Verschiedene Politiker fordern, im Unterricht verstärkt auf Smartphones zu setzen. Wie stehen Sie dazu?
Schülerinnen und Schüler greifen in ihrer Freizeit wie selbstverständlich zum Smartphone oder zum Tablet. Und auch an vielen Schulen ist das digitale Zeitalter längst angebrochen. Ich glaube, das ist auch gar nicht anders möglich, wenn man bedenkt, dass es eine der Aufgaben von Schule ist, die Schülerinnen und Schüler auf eine spätere Berufstätigkeit in einer zunehmend digitalisierten Welt vorzubereiten. An den Schulen müssen die Schülerinnen und Schüler lernen, reflektiert und verantwortungsvoll mit den neuen technischen Möglichkeiten umzugehen.
In Niedersachsen setzen wir erfolgreich auf den „Bring your own device“-Ansatz, d.h. die Schülerinnen und Schüler arbeiten mit den mobilen Endgeräten, die ihnen bereits vorliegen. Es muss für Schule nicht noch einmal extra etwas Neues angeschafft werden.
Ein Problem aus Sicht der Kritiker – nicht alle Kinder haben Smartphones. Wie kann frühzeitige digitale Spaltung der Gesellschaft verhindert werden?
Ich möchte Ihnen am Beispiel eines Projektes erläutern, wie wir hier in Niedersachsen mit der Fragestellung umgehen. Wir haben gerade das Projekt Niedersächsische Bildungscloud (www.Niedersachsen.Cloud) gestartet. Auch dort arbeiten wir nach dem „Bring your own device“-Ansatz. Wir werden aber explizit darauf achten, die Cloud so zu konzipieren, dass die mobilen Endgeräte der Schülerinnen und Schüler lediglich gewisse webbasierte Mindestanforderungen für das Arbeiten in der Cloud erfüllen müssen. Das können in der Regel bereits kostengünstige Tablets. Es muss also nicht das teure Marken-Tablet sein. Denn für uns ist klar: Wir wollen allen Schülerinnen und Schülern den Zugang zu digitaler Bildung ermöglichen. Niemand darf ausgeschlossen werden.
Welche Maßnahmen zur Digitalisierung treiben Sie in Ihrem Bundesland vorrangig voran?
Niedersachsen ist hier sehr gut aufgestellt. Am 5.7.2016 hat das Kabinett das Landeskonzept „Medienkompetenz in Niedersachsen – Ziellinie 2020“ beschlossen, in dem alle Maßnahmen und Ziele zusammengefasst sind, die sich das Land mit Blick auf das Thema Medienbildung bzw. Bildung in der digitalen Welt gegeben hat (www.medienkompetenz-niedersachsen.de). Das Konzept enthält verbindliche Schritte in allen Bildungsbereichen und entspricht bereits in vielen Punkten der „Strategie zur Bildung in der digitalen Welt“, die von der Kultusministerkonferenz am 8.12.2016 verabschiedet worden ist.
Unsere Maßnahmen reichen von einer Festschreibung verbindlicher Kompetenzen der Medienbildung in den Kerncurricula über die Verankerung dieser Themen in der Ausbildung unserer Lehrkräfte, entsprechende Weiterqualifizierungsangebote für Lehrkräfte, die Bereitstellung von Unterrichtsmaterialien und Beratungsangeboten, die Einführung von Tablet-Klassen, die Erprobung digitaler Schulbücher und den Unterricht per Videokonferenz für die Inselschulen bis hin zu Großprojekten wie der eben erwähnten Niedersächsischen Bildungscloud oder dem Projekt „BBS fit für 4.0“.
Der Bund will für einen sogenannten Digital-Pakt in den kommenden Jahren fünf Milliarden Euro für die Schulen zur Verfügung stellen. Wie bewerten Sie das? Insbesondere: Reicht das aus?
Grundsätzlich begrüße ich die Bereitschaft des Bundes, finanzielle Mittel für diese wichtige Zukunftsaufgabe zur Verfügung zu stellen. Was den Digital.Pakt#D angeht, ist bislang noch nicht geklärt, ob, wann, in welcher Weise und in welcher tatsächlichen Höhe das Geld die Länder erreichen wird. Insofern ist mir eine detaillierte Bewertung zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht möglich. Die Niedersächsische Landesregierung hat in den vergangenen Jahren umfassende Anstrengungen unternommen, um die Schulträger bei der Ausstattung mit IT-Infrastruktur bestmöglich zu unterstützen. Mit entsprechenden Fördermitteln des Bundes könnten wir weiter in investive und nachhaltige IT-Maßnahmen an Schulen investieren, insbesondere in die notwendige Breitband- und WLAN-Anbindung.
Klar ist aber auch: Wir brauchen darüber hinaus ebenfalls ein Engagement des Bundes bei anderen wichtigen Aufgaben – insbesondere bei baulichen Maßnahmen und beim Thema Ganztagsschule. Ich freue mich, wenn wir mit den 3,5 Milliarden Euro, die der Bund für die Verbesserung der Schulinfrastruktur in finanzschwachen Kommunen zur Verfügung stellen will, hier einen Schritt weiterkommen.
Abgesehen von der technischen Ausstattung – wie werden die Lehrer fit für die digitale Zukunft?
Wir versuchen, unsere Lehrerinnen und Lehrer hier bestmöglich zu unterstützen – zum einen, indem wir diese Themen bereits in die Ausbildung integrieren. Zum anderen, indem wir die Lehrerinnen und Lehrer, die an unseren Schulen bereits erfolgreich arbeiten, konsequent fort- und weiterbilden. Unseren Schulen in Niedersachsen steht ein umfangreiches Beratungsnetzwerk zur Verfügung. Dazu gehören unter anderem das Niedersächsische Landesinstitut für schulische Qualitätsentwicklung (NLQ) mit seiner medienpädagogischen Beratung, die Landesinitiative n-21: Schulen in Niedersachsen online e.V. mit ihrem Referenzschulnetzwerk, die Niedersächsische Landesschulbehörde und die Niedersächsische Landesmedienanstalt u.a. mit den Multimediamobilen. Bei meinen Schulbesuchen im Land bin ich immer wieder beeindruckt, was die Lehrerinnen und Lehrer im Bereich digitaler Bildung bereits alles leisten. Daher möchte ich an dieser Stelle auch einmal meinen herzlichen Dank an alle Lehrkräfte für ihr Engagement bei diesem wichtigen Zukunftsthema aussprechen!