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VAUNET kritisiert Entwurf zu Jugendschutzgesetz scharf

Warum über die geplanten Regeln aus Verbandssicht noch einmal gesprochen werden sollte

Annette Kümmel, stellvertretende Vorstandsvorsitzende und Vorsitzende des Fachbereiches Fernsehen und Multimedia des VAUNET Quelle: Vincent Mosch Annette Kümmel stellvertretende Vorstandsvorsitzende VAUNET Verband Privater Medien 27.03.2020
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Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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Für Annette Kümmel vom VAUNET ist der Entwurf zum Jugendschutzgesetz "nicht zielführend und hat eine in sich nicht konsistente Doppelregulierung zur Folge". Sie sieht dringenden Gesprächsbedarf - unter Einbeziehung von Vertretern der Wirtschaft ebenso wie von Jugendschutzeinrichtungen.







Wie fügt sich der Entwurf zum neuen Jugendschutzgesetz (JuSchG) aus Ihrer Sicht in die bestehenden Regeln der föderalen Bundesrepublik (etwa: Jugendmedienschutzstaatsvertrag/ JMStV), ein?
Es ist seit vielen Jahren eine zentrale Forderung des VAUNET, dass auch im Bereich des Kinder- und Jugendmedienschutzes die Regulierung der Medienkonvergenz folgen muss. Der vom Bundesfamilienministerium im Februar 2020 vorgeschlagene Entwurf des Jugendschutzgesetzes verfehlt dieses Ziel. Er überträgt im Wesentlichen die starre Offline-Regulierung für Kino und VHS/DVD auf den Online-Bereich. Er vernachlässigt dabei sehenden Auges, dass der Jugendmedienschutzstaatsvertrag der Länder bereits seit 17 Jahren potenzielle Onlinerisiken für Heranwachende im Rundfunk- und Telemedienbereich reguliert. Der Entwurf des Jugendschutzgesetzes lässt eine bessere „Verzahnung“ zwischen Bundes- und Landesrecht vermissen. Insbesondere das 2016 in der Bund-Länder-Kommission zur Medienkonvergenz verabredete Konzept, beiderseitig möglichst mit einheitlichen Begriffen und offenen Verfahren zu agieren, wird nur unzureichend umgesetzt. Die heutige, von Konvergenz und Geschwindigkeit geprägte Medienwelt benötigt unabhängig von Verbreitungswegen flexible Instrumente sowohl in der Altersbewertung als auch bei den Schutzmechanismen. Eine künstliche Trennung der Regulierung von Rundfunk im Jugendmedienschutzstaatsvertrag und Telemedien im Jugendschutzgesetz, obwohl Telemedien längst auch im Medien- und Jugendmedienschutzstaatsvertrag geregelt sind, ist nicht zielführend und hat eine in sich nicht konsistente Doppelregulierung zur Folge.

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Der Entwurf sieht den Ausbau der Bundesprüfstelle zur Bundeszentrale für Kinder-und Jugendmedienschutz vor. Was halten Sie davon?
Für die Beaufsichtigung des Jugendmedienschutzes sind bereits heute zahlreiche Institutionen auf Landes- wie auf Bundesebene zuständig. Das im Jugendmedienschutzstaatsvertrag zugrunde gelegte Zusammenspiel zwischen der Kommission für Jugendmedienschutz KJM, den Freiwilligen Selbstkontrollen Fernsehen und Multimedia sowie den Jugendschutzbeauftragten funktioniert nach unserer Wahrnehmung sehr gut. Der Entwurf des Jugendschutzgesetzes schafft dagegen zusätzliche Bürokratie und mehr staatliche Vorab-Kontrolle. Mit 50 neuen Planstellen soll sich der Mitarbeiterstab der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien mehr als verdoppeln. Mit ihrer Umwandlung in die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz werden unnötige neue Strukturen geschaffen. Sie werden den Jugendmedienschutz aus VAUNET-Sicht weder konvergenter noch schneller machen. Die eigentliche Aufgabe wäre, nach Synergien zu suchen und gegebenenfalls Institutionen zu verschmelzen und Zuständigkeiten zu bündeln, statt neue aufzubauen. Im Übrigen ist die Medienaufsicht – auch im Jugendmedienschutzbereich – in Deutschland staatsfern und nachträglich organisiert.

Der Entwurf befasst sich mit sogenannten Interaktionsrisiken wie Cybermobbing oder Persönlichkeitsrechtsverletzungen - wie bewerten Sie die diesbezüglich geplanten Regeln?
Es ist nachvollziehbar, wenn das Bundesfamilienministerium Interaktionsrisiken stärker Rechnung tragen möchte. Es vermengt jedoch in seinem Gesetzesentwurf Medien- mit Kommunikationsrisiken, zwei Themen, die auch weiterhin getrennt zu betrachten sind. In die Altersbewertung eines Inhalts lassen sich nicht ohne Weiteres Nutzungs- und Kommunikationsrisiken im Voraus einkalkulieren. Der Filminhalt bleibt ein und derselbe, auch wenn z. B. ein Chatroom nur einen Click entfernt ist. Zumindest sollten sie keine gemeinsame Alterskennzeichnung erhalten. Ansonsten würde die Bewertung von Inhalterisiken verwässert.

Was sollte aus Ihrer Sicht in ein endgültiges JuSchG unbedingt noch aufgenommen und was unbedingt aus dem Entwurf gestrichen werden?
Jugendschutz liegt im ureigenen Interesse der Medienunternehmen, nur mit Vertrauen ist die Voraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg gegeben. Wir appellieren daher an Bund und Länder, ihre Gespräche, ggf. unter Einbeziehung eines Vermittlers, für einen konvergenten und einheitlichen Rechtsrahmen fortzusetzen und Vertreter der Wirtschaft ebenso wie Jugendschutzeinrichtungen einzubeziehen.

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