Kanzlerin Merkel hat eine Steuerreform ins Gespräch gebracht, die für mehr Gerechtigkeit bei der wirtschaftlichen Verwertung von Daten sorgen soll. Wie bewerten Sie das?
Dass Wert und Bedeutung von Daten für die künftige Prosperität mittlerweile erkannt werden, stimmt mich positiv. Die Wertschöpfungsketten der Zukunft werden grundlegend von solchen Informationen getrieben werden. Bei der Forderung nach der Erhebung von Steuern auf die Verwendung von Daten muss demnach auch stets berücksichtigt werden, dass Daten für unsere Unternehmen mehr und mehr zum entscheidenden Faktor werden, wenn es darum geht, die Produktivität zu steigern und konkurrenzfähig zu bleiben. Eine Datensteuer kann hier unbeabsichtigte negative Folgen mit sich bringen.
Nach Ansicht der Kanzlerin ist die Bepreisung von Daten, besonders die der Konsumenten, das zentrale Gerechtigkeitsproblem der Zukunft. Wie lässt sich der (Geld-)Wert von Daten ermitteln?
Den korrekten Wert von Daten zu ermitteln - die sich naturgemäß in Beschaffenheit und konkretem Umfang in zahlreichen Details unterscheiden - wird eine zentrale wirtschafts- und steuerpolitische Herausforderung der nächsten Jahre sein. Die Ankündigung der Bundeskanzlerin, sich ob der Komplexität dieser Aufgabe auch fachlichen Input aus der Wissenschaft zu holen, kann als Fortschritt betrachtet werden. Nichtsdestotrotz sollten aber auch diejenigen an der Lösungsfindung beteiligt werden, für die der kompetitive Umgang mit datengetriebenen Geschäftsmodellen zum Alltag zählt – also der digitale Mittelstand und insbesondere unsere Startups.
Vor dem Hintergrund der Gerechtigkeitsfrage sollte in der Debatte zudem nicht vergessen werden, dass die Kunden von Digitalunternehmen ihre Daten nicht an die Digitalkonzerne verschenken - meist erhalten sie einen Gegenwert aus der Nutzung der Angebote. Ein Beispiel aus dem Alltag vieler Menschen wäre da beispielsweise Google, ohne deren Suchmaschinenangebot die tägliche Arbeit in vielen deutschen Unternehmen wohl erschwert werden dürfte.
SPD-Chefin Nahles hat gefordert, Unternehmen ab einer bestimmten Größe müssten ihre Daten teilen, so dass sie Gemeingut würden. Wie finden Sie diesen Ansatz?
In den Daten liegt ein riesiges Potential - sowohl für die Wirtschaft, aber auch für die Gesellschaft. Diese Chancen und Möglichkeiten werden bislang noch zu wenig ausgeschöpft. Wer eine Verpflichtung zum Teilen von Daten fordert, sollte nicht außer Acht lassen, dass dies einen tiefen Eingriff in die Geschäftsmodelle der Digitalunternehmen darstellt. So würden Investitionen in Daten und datengetriebene Geschäftsmodelle an Attraktivität verlieren und europäischen Startups der internationale Wettbewerb weiter erschwert: Wenn ich befürchten muss, dass ich gezwungen werde, die Grundlage meines unternehmerischen Erfolgs – die Daten und der Umgang mit ihnen – zu „teilen“, habe ich keinen Anreiz mehr, in Innovationen in diesen Bereich zu investieren. Genau aus diesem Grund gibt es übrigens den Patentschutz. Ohnehin ist in Sachen Open Data vordringlich der Staat in der Bringschuld. Der Ankündigung im Koalitionsvertrag über eine angestrebte Vorreiterrolle in Sachen Open Data müssen nun auch Taten folgen.
Auch in Europa läuft eine Debatte über die richtige Besteuerung von internationalen Digitalkonzernen. Welche neuen Steuern braucht die digital vernetzte Welt aus Ihrer Sicht – und welche keinesfalls?
Aus Sicht der deutschen Startups ist jede weitere Bürde, wie sie sich in Form neuer Besteuerungsmodelle ergeben würde, sicherlich ein Hemmnis in dem Bestreben, auch hierzulande international konkurrenzfähige Tech Unternehmen aufzustellen. Im März hat die EU-Kommission einen Vorschlag für eine Vorschrift zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft vorgelegt, die auf eine Erhöhung der Steuereinnahmen über die Umsatz- oder Körperschaftssteuer abzielt. Das Modell weist zwar, um den negativen Impact auf Startups zu begrenzen, eine Aufgreifschwelle auf, de facto bliebe in dem Zuge aber die Gefahr zusätzlicher Belastungen für Startups im fortgeschrittenen Wachstum bestehen. So würde es deutschen und europäischen Unternehmen auch weiterhin erschwert werden, die Lücke zu den ganz großen globalen Tech Companies zu schließen. Daneben sollte zumindest in Betracht gezogen werden, dass Letztgenannte ihr Engagement für das hiesige Startup-Ökosystem in Folge neuer Steuerbelastungen auf dem europäischen Markt überdenken könnten.
Tritt dieser Fall ein, muss die Politik Mittel und Wege finden, die dadurch entstehende Lücke mit eigenen Ressourcen und regulativen Erleichterungen in anderen Bereichen zu schließen.