MEINUNGSBAROMETER.INFO

DIGITALISIERUNG

DAS FACHDEBATTENPORTAL

Für Entscheider aus Politik, Wirtschaft, Medien & Gesellschaft


schliessen

Bitte hier einloggen:

Login

Passwort vergessen?
 
22.03.2023
Kopieren und anderweitige Vervielfältigungen sind nicht erlaubt.

NEUER DAB+-SENDER ÜBERRASCHT VON RESONANZ

Radio Technikum über erste Erfahrungen auf dem Bundesmux in Österreich

[Quelle: FEEI/ Steve Haider]


"Offenbar gibt es bereits deutlich mehr Empfangsgeräte in den Haushalten und Fahrzeugen als wir ursprünglich angenommen hatten, denn sonst wäre der hohe Grad an Rückmeldungen wohl nicht möglich", schätzt Gernot Fischer, Geschäftsführer von Radio Technikum ein. Sein Unternehmen strahlt Technikum ONE über DAB+ aus - insgesamt sind neun Privatprogramme seit Mai über den Bundesmux on air.


In Österreich ist unlängst ein nationaler DAB+ Mux auf Sendung gegangen – wie ist die erste Resonanz aus Ihrer Sicht?
Für uns war es als Programmveranstalter überraschend, wie viele Rückmeldungen zu unserem Programm Technikum ONE gleich nach Sendestart am 28.5. aus den Bundesländern kamen. Wir haben mit der Marke Radio Technikum in Ostösterreich zwar maßgeblich den Markt für DAB+ aufbereitet und als erster DAB+ Sendernetzbetreiber Österreichs Pionierstatus erlangt, aber mit einem so raschen Erfolg bei der bundesweiten Versorgung haben auch wir nicht gerechnet. Offenbar gibt es bereits deutlich mehr Empfangsgeräte in den Haushalten und Fahrzeugen als wir ursprünglich angenommen hatten, denn sonst wäre der hohe Grad an Rückmeldungen wohl nicht möglich.

Für unser Programmteam war es auf jeden Fall eine merkliche Umstellung, plötzlich ganz Österreich anzusprechen, wobei redaktionell der gesamte Programminhalt für die nationale Versorgung ausgeweitet wurde. Mittlerweile hat sich alles eingespielt und es macht dem gesamten Team Freude, nun bundesländerübergreifend mit den Hörern zu interagieren.

Schon im Vorfeld meldete der Handel eine starke Nachfrage nach Empfangsgeräten – wie sieht es mit der Marktdurchdringung inzwischen aus?
Wie bereits angemerkt, dürften die Zahlen, mit denen wir operieren können, in der Realität bei weitem übertroffen worden sein. Das liegt daran, dass zwar ein Handels-Panel für Radiogeräte existiert, aber nur ein Teil der Großflächenvertriebsform und einige Einkaufsgemeinschaften dort auch einmelden. Uns fehlen im Wesentlichen die Zahlen zu den Internetverkäufen, also von Amazon, Ebay, usw. genauso, wie die Anzahl der Fahrzeuge, die mit DAB+ ausgeliefert wurden. Ich gehe jedenfalls von konservativ betrachtet 700.000 – 1 Mio. Empfangsgeräten aus, die mittlerweile in den Haushalten verfügbar sind – damit sind immerhin zumindest 18% der österreichischen Haushalte versorgt.

Künftig müssen Autoradios in Neuwagen DAB+ empfangen können. Wie sieht es in Österreich mit der Verfügbarkeit des digitalen Radios auf Autobahnen und Fernstraßen aus?
Das nationale Netz hat in erster Linie die großen Ballungsräume im Fokus und danach die Hauptverkehrsstrecken. Im Großen und Ganzen war bereits der Ausbau in der ersten Startphase sehr zufriedenstellend, wobei die Südautobahn von Wien bis zum Wechselgebiet bereits davor durchgängig vom MUX II Wien versorgt wurde. Nun mit Aufschalten des nationalen Multiplexes kann man auf der Südstrecke von Wien bis zur Abfahrt Wolfsberg Nord in Kärnten fahren und hat nur kurze Versorgungslücken, in erster Linie natürlich in den Tunnels. Am Ende der Aufbauphasen wird man dann sehen, wo eventuell noch Füllsender notwendig sein werden und ob man Tunneleinspeisungen vornehmen wird müssen. Die Versorgung der wesentlichen Straßenabschnitte werden wir jedenfalls forcieren, da TPEG-Verkehrsinformationen bereits aufgebaut werden – damit werden die Navigationsgeräte in den Fahrzeugen mit allen vorliegenden Verkehrsinformationen versorgt werden können und das ganz ohne mobiles Internet.

Derzeit sind neun private Programme im Bundesmux zu empfangen – inwieweit ist dieses Angebot hinreichend, um DAB+ in Österreich zum Durchbruch zu verhelfen?
Wir sind hier am Anfang – die neun Programme waren jene, die von Anfang an Österreich im Fokus hatten und natürlich vom Start weg gleich dabei waren. Der MUX II Wien, der den Osten des Landes bereits seit über einem Jahr versorgt, ist komplett voll, womit ca. 3 Mio. Menschen bereits 25 Programme empfangen können und es werden weitere regionale/lokale Multiplexe projektiert. Die freien Programmplätze am nationalen Multiplex wären grundsätzlich begehrt, aber ich denke, die werden vorerst noch für den ORF in Reserve gehalten, da dies eine Auflage im MUX-Bescheid ist. Der Hintergrund – und ich denke Ihre Frage zielt genau darauf ab – ist, dass der ORF sich aus diversen Gründen bei DAB+ nicht beteiligen möchte, dies aber aufgrund einer künftigen Änderung des ORF-Gesetzes aber vielleicht muss. Das hängt natürlich davon ab, wie die Wahlen im September ausgehen und wie die nächste Regierung mit dem Thema umgehen will. Über die Grenzen geschaut, forcieren andere Regierungen den Ausbau von DAB+ und fördern entsprechend. Je rascher DAB+ ausgebaut wird und je mehr Programme diesen Verbreitungsweg nutzen, desto schneller kann man die deutlich höheren UKW-Kosten einsparen – wir reden hier von einem Faktor 10-12.

In Norwegen wurde UKW bereits abgeschaltet, in Deutschland sorgt eine Entscheidung des Niedersächsischen Landtages gegen DAB+ für einen Rückschlag – wie sehen Sie die Zukunft des digitalen Radiostandards im europäischen Kontext?
Der Zeitpunkt, an dem es kein Zurück mehr gibt, ist bereits überschritten. Bis heute wurden weltweit 75 Mio. Empfangsgeräte verkauft, davon 12 Mio. Geräte alleine in Deutschland. Daran sieht man, dass DAB+ stark im Vormarsch ist, obwohl andere Technologien immer wieder für Rundfunk genannt werden – allen voran 5G. Mittlerweile ist aber klar, dass 5G keine Konkurrenztechnologie zu DAB+ bei linearen Hörfunkprogrammen sein wird, sondern nur eine Ergänzung für zeitversetztes Hören. Damit ist auch der Ausbau der DAB+ Infrastruktur absolut zukunftssicher und es lassen sich die Projektierungen neuer Versorgungsgebiete um einiges entspannter angehen. Den politischen Ausritt des Niedersächsischen Landtages möchte ich von meiner Warte nicht kommentieren.