Welche Möglichkeiten bieten digitale Technologien für die Stau-Warnung? Und wie werden diese in Ihrem Bundesland genutzt, bzw. sollten genutzt werden?
Ein leistungsfähiges Verkehrssystem ist angesichts des zunehmenden Personen- und Güterverkehrs alleine mit Neu- und Ausbau nicht zu erreichen. Vielmehr ist eine sichere, bedarfsorientierte und intelligente Nutzung der vorhandenen Infrastruktur erforderlich. Hierzu leisten digitale Technologien einen sehr wichtigen Beitrag. Die Digitalisierung des Verkehrs bietet mit der Entwicklung hin zum automatisierten und vernetzten Fahren enormes Potenzial. NRW beteiligt sich daher an dem europaweit ersten länderübergreifenden Pilotprojekt C-ITS.
Auch sonst ist NRW federführend. Fast ein Drittel der 1.608 Straßenkilometer auf den Autobahnen in Deutschland, die mit digitalen Verkehrsbeeinflussungsanlagen ausgerüstet sind, liegen in NRW! Im Unterschied zur statischen Beschilderung werden mithilfe von Verkehrsbeeinflussungsanlagen verkehrsabhängige, d.h. auf die aktuelle Verkehrssituation angepasste Vorgaben und Hinweise an die Verkehrsteilnehmer gegeben. Dadurch werden Verkehrssicherheit und Verkehrsablauf deutlich verbessert. Auf den 2.220 km Autobahn in NRW (entspricht 4.440 Richtungskilometern) gibt es aktuell 21 Stauwarn- und Streckenbeeinflussungsanlage auf circa 520 Richtungskilometern, 97 Zuflussregelungsanlagen an Anschlussstellen, 75 dWiSta-Tafeln für aktuelle Verkehrsinformation und Umleitungsempfehlungen und 500 Messstellen zur Erfassung von Verkehrsdaten.
Bei alldem spielt die 2013 in Leverkusen eröffnete Verkehrszentrale eine zentrale Rolle: Die vormals dezentrale Organisations- und Kompetenzstruktur für den Bereich Verkehrsmanagement wurde erfolgreich gebündelt.
Welche Rolle spielen rundfunkbasierte Technologien für die Verkehrssicherheit und die Stauvermeidung?
Rundfunkbasierte Technologien werden immer, insbesondere bei kurzfristigen Gefahrenlagen wie Geisterfahrern eine wichtige Rolle spielen.
In einzelnen Bundesländern gibt es ein ausgeklügeltes Baustellenmanagement für Autobahnen. Wie ist das in Ihrem Bundesland? Bzw. wie sollte es sein?
Fast 50 % der Staus auf den Autobahnen NRW werden durch Baustellen verursacht. Auch wenn es sich häufig um unvermeidbare Auswirkungen von unerlässlichen Ausbau- bzw. Erhaltungsmaßnahmen der Infrastruktur handelt, besteht gerade im Bereich Baustellenplanung ein großes Vermeidungspotenzial von Staus, insbesondere in einem so engmaschig strukturierten Autobahnnetz wie in NRW.
Hier entfaltet das Baustellenmanagement der Verkehrszentrale seine Wirksamkeit. Eine möglichst langfristig abgestimmte Projektplanung und eine maximale Erhöhung der Flexibilisierung bei den Tages- und Kurzbaustellen mit dem Fokus auf das übergeordnete Netz bewirken spürbar positive Effekte auf die Stausituation in NRW. Selbstverständlich werden in den Arbeitsprozessen der Verkehrszentrale wichtige Vorgaben für die Baustellenplanung, wie z. B. die Vermeidung von Fahrstreifenreduktion oder das Einhalten von zulässigen Zeitfenstern, stets berücksichtigt. Einen großen Qualitätssprung verspricht die Implementierung einer neuen Software, die die georeferenzierte Versorgung und behördenübergreifende Verteilung von Baustellendaten ermöglicht.
Darüber hinaus werden in NRW alle bauvertraglichen Möglichkeiten, z. B. 6-Tage-Woche, Nachtarbeit, die der Bund als zuständiger Straßenbaulastträger zulässt, zur Reduzierung von Bauzeiten ausgenutzt.
Im kommenden Jahr geht das automatische Notrufsystem eCall an den Start. Die anfallenden Daten könnten auch zur Stauvermeidung genutzt werden – wie stehen Sie dazu?
eCall kann sicher auch zur Stauvermeidung genutzt werden, auch wenn diese Nutzung nicht im Vordergrund steht. Allerdings müssen datenschutzrechtliche Bedenken ernst genommen und ausgeräumt werden.