Die Zahl der täglichen Hörer von Hörbüchern, Hörspielen und Podcasts hat sich in Jahresfrist auf knapp acht Millionen nahezu verdoppelt. Wie erklären Sie sich diesen sprunghaften Anstieg?
Generell sagen wir bei Saga Egmont, dass der Hörbuchkonsum eigentlich ein Off-Screen Unterhaltungsmedium des modernen Verbrauchers ist. Wenn man ein Hörbuch hört, kann man gleichzeitig andere Dinge tun. Es ist wie beim traditionellen Lesen Kopfkino statt Screen-Time angesagt. Wir denken, dass es wichtig ist, auch im modernen Leben diese Ruhepole, diese Möglichkeiten der Vertiefung, zu schaffen, und das kann das Hörbuch – im Auto, zuhause, eigentlich überall. Ich glaube, deswegen sind Hörbücher und Podcasts zurzeit so beliebt. Es ist eine wohlverdiente Pause vom Lärm.
Aber während alle vom Hörbuchwunder reden, muss man auch bei den Zahlen mitbedenken, dass der Markt immer mehr mit Inhalten überflutet wird - und damit die Auszahlung pro Titel generell fallen wird. Wie wirkt sich das auf den Markt aus? Die Frage ist, wo und wann die rentable Schnittstelle liegt. Vieles ist noch komplett offen im digitalen Buchmarkt. Nur eins ist sicher: Er wird sich rasant entwickeln und verändern. Da muss man wach bleiben.
Die stärksten Zuwachse werden mobilen Nutzungssituationen verzeichnet. Welchen Einfluss hat das aus Ihrer Sicht auf die Audio-Inhalte?
Für Saga Egmont hat es keinen Einfluss auf die Audio-Inhalte. Wir geben wie immer starke Publikumstitel heraus und wir haben vom ersten Tag an mit einer Digitalisierung des Markts gerechnet. Auf dem digitalen Markt gilt wie immer Content is King und nur der beste Inhalt findet einen Weg in die Buchhandlung und die Nebenmärkte.
Große Anbieter setzen auch auf exklusiv fürs Hören entwickelte Stoffe. Wie bewerten Sie das?
Einzigartige Produkte werden immer wichtiger, um die Plattformen voneinander zu unterscheiden. In Skandinavien kennen wir seit langem das Phänomen Audio First oder sogar Audio Only. Der Trend ist dahingehend logisch, weil Audio-Inhalte ein so großes Publikum ansprechen, dass sie sich auch ohne Unterstützung durch andere Formate alleine entwickeln können. Ich denke, wir können davon ausgehen, dass das Audioformat ein größeres Potenzial hat und sich zu einem eigenständigeren Format entwickeln wird - ohne den traditionellen Buchmarkt notwendigerweise dabei zu beschädigen.
Audio-Inhalte werden immer öfter digital genutzt. Wie verändert insbesondere der Trend zum Streaming den Markt?
Im Digitalbereich gilt für Saga Egmont, dass unsere Inhalte da verfügbar sind, wo die Kunden sind. Das ist der wichtigste Ansatzpunkt, und wir sehen gerade interessante Entwicklungstendenzen auf dem deutschen Markt, sowohl im Streaming-Bereich als auch bei neuen Geschäftsmodellen von Storytel bis zu Spotify. Die früheren Marktführer sind nicht mehr allein im Hörbuch-Bereich. Es gibt heute sehr viele größere Outlets, wo Hörbuchverlage ihre Titel vermarkten können. Außerdem mehr Genres, um die Vielfalt in der Backlist zugänglich zu machen und intelligentere Empfehlungsalgorithmen. Das ist alles gut für die Vermarktung sowohl von der Front- als auch Backlist. Bei Saga Egmont heißen wir diese Tendenz willkommen.