Im Sommer tritt eine EU-Verordnung in Kraft, nach der E-Autos sicherheitshalber Geräusche machen sollen – inwieweit sehen Sie den hiesigen Markt auf die neuen Regeln vorbereitet?
Angesichts der Tatsache, dass die Anforderungen an das AVAS (Acoustic Vehicle Alerting System) von der EU bereits 2014 beschlossen worden sind (EU-Verordnung: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32014R0540&from=DE), ist davon auszugehen, dass die Automobilhersteller es schaffen, dieses bis zum 1.7.2019 in alle neu zugelassenen Elektro- und Hybridautos einzubauen. Die neuen Geräuschvorgaben werden heute bereits vielfach freiwillig angewendet und sind dann in Zukunft verpflichtend.
In Europa sollen die Geräusche bis zu einer Geschwindigkeit von 20 km/h auf E-Autos aufmerksam machen, in den USA sind es 30 km/h. Wie bewerten Sie die EU-Vorgabe im Vergleich?
Im Vordergrund steht für den ACE Auto Club Europa die Verkehrssicherheit. Deshalb unterstützen wir die Tatsache, dass Elektroautos hörbar gemacht und dadurch Unfälle mit Fußgängern und Radfahrern verhindert werden können. Insbesondere sehbehinderte Menschen haben sich für die Erarbeitung dieser Regelung eingesetzt. Für sie ist das Geräusch ein wichtiger Indikator, um Geschwindigkeit und Entfernung herankommender Autos abzuschätzen. In der Regelung geht es um Mindestgeräusche für elektrisch betriebene Fahrzeuge. Ab einer Geschwindigkeit von 20km/h haben auch E-Fahrzeuge ein hinreichend hohes Eigengeräusch (u.a. Abrollgeräusch der Reifen), so dass der Gesetzgeber der Ansicht war, dass künstliche Zusatzgeräusche nur bis 20km/h notwendig sind. Ziel ist ein sichererer Straßenverkehr, ohne die Geräuschbelastung signifikant zu erhöhen.
Die europäische Regelung ist nicht mit den US-Anforderungen harmonisiert, da dem Gesetzgeber die US-Anforderungen zu weit gingen. Diese waren so scharf, dass teilweise heutige konventionelle Fahrzeuge diese Regelungen nicht eingehalten haben, da sie zu leise waren.
Die Geräusche sollen mit denen eines Verbrennungsmotors vergleichbar sein, sind aber nicht näher spezifiziert. Droht die große Kakophonie auf der Straße?
Dass AVAS tatsächlich zur Verkehrssicherheit von Fußgängern und Radfahrern beitragen kann, funktioniert natürlich nur, wenn das Autogeräusch realistisch klingt. Die Hersteller haben von der EU einen Rahmen vorgegeben bekommen, nach dem das Dauerschallzeichen der E-Autos dem Geräusch eines Verbrennungsmotors entsprechen und eindeutig auf das Fahrzeugverhalten hinweisen muss. Beim Beschleunigen muss der Wagen also anders klingen als beim Bremsen (Seite 46, Anhang VIII, Punkt 3a-c). Von einer „großen Kakophonie auf der Straße“ kann demnach nicht die Rede sein – nicht mehr als jetzt jedenfalls. Durch die Vorgabe „mit dem Geräusch eines mit Verbrennungsmotor ausgestatteten Fahrzeugs der gleichen Klasse vergleichbar“ sind synthetisch erzeugte ggf. störende Brumm-, Pfeif- oder Piepstöne schließlich keine Alternative. Die bisherigen Erfahrungen mit den künstlichen Geräuschgeneratoren werden positiv beurteilt und führen zu keiner signifikanten Geräuschbelastung.
Auf den Straßen fahren zunehmend auch andere E-Fahrzeuge. Welche Regeln sollten für E-Mopeds, -Roller etc. gelten?
Auch hier steht die Verkehrssicherheit im Vordergrund. Fahrer von Elektrokleinstfahrzeugen müssen auf sich aufmerksam machen können. Bei Bedarf sollten sie ein Signal erzeugen können, um Fußgänger oder Radfahrer auf sich aufmerksam zu machen. Für Pedelecs und Elektrokleinstfahrzeuge wie Tretroller mit E-Antrieb genügt eine helltönende Fahrradklingel, Elektrokleinfahrzeuge (Führerscheinklasse L1e) wie S-Pedelecs und alle schnelleren Fahrzeuge benötigen eine Hupe nach ECE-R 28 oder eine mindestens 75 Dezibel laute, bestimmte Schallzeichenanlage.
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