Die Ergebnisse einer Untersuchung zum Empfang von DAB+ in Autos erstaunen und haben für eine Debatte in der Branche gesorgt. Beim Test verschiedener Auto-Modelle hat die ARGE Rundfunk-Betriebstechnik in Nürnberg drastische Differenzen gemessen. „In der Tat sind die Unterschiede beim Empfangsverhalten relativ hoch und deutlich wahrnehmbar“, bestätigt Peter Geyer, Fachbereichsleiter Hochfrequenz und Systemtechnik bei der ARGE Rundfunk-Betriebstechnik in der Fachdebatte auf Meinungsbarometer.info und konkretisiert: „Bei unseren Messstrecken zeigten gute Empfangssysteme eine Empfangbarkeit von ca. 85 Prozent der Strecke, schlechte Systeme teilweise von nur ca.35 Prozent.“
Die RBT-Untersuchung war auf den Höreindruck des Teilnehmers beim mobilen DAB+ Empfang ausgerichtet. So wurden laut Peter Geyer keine Laboruntersuchungen durchgeführt, sondern die Empfangsqualität des Empfangssystems im Fahrzeug (Empfänger und Antenne) auf Teststrecken ermittelt. Für die Teststrecken seien Frequenzen mit nur einem Sender gewählt und bewusst Strecken mit "schwierigen" Empfangsverhältnissen gesucht worden.
„Zur Auswertung wurden dann die Audiosignale der im Fahrzeug eingebauten Digitalradios herangezogen“, erklärt Peter Geyer. An den Fahrzeugen wurden keine Eingriffe vorgenommen und besonders darauf geachtet, dass durch die Messeinrichtung keine Beeinflussung der Empfangssysteme (Empfänger und Antenne) erfolgte. Anschließend wurden die Audiosignale statistisch ausgewertet und mit Ergebnissen des Messfahrzeuges korreliert.
Die Defizite beim Empfang könnten aus Sicht von Peter Geyer etwa von der Antennentechnik herrühren. „Die optimale Antenne für die zum überwiegenden Teil vertikal polarisierten DAB-Sendernetze wäre eine Stabantenne am Fahrzeugdach. Aus Gründen des Designs wird jedoch meist eine andere Lösung, z.B. in der Stoßstange, in den Scheiben usw. bevorzugt.“
Dr. Michael Weber ist Geschäftsführer der Antennentechnik Bad Blankenburg und damit ausgewiesener Experte für Antennentechnik. Er sagt klipp und klar: „Es gibt keine schlechten Antennen, es gibt nur einen schlechten Einbau im Fahrzeug.“ Er weist zudem auf die elektromagnetischen Störungen hin, die in einem Fahrzeug vorhanden sind. Durch den Verbau von immer mehr Steuergeräten, immer mehr Displays und immer höher getakteten Mikroprozessoren in den Steuergeräten sei in den letzten 10 bis 20 Jahren der Störpegel im Fahrzeug stark angestiegen. So komme es zu einem Wettrennen zwischen Empfangsfrequenz und Störfrequenz. Für die kommende Einführung der Digitalradio-Pflicht im Auto sieht er sein Unternehmen übrigens auch gut aufgestellt – im Neuwagenbereich und auf dem Nachrüst-Markt für Gebrauchte.
Auch bei der Alan Electronics / Midland kennt man die Probleme mit den Störsignalen in modernen Autos. „ Dies sind häufig Spezialfälle, die nur mit Hilfe einer kompetenten Hotline oder ggf. in der Werkstatt gelöst werden können.“, erklärt Chef-Diplomingenieur und Antennen-Experte Norbert Dau. So empfiehlt er etwa stets die mitgelieferte Stromversorgung zu verwenden, da hier Entstörelemente eingesetzt werden. Beispielsweise müsse aber auch die Position von Scheibe-Antennen bei metall-bedampften Frontscheiben beachtet werden.
Eine zusätzliche Regulierung in Bezug auf die Antennen ist nicht absehbar. Dorothee Bär, Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin und Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung, hält jedenfalls nichts von detaillierten Vorgaben in Bezug auf die Art und die Platzierung der Antenne. "Vielmehr sehe ich Markttransparenz und die angesprochenen Empfehlungen und Mindeststandards als Mittel zum Erfolg, damit Verbraucherinnen und Verbraucher eine informierte Entscheidung treffen können." Sie begrüßt daher Untersuchungen und Vergleiche sowie die bestehenden Gütesiegel in diesem Bereich.
Im Gegensatz zu UKW sei bei DAB+ der mobile Empfang von Anfang an mitgedacht worden. Dementsprechend verweist die Staatsministerin auf Empfehlungen und Mindeststandards für das Empfangsverhalten sowohl von mobilen als auch von stationären Empfängern. "Die Hersteller sind gefordert, die Standards einzuhalten."
Dorothee Bär - MdB, Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin und Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung