen dafür sind wir schon befasst.

Sogenannte "Social Bots" sollen künftig markiert werden. Wie sollte das konkret umgesetzt werden?
Wichtig ist vor allem, dass dem Nutzer durch eine gut lesbare Kennzeichnung transparent gemacht wird, dass ein Inhalt automatisiert erstellt und versandt wurde. Man will doch schließlich wissen, ob man online gerade einen Vertrag mit einem Mensch oder einer Maschine schließt oder wer einem Auskünfte zum Beispiel zu einer medizinischen Behandlung gibt. Sobald die endgültige Formulierung feststeht, werden wir uns auch hier an die Umsetzung für die Aufsichtspraxis machen.

Auch aufgrund europäischer Vorgaben soll der Medienstaatsvertrag bald verabschiedet werden. Was sollte aus Ihrer Sicht in der endgültigen Fassung unbedingt noch stehen?
Mit dem Entwurf eines Medienstaatsvertrags wurde unser größter Wunsch nach moderner Medienregulierung erfüllt – auch wenn wir natürlich noch nicht wunschlos glücklich sind. Insbesondere die geplante Modernisierung der Plattform- und Medienintermediärsregulierung unterstützen wir sehr und freuen uns, dass unseren Vorschlägen in vielen Punkten gefolgt wurde. Nutzern muss einfach offengelegt werden, warum ihnen gewisse Inhalte angezeigt werden und andere nicht – die Wahrung von Transparenz und die Gewährleistung von Diskriminierungsfreiheit und Chancengleichheit sind hier wichtiger denn je. Deswegen ist es absolut richtig und notwendig, den Landesmedienanstalten als unabhängige Stellen mit hoheitlichen Befugnissen umfassende Auskunftsrechte zu den Zugangsbedingungen einzuräumen und uns als vermittelnde Instanz einzusetzen. In Deutschland sind wir ganz weit vorne, was die regulatorische Behandlung dieser gar nicht mehr so neuen Dienste angeht – das wird gerne mal übersehen. Am wichtigsten ist mir persönlich, dass der neue Medienstaatsvertrag nun auch wirklich verabschiedet wird.

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