Kanzlerin Merkel eine Steuerreform ins Gespräch gebracht, die für mehr Gerechtigkeit bei der wirtschaftlichen Verwertung von Daten sorgen soll. Wie bewerten Sie das?
Die Diskussion zum Umgang mit Daten ist grundsätzlich von gesellschaftlicher Relevanz. Zukunftsthemen wie beispielsweise Künstliche Intelligenz und Geschäftsmodelle, die auf dieser Technologie basieren, können ja überhaupt nur durch die Auswertung von Daten existieren. Über die ethischen Grundlagen unseres Umgangs mit Daten und die Verantwortung, die durch die Übernahme von Daten entsteht, gilt es zu diskutieren.
Nach Ansicht der Kanzlerin ist die Bepreisung von Daten, besonders die der Konsumenten, ist das zentrale Gerechtigkeitsproblem der Zukunft. Wie lässt sich der (Geld-)Wert von Daten ermitteln?
Zunächst müssen, wie schon erwähnt, ethische Fragestellungen sowie ökonomische und datenschutzrechtliche Aspekte eingehend berücksichtigt werden. Erst daran anknüpfend sollten wir über den finanziellen Wert von Daten sprechen und über die Frage, wie diese Werte besteuert werden sollten. Erste Tendenzen zeigen sich bereits im Kartellrecht, wenn auch noch nicht wirksam, zeigen sie schon jetzt, wie zukünftig reguliert werden könnte.
Der Wert von Daten ergibt sich sowieso erst in der Aufbereitung und Auswertung und generiert sich nicht von den Daten selbst. Deshalb können nicht einfach herkömmliche Klassifikationen auf Daten übertragen werden. Ein „Like“ ist wirtschaftlich erstmal nicht interessant, drei Millionen „Likes“ wiederum schon. Das Dilemma ist dabei, dass Daten zunächst nichts weiter als Einsen und Nullen sind. Wenn man damit aber beispielsweise ein Bild oder einen Song überträgt, greift der Schutz des Urheberrechts. Wenn man damit aber Nachrichten austauscht, befindet man sich in einem vollkommen anderen Rechtsrahmen. Daten sind eben nicht gleich Daten!
SPD-Chefin Nahles hat gefordert, Unternehmen ab einer bestimmten Größe müssten ihre Daten teilen, so dass sie Gemeingut würden. Wie finden Sie diesen Ansatz?
Persönliche Daten sind per se kein konkurrierendes Wirtschaftsgut. Meinen Geburtstag kann ich an verschiedenen Plattformen hinterlegen, ohne, dass ich ihn verliere. Daten können nicht „knapp“ werden. Der Wert von Daten entsteht durch ihre Kombination und Extrapolation bzw. durch ihr Verknüpfen mit anderen Produkten. Die Verpflichtung, alle Daten offenzulegen, könnte Geschäftsgeheimnisse und Geschäftsmodelle digitaler Plattformen stark angreifen.
Inzwischen sind sich Experten auch relativ einig, dass eine Verankerung von Eigentumsrechten für Daten weder aus ökonomischer noch aus juristischer Sicht Sinn macht. Die Etablierung eines Daten-Eigentumsrechts gibt keine Garantie für mehr Privatsphäre oder Datenautonomie, sondern könnte die moralische Fragestellung aufwerfen, ob das menschliche Individuum auf den finanziellen Wert und damit eine „Bepreisung“ seiner Daten reduziert wird oder werden darf. Statt sich auf Dateneigentum und Bepreisungsmodelle zu fokussieren, sollte die Politik daher lieber technische Ansätze zu mehr Datenschutz und Datenkontrolle verfolgen. In diesem Zusammenhang sollte die Politik insbesondere auch Projekte fördern, die Lösungspotenziale neuer innovativer Technologien wie beispielsweise der Blockchain einbeziehen.
Auch in Europa läuft eine Debatte über die richtige Besteuerung von internationalen Digitalkonzernen. Welche neuen Steuern braucht die digital vernetzte Welt aus Ihrer Sicht – und welche keinesfalls?
Die Besteuerung von Unternehmen und Geschäftstätigkeit sollte generell einheitlichen Regeln für alle Marktteilnehmer folgen. Auch die Besteuerung für „digitale Geschäftsmodelle“ darf nicht von diesem Grundsatz abweichen. Sektorale Sonderwege sind nicht zielführend und diskriminieren Dienste und Produkte, nur, weil sie digital erbracht werden.
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