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Mehr Parkplätze - aber noch mehr LKW

Wie dem Mangel begegnet werden sollte

Dr. Heike van Hoorn - Geschäftsführerin Deutsches Verkehrsforum Quelle: DVF/ Thomas Koehler Dr. Heike van Hoorn Geschäftsführerin Deutsches Verkehrsforum 25.02.2020
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Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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"Der Bund ist bereits seit 2008 aktiv und hat viele neue Lkw-Parkplätze an Bundesautobahnen geschaffen", betont Dr. Heike van Hoorn, Geschäftsführerin des Deutschen Verkehrsforums. Doch die Zahl der Lkw habe noch stärker zugenommen als der Bau von Parkplätzen möglich war. Daher braucht es nun eine ganze Fülle von Maßnahmen.







Mit einem 5-Punkte-Plan will das BVMI gegen den LKW-Parkplatzmangel auf Autobahnen vorgehen. Wie akut sind die Probleme aus Ihrer Sicht?
Die Probleme sind nicht neu. Der Bund ist bereits seit 2008 aktiv und hat viele neue Lkw-Parkplätze an Bundesautobahnen geschaffen. Doch das Verkehrswachstum und damit auch die Zahl der Lkw haben stärker zugenommen als der Bau von Parkplätzen möglich war. Laut der aktuellen Studie des Bundesamtes für Straßenwesen BAST fehlten im Jahr 2018 über 23.000 Parkplätze. Das ist ein großes Problem, denn die Lkw-Fahrer können ihre gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezeiten nicht einhalten, müssen möglicherweise auf unbewachten Plätzen parken oder fahren weiter. Auch der Parksuchverkehr erhöht sich dadurch. Im Jahr 2008 gab es eine Kapazität von circa 53.800 Lkw Abstellmöglichkeiten. Diese wurde deutlich erhöht auf 70.770 in 2018, das ist eine Steigerung von 31 Prozent. Die Anzahl der nachts abgestellten Lkw ist jedoch im selben Zeitraum von 68.139 Lkw auf 94.119 Lkw gestiegen,  das ist ein Plus von 38 Prozent. In der Summe hat sich also trotz größerer Parkplatzkapazität der Fehlbestand von 14.200 im Jahr 2008 auf 23.300 im Jahr 2018 erhöht.

Neben neuem Parkraum sollen auch verstärkt digitale Leitsysteme zum Einsatz kommen, wie es sie an manchen Autobahnen schon gibt. Wie können digitale Leitsysteme gegen den Parkraum-Mangel helfen?
Es liegt auf der Hand, dass die Suche nach einem Parkplatz nicht mehr dem Zufall überlassen werden kann. Die Lkw-Fahrer müssen ihre Ruhezeiten verlässlich planen können und einen sicheren Parkplatz finden. Digitale Leitsysteme werden auf Dauer unerlässlich. Momentan ist es so, dass nur einzelne Rastanlagen über freie Parkplatzkapazitäten informieren. Das verursacht Parksuchverkehre. Daher ist es richtig, dass das BMVI über die Datenplattform ITP (Intelligent Truck Parking) die momentan verfügbaren digitalen Informationen zusammenführt. Gemeinsam mit den Stakeholdern soll eine Plattform aufgebaut werden, die praxistauglich ist und auch die technischen Grundlagen für zukünftige europäische Lkw-Parkdienste bietet.

Durch telematisches Kolonnen- und Kompaktparken sollen bis zu 50 % mehr Parkraum durch Verdichtung gewonnen werden. Wie bewerten Sie das?
Hält man sich vor Augen, dass der physische Bau von Parkplätzen aus verschiedenen Gründen begrenzt ist und auch hohen Zeit- und Kostenaufwand bedeutet und dass aktuell über 23.000 Lkw-Stellplätze fehlen, geht gar kein Weg am Kolonnen- und Kompaktparken vorbei.

Digitale Leitsysteme können spürbar und kurzfristig die Stellplatzkapazität steigern. Unser Mitglied Gauff Telematics hat dies bei uns im DVF vorgestellt: Mit Kolonnenparken könnten etwa 15.000 Stellplätze kurzfristig geschaffen werden. Grundsätzlich funktioniert Kolonnenparken so, dass die Lkws, die am nächsten Morgen als erstes wieder abfahren wollen, auch als erste in der Reihe stehen. Es gibt verschiedene Testfelder, und Anfang 2019 wurde eine Anlage in Montabaur mit neuer Detektionstechnik von Gauff ausgerüstet. Mit 3D-Technik, in diesem Fall sind nur 4 Stück 3D-Laserscanner nötig, wird eine zentimetergenaue 3D Echtzeitvermessung mit einem Durchmesser von 120 Meter durchgeführt. Dadurch entschärfen sich außerdem viele Unfallgefahrenpunkte auf den Verzögerungsstreifen zu Rastanlagen. Ein weiterer wichtiger Vorteil.

Das BMVI arbeitet an einer Förderrichtlinie für Lkw-Stellplätze im Autobahn-Nahbereich. Was erwarten Sie davon?
Aus unserer Sicht ist das ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, denn auch abseits der Autobahn besteht ein Bedarf für den Ausbau an Stellplätzen. Neben Raststätten gibt es partnerschaftliche Initiativen von Logistikdienstleistern, um sich gegenseitig Zugang zu sicheren Stellplätzen zu gewähren. All das zeigt, wie groß der Ausbaudruck ist. Wichtig ist, dass sich die Förderprogramme nicht gegenseitig kanibalisieren, schließlich besteht auf den Rastplätzen noch weiterer Handlungsbedarf. Zudem müssen die Systeme auf der digitalen Seite miteinander vernetzt werden, damit die Lkw-Fahrer künftig auf ein einheitliches Informations- und Reservierungssystem zugreifen können.

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