Die Filmförderung soll stärker auf eine geringere Anzahl von Projekten konzentriert werden – eine Chance oder eine Gefahr für den Qualitätsfilm?
Weniger Projekte zu fördern, diese aber besser auszustatten - das klingt erst mal vernünftig. Vor allem, weil der grassierende Fördertourismus endlich angegangen werden muss. Hier kann das Gesetz allerdings gar nicht so viel bewirken, da nicht die Filmförderungsanstalt (FFA), sondern die sogenannte kulturelle Filmförderung im Bund und die Regionalförderungen für die vielen kleinen Summen sorgen. Mehr Geld für weniger Filme kann auch dabei helfen, soziale Standards einzuhalten. Wenn die FFA weniger Projekte fördert, ist meine Sorge aber, dass die künstlerische Bandbreite geringer wird. Denn bisher haben die Gremien immer wieder entschieden, jene Projekte mit Höchstsummen zu unterstützen, die die Hilfe am wenigsten benötigen.
Über die Förderung eines Projektes sollen künftig kleinere Gremien entscheiden. Wie bewerten Sie das neue Modell?
Eine gute Idee mit vielen Tücken im Detail. Wer benennt wen, nach welchen Kriterien und wer stellt die Gremien zusammen? Die Verantwortung der Gremien wächst bei einer Verkleinerung – und der Entwurf der Bundesregierung ist ein heftiger Affront gegen die Kreativen. Von fünf Gremienplätzen ist ein einziger für Kreative offen, und das auch nur zusammen mit sonstigen Berufsgruppen. Die Verwerterdominanz – drei garantierte Plätze – sorgt für ein weiteres Ungleichgewicht, das ganz leicht zu beheben wäre. Der schlechte Witz am Schluss ist, dass die Zusammenstellung der Gremien nicht etwa zufällig geschieht, sondern dass das der Vorstand der FFA macht. Der ist aber nicht demokratisch legitimiert.
Künftig soll verstärkt in die Förderung von Drehbüchern investiert werden. Welche Defizite gab es bislang in diesem Bereich?
Gute Drehbücher machen noch keine guten Filme, denn es kommt auf formale Mittel, auf die Inszenierung, auf die Kameraarbeit und ganz besonders auf die Montage an. Aber die Entwicklung von Stoffen, gerade von ungewöhnlichen Ideen und Dramaturgien, erfordert Zeit, und die ist oft nicht gegeben. Weil die deutsche Produktionslandschaft wenig Mittel hat, um in Vorleistung zu gehen, kann die Förderung hier viel bewirken. Allerdings wird es darauf ankommen, die Auswahl nicht entlang altbekannter Themen und Formeln zu machen, sondern just die Vorhaben zu unterstützen, die spannend klingen, weil sie so noch nicht da gewesen sind.
Gefördert werden können künftig auch Kurzfilme. Welchen Sinn hat die Förderung der Nische?
Kurzfilme wurden bereits gefördert – eine Nische ist das allerdings nicht. Kurzfilme reisen weltweit, werden auf Festivals oder als Reihen gezeigt, und natürlich finden sie über das Internet große Verbreitung. Richtig ist, dass die FFA künftig flexibler werden soll, was die Laufzeit der Filme angeht, und auch längere Kurzfilme und kürzere Langfilme fördern kann. Das ist überfällig, weil sich der Markt hier schon seit Jahren in diese Richtung entwickelt. Viele der erfolgreichsten Kurzfilme sind länger als 15 Minuten. Diese Beschränkung aufzuheben ist deshalb nur konsequent. Kurzfilme sind im Übrigen schon deshalb für das Kino wichtig, weil sie oftmals ohne den Verwertungsdruck entstehen, den es bei Langfilmen gibt. Filmische Experimente, die gerade für die Weiterentwicklung des Mainstreamkinos so wichtig sind, nehmen oft hier ihren Ursprung.
Erstmals beteiligen sich Videoabrufdienste an der für die Förderung maßgeblichen Filmabgabe. Welche Rolle spielen die neuen digitalen Dienste für die deutsche Filmwirtschaft?
Mit den ersten Aufträgen von Amazon und Netflix an deutsche Produzenten nimmt die Rolle der Videoabrufdienste gut sichtbare Formen an. Die wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung der Plattformen hat aber natürlich schon über die vergangenen Jahre stark zugenommen. In nicht wenigen Fällen handelt es sich bei den zugkräftigen Plattformen und Diensten um Firmen, deren Sitz im Ausland ist. Das macht die Angelegenheit kompliziert, weil sie bisher noch den Vorteil haben, im Gegensatz zu den Akteuren aus Deutschland für die Filmabgabe nicht herangezogen zu werden. Es ist nur gerecht, dass hier die gleichen Pflichten für alle gelten. Allerdings bleiben erhebliche Zweifel, ob das mit dem jetzigen Gesetzentwurf auch klappen wird.