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Werden Smart Speaker zur Gefahr für die Meinungsfreiheit?

Welche Chancen und Herausforderungen die ARD sieht

Dr. Susanne Pfab, ARD-Generalsekretärin Quelle: ARD/ Thorsten Eichhorst Dr. Susanne Pfab Generalsekretärin ARD 12.10.2018
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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Die ARD-Generalsekretärin Dr. Susanne Pfab sieht große Chance in der zunehmenden Verbreitung von Smart Speakern: "Gerade Technikaffine und Junge können wir auf diesem Weg gut erreichen." Deswegen habe die ARD bereits ein breites Angebot von „Skills“ oder „Actions“. Allerdings gebe es im Detail Diskussionsbedarf über klare Regeln für den Zugang zu Inhalten.







Noch sind Smart Speaker nicht sehr verbreitet, doch schon heute sind Audio-Inhalte die meistgenutzten Inhalte. Welche Chancen und Risiken sehen Sie für die Audio-Inhalte der ARD?
Nach dem Digitalisierungsbericht der Landesmedienanstalten aus diesem Jahr sind zwar Alexa & Co noch nicht sehr verbreitet. Aber eine Bitkom-Studie zeigt auch:  2016 kannte kaum jemand Smart Speaker, keine zwei Jahre später gibt es kaum jemanden mehr, der nicht schon davon gehört hat. Alle Prognosen gehen von einer nahezu explodierenden Entwicklung aus. Für die Radioverbreitung der Zukunft bedeutet dies enorme Chancen, gerade weil die bisherigen Nutzungsuntersuchungen zeigen, dass die Sprachassistenten von fast 80 % der Befragten für klassisches Radiohören oder das Abspielen von Podcasts eingesetzt werden. Gerade Technikaffine und Junge können wir auf diesem Weg gut erreichen. Und nicht zu vergessen: Smart Speaker schaffen für viele Menschen mit Behinderung einen sehr einfachen Zugang zu unseren Inhalten. Daher hat die ARD bereits ein breites Angebot von „Skills“ oder „Actions“, was ja den Apps eines Smartphones entspricht, entwickelt, das insbesondere Nachrichten, Verkehrshinweise und kurze Features umfasst.

Die „Tagesschau in 100 Sekunden“ gehört dabei zu den beliebtesten Angeboten, aber auch Regionalnachrichten wie „BR24“, „MDR aktuell“ oder Klassiker wie die „Sportschau“ sind sehr erfolgreich. 

Ich bin davon überzeugt, dass Sprachsteuerung für die Informations- und Inhaltevermittlung enorm an Bedeutung gewinnen wird, weil Sprechen nun mal für den Menschen die natürlichste und einfachste Form der Kommunikation ist. Dies bedeutet aber auch, dass Sprachassistenten eine starke Gatekeeper-Funktion zu journalistischen Inhalten einnehmen werden. Dies wirft, wie bei der klassischen Plattformregulierung, Fragen auf, wie der diskriminierungsfreie und chancengleiche Zugang von und zu Inhalteanbietern sichergestellt werden kann.

Ein Drittel der Audio-Nutzer lässt sich über den Smart Speaker Nachrichten vorlesen – welchen Regulierungsbedarf sehen Sie hier?
Auf eine Frage oder einen Befehl gibt Alexa exakt eine Antwort, das heißt sprachgesteuerte Suchmaschinen verengen die Auswahl in nochmals ganz anderer Weise als es schon bei visualisierten Oberflächen wie bei der Google-Suche der Fall ist. Hinzu kommt, dass die Menschen eher generisch fragen werden, also beispielsweise  „Was gibt es Neues?“ oder „Wie steht es um Merkel?“ und bei den Antworten nicht wissen werden, aus welcher Quelle Alexa ihr Wissen schöpft und ob diese Quelle vertrauenswürdig ist.

Hieraus kann sich sehr rasch eine massive Gefährdungslage für die Meinungsvielfalt entwickeln. Die schon oben erwähnte Sicherstellung der Medien- und Anbietervielfalt durch diskriminierungsfreien Zugang zur Plattform ist das eine Erfordernis, Vorgaben zu Transparenz und Nutzerautonomie sind weitere, aus meiner Sicht dringend zu diskutierende Aspekte. Die Inhalteanbieter sind zugleich gefordert, rasch ein medienadäquates Content-Branding zu entwickeln und über hochwertige Metadaten die Auffindbarkeit zu erleichtern.

Wie sollten andere sogenannte „Skills“ von Drittanbietern reguliert werden, die Zugang zu Audio-Inhalten bieten?
Für uns als öffentlich-rechtlicher Rundfunk ist vor allem wichtig, dass nicht unmittelbar im Umfeld eines ARD-Inhalts ein Werbespot platziert wird oder sogar ein Inhalt von Werbung unterbrochen wird. Da das Geschäftsmodell der durchweg kommerziellen Sprachassistentenbetreiber auf Gewinn ausgerichtet ist, sehe ich auch eine Gefahr, dass Keywords an den meiststeigernden Drittanbieter verkauft werden und so Fragen automatisch und ausschließlich mit den Angeboten zahlender Kunden verknüpft werden.

Fast drei Viertel der Deutschen sorgen sich bei Smart Speakern um den Datenschutz, zugleich sind Nutzungsdaten für Produzenten hilfreich. Wer sollte welche Daten nutzen dürfen?
Ich kann die Sorge sehr gut nachvollziehen, denn neben finanzieller Gewinnerzielung ist das Generieren von Daten heute fast schon inhärenter Bestandteil des kommerziellen Geschäftsmodells. Im Unterschied dazu sammeln wir weder in unseren eigenen Online-Angeboten personenbezogene Nutzerdaten, noch verwerten wir diese oder geben sie weiter. Ein hoher und zuverlässiger Datenschutzstandard ist uns als durchweg gemeinwohlorientierter Medienanbieter sehr wichtig. Ein anderes Feld sind anonymisierte und statistische Nutzungsdaten, die in der Regel auch ausschließlich den Smart Speaker-Betreiber zur Verfügung stehen. Solche Informationen sind aber notwendig für die Analyse von Reichweite, Abrufkontext und  Wertschätzung unserer Angebote, um sie dann entsprechend der Bedürfnisse der Nutzer weiterentwickeln zu können. Denn wir wollen ja den Menschen das Passende, Beste und Besondere bieten und dies können sie von ihrer ARD auch erwarten.

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