Die Filmförderung soll stärker auf eine geringere Anzahl von Projekten konzentriert werden – eine Chance oder eine Gefahr für den Qualitätsfilm?
Die Förderung von weniger Filmprojekten ist im Zusammenhang mit weiteren neu eingeführten Elementen zu sehen. Zum einen ist sie verbunden mit der Vorgabe einer „Auswahl besonders hochwertiger Projekte“ sowie mit einer deutlichen Erhöhung der Mittel für den einzelnen Förderfall. Zusammen mit den neuen Strukturen der Fördergremien mit besonderen Anforderungen an die Expertise der Mitglieder erwarte ich mir von dieser grundsätzlichen Neuausrichtung einen Schub für den mittleren Kinofilm, an dem es bisher in unseren Kinos mangelt. Denn der erfreulich hohe Marktanteil des deutschen Films – im vergangenen Jahr mit einem Rekordwert von 27,5 Prozent - wird bisher in der Regel nur von wenigen Blockbustern wie „Fack ju Göthe“ oder den Produktionen von Til Schweiger und Matthias Schweighöfer bestritten. Es wird allerdings darauf zu achten sein, dass sich der Qualitätsbegriff nicht nur in reiner Kinotauglichkeit erschöpft, sondern auch Raum für innovative und künstlerisch ambitionierte Projekte lässt.
Über die Förderung eines Projektes sollen künftig kleinere Gremien entscheiden. Wie bewerten Sie das neue Modell?
Die Reduzierung der Fördergremien, die geringere Mitgliederzahl, das neue Verfahren zu ihrer Bestellung, die Anforderungen an die Mitglieder und nicht zuletzt die geschlechterparitätische Besetzung halte ich für einen großen Schritt nach vorne. Mit dem konzentrierten Sachverstand bekommen wir eine stärkere Qualitätsorientierung und Transparenz in die Förderentscheidungen; die Chancen der bisher benachteiligten Filmemacherinnen bei der Förderung zum Zug zu kommen, verbessern sich deutlich; zudem erwarte ich mir Verwaltungsvereinfachungen auf Seiten der Filmförderungsanstalt (FFA) sowie signifikante Einsparungen. Dennoch gilt es zu beachten, dass in den verkleinerten Gremien auch die Expertise der Kreativen gegenüber der der Verwerter nicht zu kurz kommt.
Künftig soll verstärkt in die Förderung von Drehbüchern investiert werden. Welche Defizite gab es bislang in diesem Bereich?
Bei der Drehbuchförderung fehlt es bisher an dreierlei. Nicht ausreichende Fördermittel, mangelnde Nachhaltigkeit und fehlende fachliche Begleitung haben dazu geführt, dass viele Drehbuchprojekte trotz Förderung zu wenig ausgereift sind, wenn es in die Filmproduktion geht. Ein deutlicher Mittelaufwuchs und eine fachlich begleitete Spitzenförderung bei der neu eingeführten Drehbuchfortentwicklung sollen das ändern. Ich halte das für einen ganz wichtigen Beitrag zur oben angesprochenen Qualitätsorientierung in der Förderung.
Gefördert werden können künftig auch Kurzfilme. Welchen Sinn hat die Förderung der Nische?
Kurzfilme konnten auch schon bisher gefördert werden. Neu ist aber die Definition, was ein Kurzfilm ist. Bisher waren das alle Filme zwischen einer und 15 Minuten Länge. Filmkünstlerische Kreativität lässt sich aber nicht in Minutenvorgaben pressen. Aus meiner Sicht gibt es keinen überzeugenden Grund, warum Kurzfilme von unter einer Minute oder über 15 Minuten von der Förderung ausgeschlossen werden. Auch in diesen Formaten kann sich Kreativität entfalten. Deshalb soll es künftig nur noch eine Obergrenze von 30 Minuten geben. Das Genre Kurzfilm halte ich im Übrigen nicht für eine Nische, sondern für einen unverzichtbaren Nährboden für Kreativität und Innovation im Filmschaffen. Gerade der Nachwuchs kann sich hier entwickeln.
Erstmals beteiligen sich Videoabrufdienste an der für die Förderung maßgeblichen Filmabgabe. Welche Rolle spielen die neuen digitalen Dienste für die deutsche Filmwirtschaft?
Videoabrufdienste waren auch bisher schon zur Abgabe verpflichtet. Sogar für diejenigen mit Sitz im Ausland stand die Abgabepflicht schon im Gesetz. Allerdings unter dem Vorbehalt der Genehmigung aus Brüssel, auf die wir immer noch warten. Neu am FFG-Entwurf ist lediglich, dass künftig auch werbefinanzierte Anbieter in die Abgabe mit einbezogen werden sollen. Die Bedeutung der digitalen Dienste für die Filmwirtschaft liegt auf der Hand: Diese Anbieter machen mit der Verwertung deutscher Kinofilme Umsatz ebenso wie die herkömmlichen Verwerter Kino, Videoprogrammanbieter und Sender. Wie diese haben sich die Abrufdienste also mit einer Abgabe an der Förderung des deutschen Kinofilms zu beteiligen.