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Wie E-Autos smart klingen könnten

Und Dauerschallzeichen vermieden würden

Michael Jäcker-Cüppers - Vorsitzender Arbeitsring Lärm der DEGA (ALD) der Deutschen Gesellschaft für Akustik e.V. (DEGA) Quelle: Stephan Roehl Michael Jäcker-Cüppers Vorsitzender Arbeitsring Lärm der DEGA (ALD) der Deutschen Gesellschaft für Akustik e.V. (DEGA) 23.04.2019
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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Aus der Sicht des Lärmschützers Michael Jäcker-Cüppers von der Deutschen Gesellschaft für Akustik verlieren E-Kfz durch eine neue EU-Richtlinie "ihren Vorteil der geringeren Geräuschemissionen". Er würde sich spezielle technische Lösungen wünschen, die den Dauerkrach der E-Autos verhindern könnten.







Im Sommer tritt eine EU-Verordnung in Kraft, nach der E-Autos sicherheitshalber Geräusche machen sollen – wofür brauchen wir lautere E-Autos?
Die für die elektrisch betriebene Kfz (zur Personen- und Güterbeförderung) vorgeschriebenen akustischen Warnsysteme (AVAS) entsprechen einer Forderung der Blindenverbände: Die Wahrnehmung von differenzierten Geräuschen sehen sie als Voraussetzung für ein autonomes Handeln und Bewegen im Straßenverkehr, sodass sie anderen Verkehrsteilnehmern gleichgestellt sind („Blinde und sehbehinderte Fußgängerinnen sollten wie alle anderen Bürger/Innen auch, dass Recht haben, selbständig, sicher und ohne Erschwernisse im Straßenverkehr unterwegs zu sein“[1]).

Aus der Sicht des Lärmschutzes verlieren damit E-Kfz ihren Vorteil der geringeren Geräuschemissionen. Besonders problematisch ist die Vorgabe eines „Dauerschallzeichens“ bestimmter Laustärke ungeachtet der spezifischen Umgebung, in der sich das E-Kfz bewegt. Man stelle sich einen Pkw vor, der sich um Mitternacht einem ruhigen Wohngebiet nähert.

Wünschenswert wären deshalb andere technische Lösungen, die z. B. das vorgeschriebene Dauerschallzeichen vermeiden (Aktivieren des AVAS nur nach Identifizierung von Personen, und auf sie gerichtete Warnsignale). Die Vorgaben für AVAS sehen zwar die Möglichkeit vor, es auszuschalten, das setzt aber bei Fahrerinnen und Fahrern ein Bewusstsein über die Lästigkeit der Geräusche ihrer Fahrzeuge voraus, das allerdings schon bei traditionellen Kfz nicht weit verbreitet zu sein scheint.

In Europa sollen die Geräusche bis zu einer Geschwindigkeit von 20 km/h auf E-Autos aufmerksam machen, in den USA sind es 30 km/h. Wie bewerten Sie die EU-Vorgabe im Vergleich?
Die europäische Regelung führt zu geringeren Belästigungen und ist daher das geringere Übel. Sie ist auch begründet, da die Geräuschemissionen von Pkw spätestens bei Tempo 30 vom Reifen-Fahrbahn-Geräusch dominiert werden.

Die Geräusche sollen mit denen eines Verbrennungsmotors vergleichbar sein, sind aber nicht näher spezifiziert. Droht die große Kakophonie auf der Straße?
Das ist in der Tat zu befürchten, jedenfalls ist die Versuchung für die Pkw-Hersteller groß, markenspezifische Geräusche oder solche zu wählen, die den Eindruck des Kraftvollen vermitteln. Wie anders könnte z. B. ein elektrifizierter Jeep Renegade seinem Werbeslogan „Born to be wild“ gerecht werden?
 
Auf den Straßen fahren zunehmend auch andere E-Fahrzeuge. Welche Regeln sollten für E-Mopeds, -Roller etc. gelten?
Geräusche von Mopeds und Motorrädern sind in der Regel stärker belästigend als die von Pkw. Die Elektrifizierung dieser Fahrzeuge wäre ein wichtiger  Beitrag zur Lärmbekämpfung. Die Vorschrift, dass E-Fahrzeuge durch AVAS ein Geräusch haben müssen, dass mit dem eines mit Verbrennungsmotor ausgestatteten Fahrzeugs gleicher Klasse vergleichbar ist, wäre bei den motorisierten Zweirädern besonders problematisch. Sollte AVAS auch für die E-Krafträder eingeführt werden, sollten die zulässigen Pegel des „Dauerschallzeichens“ deutlich niedriger als die Geräuschemissionen der Verbrennungsmotor-Varianten sein.

 


[1] Siehe Weltblindenunion: „Geräuscharme Autos - grundlegende Anforderungen an ein AVAS-System“
https://www.dbsv.org/files/ueber-dbsv/internationales-engagement/Papier_AVAS_Anforderungen.doc

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