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Wir hören überall vom Preisdumping

Die Gefahren bei Wachstum auf dem Audio-Markt

Christine Lemke-Munsch - 1. Vorsitzende, Hörspiel-Gemeinschaft e.V. Quelle: GESAFA Christine Lemke-Munsch 1. Vorsitzende Hörspiel-Gemeinschaft e.V. 11.02.2020
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"Leider gehen die Preismodelle der digitalen Plattformen aber zulasten der Produzenten und stehen in keinem Verhältnis zu den wirklichen Produktionskosten", sagt die Verlegerin Christine Lemke-Munsch, die 1. Vorsitzende der Hoerspiel-Gemeinschaft e.V. ist. Man befürworte durchaus eine Weiterentwicklung, sehe aber eine Monopolisierung kritisch.







Die Zahl der täglichen Hörer von Hörbücher, Hörspielen und Podcasts hat sich in Jahresfrist auf knapp acht Millionen nahezu verdoppelt. Wie erklären Sie sich diesen sprunghaften Anstieg?
Zum einen ist es die doppelte Nutzung von Zeit, da neben Autofahrten oder Routinetätigkeiten oft sehr gut Zuhören ist. Das haben viele Menschen erkannt und nutzen gerne das vielfältige Angebot. Zum anderen sind die Preise der digitalen Angebote vor allem über die Abomodelle der großen digitalen Plattformen so niedrig wie nie zuvor, da schmecken auch Leser und andere Menschen gerne mal in diesen Bereich hinein und probieren etwas aus. Leider gehen die Preismodelle der digitalen Plattformen aber zulasten der Produzenten und stehen in keinem Verhältnis zu den wirklichen Produktionskosten. Das können sich nur ganz große Anbieter leisten mit einem Konzern im Hintergrund.

Wir würden es begrüßen, wenn gerade die sehr aufwändigen Hörbuch- und Hörspielproduktionen dauerhaft adäquat durch die digitalen Anbieter vergütet werden, um die Vielfalt der Produktionen zu erhalten. Es gäbe erheblich mehr qualitativ hochwertige Produktionen, die jedoch aus oben genannten Gründen von den Hörbuchmachern bewusst nicht über die Digitalplattformen angeboten oder vertrieben werden. Wir finden das bedauerlich, aber sehr verständlich und nachvollziehbar.

Die stärksten Zuwachse werden mobilen Nutzungssituationen verzeichnet. Welchen Einfluss hat das aus Ihrer Sicht auf die Audio-Inhalte?
Das mobile Endgerät ist immer und überall dabei. Das heißt: Niederschwelliger Zugang und permanente Verfügbarkeit. Kurzes Reinhören ist auch immer möglich. Vielleicht wird daher gerade auf den Anfang mehr Wert in der Produktion gelegt. Insgesamt geht mit der Zunahme des mobilen Angebots aber die inhaltliche Schere tendenziell weiter auseinander, und von absolut grauenhaft bis zur besten Qualität ist alles zu finden. Aber wie immer ist das letztlich Geschmackssache und liegt auch am Anspruch der einzelnen Hörer.

Große Anbieter setzen auch auf exklusiv fürs Hören entwickelte Stoffe. Wie bewerten Sie das?
Grundsätzlich gut, weil damit die Vielfalt wieder etwas gefördert und auch mal etwas ausprobiert wird. Jedoch sorgt das in der Branche auch für Aufruhr, da es hier vielfach zu einer schlechteren Vergütung aller Beteiligten kommt. Die großen Anbieter mit ihren sehr aggressiven Werbekampagnen verfügen über eine extreme Macht und finanzielle Mittel, die sie entsprechend einsetzen. Wir hören überall vom Preisdumping: angefangen vom Einkauf von tollen Inhalten, Vergütung der Sprecher und Sprecherinnen, für Regie, soweit überhaupt noch eingeplant, bis hin zu den Tonstudios und der Nachbearbeitung oder dem Korrekturhören. Nach meinem Empfinden werden da viele Leute gegeneinander ausgespielt. Und Mitbewerber werden schnell kaputt gemacht.

Audio-Inhalte werden immer öfter digital genutzt. Wie verändert insbesondere der Trend zum Streaming den Markt?
Streaming läuft ja nicht automatisch gut, sondern eigentlich nur bei bekannten Anbietern mit entsprechenden Massenprodukten, mit großen Marketingbudgets und bereits umfangreichen Programmen. Für manche Musikproduzenten ist es sicher auch prima. Für den Hörbuch- und Hörspielmarkt, insbesondere Neuproduktionen, finde ich es eher bedenklich, da wie gesagt die Vergütung nicht stimmt. Außerdem: Warum nicht auch digital downloaden, wenn es gefällt, statt zu streamen? Bisher sind doch auch die ökologischen Aspekte des Streamens kaum diskutiert worden. Der CO2-Ausstoß für den andauernden Datentransfer dürfte ein unterschätztes Problem sein, das wir in der wichtigen Klimadebatte nicht vergessen dürfen. Wie schneidet Streaming im Vergleich mit Downloads ab? Bitte richtig verstehen: Wir nutzen alle digitale Inhalte und befürworten durchaus eine Weiterentwicklung, aber eine Monopolisierung sehen wir kritisch.

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