Verschiedene Politiker fordern, im Unterricht verstärkt auf Smartphones zu setzen. Wie stehen Sie dazu?
Smartphones gehören inzwischen zur Lebenswelt fast aller Schülerinnen und Schüler. Nach der aktuellen JIM-Studie 2016 (Jugend, Information, (Multi-)Media) verfügen über 95% der zwischen 12- und 19-Jährigen über ein eigenes Smartphone. Schülerinnen und Schüler können dieses Smartphone im Unterricht als ein sinnvolles Werkzeug und Hilfsmittel erfahren, wenn es von den Lehrkräften pädagogisch und didaktisch sinnvoll in den Unterricht integriert wird. Aber die digitale Bildung beschränkt sich nicht auf Smartphones. Diese sind hinsichtlich der Anwendemöglichkeiten eher begrenzt.
Zudem sind natürlich offene rechtliche, organisatorische und pädagogische Fragen zu klären, die hinter einem solchen Konzept von „Bring your own device“ stehen. Wie geht die Schule und die Lehrkraft mit der technischen Heterogenität der Ausstattung der Schülerinnen und Schüler um? Was ist mit Schülern, die über keine oder eine schlechtere eigene Ausstattung verfügen? Wir begleiten hier die Entwicklung.
Ein Problem aus Sicht der Kritiker – nicht alle Kinder haben Smartphones. Wie kann frühzeitige digitale Spaltung der Gesellschaft verhindert werden?
Es ist das vorrangige Ziel unserer Strategie „Digitale Bildung in Schule, Hochschule und Kultur“ (www.km.bayern.de/digitalisierung), alle Schülerinnen und Schüler sowie Studierende auf die digitaler werdende Welt von morgen so vorzubereiten, dass die Chancen genutzt und die Herausforderungen angenommen werden können. Im Zuge der Bildungsgerechtigkeit ist es geboten, allen Schülerinnen und Schülern, unabhängig von deren medialer Ausstattung, digitales Lernen zu ermöglichen. Die gesellschaftliche Teilhabe wird künftig auch vom kompetenten und zielorientierten Umgang mit den digitalen Medien abhängen, nicht zuletzt deswegen spricht man ja inzwischen von einer „vierten Kulturtechnik“ neben Lesen, Schreiben und Rechnen. Die Kommunen stellen hier die Ausstattung an den Schulen sicher.
Welche Maßnahmen zur Digitalisierung treiben Sie in Ihrem Bundesland vorrangig voran?
In unserer Strategie sind vier Handlungsfelder benannt, in denen wir gleichermaßen Verbesserungen anstreben: Das ist zum einen die Optimierung der Rahmenbedingungen, also die IT-Ausstattung. Zudem ist auch die Bereitstellung rechtlicher Rahmenbedingungen von Bedeutung, wie auch von Inhalten und Werkzeugen. Als Beispiel hierfür wäre unser virtuelles Landesmedienzentrum „mebis“ zu nennen, das die Schul- und Unterrichtsentwicklung mit digitalen Medien wie auch die Entwicklung von Medienentwicklungsplänen und Medienkonzepten an den Schulen weiter vorantreibt. Selbstverständlich sind dabei auch die Lehrkräfte, die nach wie vor der entscheidende Faktor im unterrichtlichen Geschehen sind und damit auch ihren Beitrag leisten, von höchster Bedeutung, digitale Bildung zu verwirklichen und umzusetzen.
Der Bund will für einen sogenannten Digital-Pakt in den kommenden Jahren fünf Milliarden Euro für die Schulen zur Verfügung stellen. Wie bewerten Sie das?
Das Angebot von Kollegin Johanna Wanka begrüße ich nachdrücklich. Es zeigt die gemeinsame Verantwortung von Bund, Ländern und Gemeinden für eine moderne Bildungsinfrastruktur. Ob die Förderung durch den Bund rechtlich möglich ist, bleibt zu prüfen. Wenn diese Förderung unter Wahrung der gegenseitigen Verantwortlichkeiten rechtlich möglich ist, kann dieses Angebot eine besondere Form des kooperativen Föderalismus darstellen. Diese zeigt sich auch auf anderen Handlungsfeldern. Die Länder und der Bund haben auch bisher in bestimmten Feldern eng zusammengearbeitet, zum Beispiel bei Fragen der Berufsorientierung und der Sprachförderung.
Abgesehen von der technischen Ausstattung – wie werden die Lehrer fit für die digitale Zukunft?
Lehrkräfte müssen medienpädagogisch qualifiziert sein, um den Erfordernissen digitaler Bildung gerecht werden zu können. Medienkompetenz ist daher in Bayern selbstverständlicher Teil der Ausbildung der Lehrkräfte und ebenso fest in der Fortbildung verankert.
Lehramtsstudierende aller Schularten absolvieren im Zuge ihrer Ausbildung ein umfangreiches erziehungswissenschaftliches Studium. In den Kerncurricula zu den Fächern der Lehramtsprüfungsordnung I (LPO I) werden in Schulpädagogik medienerzieherische und mediendidaktische Konzepte als wesentlicher Bestandteil des erziehungswissenschaftlichen Studiums und damit auch als relevanter Prüfungsinhalt festgelegt. Eine Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten zur Vermittlung von Medienkompetenz im betreffenden Fachunterricht wird durch die LPO I auch im Rahmen der jeweiligen Fachdidaktiken gefordert.
Angehende Lehrkräfte sollen zukünftig noch stärker darauf vorbereitet werden, den Erfordernissen digitaler Bildung gerecht werden zu können. Im Rahmen des Förderprogramms „Digitaler Campus Bayern“ werden daher drei Projekte unterstützt, die sich einer Intensivierung der fächerspezifischen IT-Grundausbildung von Lehramtsstudierenden widmen. Ziel der drei Projektinitiativen ist die Entwicklung und Bereitstellung geeigneter Online-Kursangebote, die von allen bayerischen Universitäten übernommen und in ihr Studienangebot integriert werden können.
Die staatliche Lehrerfortbildung bietet sowohl auf zentraler als auch auf regionaler und lokaler (im Bereich der Staatlichen Schulämter) Ebene ein breites Angebot an Fortbildungsveranstaltungen zum Themenfeld „Digitale Bildung“.
Im neuen Schwerpunktprogramm für die Lehrerfortbildung für die Jahre 2017 und 2018 ist der Bereich „Digitale Bildung, Medienbildung und -erziehung“ einer von insgesamt fünf Fortbildungsschwerpunkten.