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Mehr als nur ein bunter Button „Vielfaltsangebot“

Was der neue Medienstaatsvertrag bringt - und was darauf folgen wird

Prof. Dr. Stephan Ory, Kanzlei Prof. Dr. Stephan Ory Quelle: Kanzlei Prof. Dr. Stephan Ory Prof. Dr. Stephan Ory Direktor Institut für Europäisches Medienrecht 05.11.2019
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Dipl.- Journ. Thomas Barthel
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Für Prof. Dr. Stephan Ory geht es bei einer neuen Medienordnung um die großen Fragen: "Wie sichern wir die Werbeeinnahmen für lokale und regionale Anbieter? Wie verhindern wir, dass Werbegelder zu Tech-Firmen in die USA gehen, die hier keine Steuern zahlen und erst recht vor Ort keinen Journalismus finanzieren?" Der Anwalt und Direktor des Instituts für Europäisches Medienrecht (EMR) schätzt den wohl kommenden Medienstaatsvertrag ein.







Nach Medienberichten sollen nach dem künftigen Medienstaatsvertrag Web-Video-Kanäle bis zu einer Relevanzschwelle anmeldepflichtig und darüber zulassungspflichtig werden. Wie viel Regulierung brauchen Web-Video-Anbieter?
Das sind ja zwei Fragen. Die eine ist, was die Funktion einer Rundfunk-Zulassung sein soll. Meine persönliche Auffassung ist, dass das heute wegfallen kann. Wichtiger sind Vielfaltssicherungen bei der Zuweisung knapper Ressourcen wie etwa bei Sendeplätzen auf DAB+. Das andere Thema sind identische Anforderungen etwa beim Jugendschutz, bei europäischem Content oder bei der Werberegulierung völlig unabhängig davon, ob etwas linear beim Nutzer ankommt oder er das als Web-Video anklickt. Die Frage nach der speziellen Regulierung von Web-Video-Anbietern erinnert mich an die alten Zeiten, als Jugendschutz im Kino anders bewertet wurde als bei VHS-Kassetten - Dirty Harry war im Kino ab 16 frei, als Kassette ab 18. Ähnlich komisch wird uns bald die Differenzierung nach TV und Web-Video vorkommen.

Die Werberegeln für klassische TV-Sender sollen gelockert werden, etwa bei Kinderprogrammen. Was würden die neuen Regeln für Anbieter und Zuschauer bedeuten?
Das ist ein Randthema. Viel wichtiger ist doch, wie wir zukünftig Redaktionen finanzieren, die Ressourcen für eigenständige Recherchen haben. Wie sichern wir die Werbeeinnahmen für lokale und regionale Anbieter? Wie verhindern wir, dass Werbegelder zu Tech-Firmen in die USA gehen, die hier keine Steuern zahlen und erst recht vor Ort keinen Journalismus finanzieren? Antwort offen.

Plattformen wie YouTube oder Facebook sollen als "Medienintermediäre" die Inhalteanbieter nicht diskriminieren dürfen und Angebote hervorheben, die in besonderem Maße die Meinungs- und Angebotsvielfalt fördern. Wie lässt sich das effektiv sicherstellen?
Schritt eins - es muss feststehen, welche Angebote für die Meinungsvielfalt wichtig sind. Das zu bewerten und festzustellen, können die Medienanstalten, da haben die Gremien Übung. Der zweite Schritt ist schwieriger, denn die Algorithmen der Anbieter sind darauf dressiert, zu Suchfragen immer passendere Ergebnisse anzuzeigen - wenn man so will, sind das immer radikalere Ansichten zu einem Thema. Notwendig sind andere Ansichten zu und andere Perspektiven auf einzelne Themen. Das wird am Ende mehr sein als nur ein bunter Button „Vielfaltsangebot“ am Fuß der Seite neben den Links zu Impressum und Datenschutz.

Sogenannte "Social Bots" sollen künftig markiert werden. Wie sollte das konkret umgesetzt werden?
Vielleicht „Maschine“ dran schreiben? Bei „Werbung“ geht’s ja auch.

Auch aufgrund europäischer Vorgaben soll der Medienstaatsvertrag bald verabschiedet werden. Was sollte aus Ihrer Sicht in der endgültigen Fassung unbedingt noch stehen?
Politisch sind die Themen für diese Runde zu. Aber, um aus dem Protokoll der Rundfunkkommission vom 5. Juni 2019 zu zitieren: „Es besteht Einvernehmen darüber, dass die Anpassung des Rechtsrahmens an die digitale Transformation eine Aufgabe ist, die mit dem vorliegenden Diskussionsentwurf noch nicht abgeschlossen ist.“ Es geht also um die „Fortschreibung des Medienstaatsvertrages“. Die hier angesprochenen Themen der Zulassung und der Finanzierung publizistischer Angebote angesichts der Plattformökonomie stehen auf dem Zettel. Aber auch das Medienkonzentrationsrecht und weitere Fragen der Vielfaltssicherung. Der „1. MStV-Änd-StV“ wird kommen.

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