Die EU-Digitalsteuer ist gescheitert. Wie bewerten Sie das?
Das Scheitern der Digitalsteuer bedauere ich nicht. Der Vorschlag, der dazu auf dem Tisch lag war kompliziert und bürokratisch. Außerdem mangelte es schlicht an einer Grundlage. Die Kommission hat nie nachgewiesen, dass Digitalunternehmen tatsächlich unfair, also zu niedrig, besteuert werden. Unternehmen zahlen Steuern, weil sie die Infrastruktur und andere öffentliche Güter eines Landes nutzen. Digitalunternehmen, die keine physische Präsenz in einem Land haben, tun das aber nur sehr eingeschränkt. Und die Gewinne der Digitalunternehmen werden natürlich besteuert, wenn sie an die Aktionäre ausgeschüttet werden. Insofern ist gar nicht klar, weshalb Digitalunternehmen eine Sondersteuer zahlen müssen.
Einzelne Länder, wie etwa Frankreich und Österreich, wollen nun nationale Digitalsteuern einführen. Was helfen nationale Alleingänge in Zeiten einer globalen Digitalwirtschaft?
Davon halte ich nichts. Zum einen können die europäischen Staaten nicht fortwährend Trump für seine Alleingänge kritisieren, aber selber Alleingänge einlegen, wenn es ihnen in den Kram passt.
Zum anderen halte ich die Idee einer Digitalsteuer aus den oben genannten Gründen noch nicht für ausgereift. Dieses Manko wird nicht besser, wenn die Digitalsteuer jetzt in verschiedenen Ländern auf nationaler Ebene kommt.
Eine große Lösung soll nun im Rahmen der OECD angegangen werden. Sehen Sie in absehbarer Zeit Chancen für eine Einigung auf dieser Ebene?
Nein, auch auf dieser Ebene sehe ich keine Chance auf eine Einigung, denn die Staaten, die jetzt eine Einigung verhindert haben, sind auch Mitglieder der OECD. Speziell die USA, wo etliche Internetgiganten ihren Sitz haben und Steuern zahlen, hat keinen Anreiz, den Europäern hier entgegenzukommen.
Aber auch aus deutscher Sicht ist eine Digitalsteuer ein zweischneidiges Schwert. Künftig werden viele unserer Autoproduzenten Töchter haben, die weltweit digitale Leistungen für autonomes Fahren und Navigation anbieten. Es ist nicht unbedingt in unserem Interesse, dass andere Länder die Gewinne besteuern, die aus der Nutzung unserer geistigen Innovationen entstehen.
Wie könnte sich auf anderem Wege mehr Steuergerechtigkeit für die Digitalriesen herstellen lassen?
Mehr Wettbewerb. Steuern sind nur ein nachgelagertes Problem. Das Grundproblem sind die hohen Gewinne. Hohe Gewinne reduziert man, indem man den Wettbewerb stärkt.
Wenn die Internetkonzerne kleinere Gewinne machen, nützt das den Konsumenten. Denn wir Konsumenten finanzieren doch diese Gewinne. Wir zahlen zuviel für die Produkte, die im Internet beworben werden, weil letztlich wir die Werbekosten tragen. Der Staat hat ein Interesse an hohen Gewinnen der Internetkonzerne, weil er die Gewinne besteuern kann. Die Konsumenten haben aber ein Interesse an niedrigen Gewinnen. Deshalb sollten das Kartellamt und die EU-Wettbewerbsaufsicht gegen die Quasi-Monopolstellungen der Internetriesen vorgehen und Konkurrenz ermöglichen. Vorrangig ist immer das Wohl der Konsumenten.
Was das Wohl des Staates betrifft, soll er sicherstellen, dass die Internetriesen Mehrwertsteuer bezahlen müssen so wie jeder andere inländische Werbeträger auch. Dafür braucht man keine Digitalsteuer. Es muss nur klar sein, dass Werbung, die in Deutschland geschaltet wird, in Deutschland auch der Mehrwertsteuer unterliegt.