Die neue AVMD-Richtlinie soll die Regeln für klassisches Fernsehen und für Angebote im Internet annähern – inwieweit ist das mit der jetzigen Einigung gelungen?
Der Richtlinienvorschlag der Kommission hatte zum Ziel, die Regeln für klassisches Fernsehen und für Angebote im Internet anzunähern. Viele Menschen konsumieren ihre audiovisuellen Inhalte nicht mehr nur über TV, sondern eben auch über Video-on-Demand Dienste oder Internetangebote. Diese waren bisher wenig bis gar nicht reguliert, sodass das Schutzniveau zum Beispiel für den Jugendschutz erheblich niedriger war als beim klassischen Fernsehen. Hier gab es Nachholbedarf. Das jetzige Verhandlungsergebnis ist ausgewogen, insbesondere in Bezug auf die Richtlinien für Video-sharing-Plattformen und audiovisuelle Inhalte in sozialen Medien, sowie für gleiche Wettbewerbsbedingungen aller Akteure der Kommunikation und für den Schutz europäischer Inhalte.
Durch die Anwendung gleicher Regeln auf gleiche Dienste, egal ob die Medieninhalte online oder offline konsumiert werden, haben wir die EU-Regulierung für das digitale Zeitalter fit gemacht. Der Schutz von Kindern und Minderjährigen hat für uns immer höchste Priorität. Wir haben jetzt ein Schutzniveau für Internet-Mediendienste ausgehandelt, das dem für traditionelle Rundfunkmedien gleicht. Die Transparenzregeln für Werbung und insbesondere für Produktplatzierung und Sponsoring gelten nun auch für nutzergenerierte Inhalte, die auf Videoplattformen hochgeladen werden. Dies schützt die Verbraucher, insbesondere Kinder und Minderjährige. Meine Fraktion hätte die Werbevorschriften für lineares Fernsehen gerne noch ein wenig gelockert um das Regelungsniveau noch weiter anzugleichen, hat dafür aber weder im Parlament noch im Rat eine Mehrheit bekommen.
Die neue Richtlinie schreibt VOD-Diensten eine 30-%-Quote für europäische Produktionen vor und sie sollen an der nationalen Filmförderung beteiligt werden können. Wie bewerten Sie das?
Ich halte das für wichtig und richtig. Die Kommission hatte vorgeschlagen, eine 20%-Quote für europäische Produktionen einzuführen. Im Zuge der Beratungen, während derer wir auch VOD-Dienste wie Netflix, Sky und Amazon angehört haben, versicherten diese uns, bereits heute diese Prozentquote zu überschreiten. Um einen Anreiz zu schaffen, vermehrt on europäische Produktionen zu investieren, hat das Europäische Parlament, genauso wie der Rat, die Quote etwas höher gesetzt als das, was sowieso bereits heute erfüllt wird. Dass VOD-Dienste auch an der nationalen Filmförderung beteiligt werden können, war ein Vorschlag, der aus dem Kreise der Mitgliedstaaten kam. Das Parlament konnte allerdings im Laufe der Verhandlungen wesentliche Voraussetzungen dafür klarstellen, sodass eine zu hohe Belastung für VOD-Dienste ausgeschlossen werden konnte. So können Mitgliedstaaten VOD-Dienste nur auf der Grundlage der Einnahmen an der nationalen Filmförderung beteiligen, die mit audiovisuellen Mediendiensten erzielt werden, die in ihrem Hoheitsgebiet bereitgestellt werden und auf sie ausgerichtet sind. Man muss dazu sagen dass VOD-Dienste, die in die nationalen Filmförderungstöpfe einbezahlen, eben auch von diesen profitieren sollen, um neue europäische Werke zu finanzieren.
Mit der neuen Richtlinie werden die Regeln zu den TV-Werbezeiten gelockert – wie gut sind die neuen Vorgaben aus Ihrer Sicht?
Die neuen Vorschriften sehen eine maximale Werbequote von 20% für den täglichen Sendezeitraum zwischen 6:00 und 18:00 Uhr vor und geben dem Sender die Flexibilität, seine Werbezeiten anzupassen. Zwischen 18:00 und 00:00 Uhr wurde ein Prime-Time-Fenster eingerichtet, in dem die Werbung maximal 20% der Sendezeit beanspruchen darf. Damit wurden einerseits die Werbezeiten für klassisches TV etwas gelockert, andererseits aber auch der Verbraucherschutz gewahrt, nicht zu viel Werbung im Fernsehen zu zeigen.
Nach der Einigung sollen bis Juni letzte Details verhandelt werden, bevor das Rat und EU-Parlament zustimmen sollen. Welche Änderungen wünschen Sie sich auf den letzten Verhandlungs-Metern noch?
Nach der formellen Übereinkunft von Rat und Parlament im Juni stimmt im Juli der Ausschuss für Kultur und Bildung, der die Verhandlungen leitet, über den Kompromiss ab. Eine Abstimmung im Plenum zur Annahme der neuen Regeln wird voraussichtlich im Herbst stattfinden.
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