Wie zufrieden sind Sie mit den Ergebnissen der Weltfunkkonferenz im Hinblick auf die weitere Entwicklungsfähigkeit des Rundfunks?
Mit einem derart für das digitale Antennenfernsehen nachhaltig positiven Ausgang der Weltfunkkonferenz haben wir offen gesagt nicht wirklich gerechnet. MEDIA BROADCAST begrüßt das Ergebnis der WRC-15, die Rundfunkzuweisung des UHF-Bandes im Bereich 470 bis 694 MHz unangetastet zu lassen. Die Entscheidung gibt der Einführung des neuen technischen Standards DVB-T2 HD in Deutschland Rückenwind und stärkt nachdrücklich die Rolle des digitalen Antennenfernsehens. Damit wurde nicht zuletzt auch eine zentrale Forderung von MEDIA BROADCAST zur Sicherung der frequenztechnischen Ausstattung der Digitalterrestrik erfüllt. Das Ergebnis der WRC-15 gibt allen an der Einführung von DVB-T2 HD in Deutschland Beteiligten nun wichtige Planungs- und Investitionssicherheit.
Was bedeuten die Ergebnisse im Sinne der Verbrauchersicherheit für die Nutzer terrestrischer Rundfunkdienste?
Mit den Ergebnissen der WRC-15 können sich Fernsehzuschauer jetzt auf das gesicherte und in jeder Hinsicht attraktive Antennenfernsehen der Zukunft auf Basis von DVB-T2 HD freuen. Die erforderlichen Frequenzressourcen für die Weiterentwicklung der digitalen Terrestrik stehen langfristig bereit. Damit kann der erfolgreiche Übertragungsweg für Digital-TV zukunftssicher und fit für neue Entwicklungen und Dienste gemacht werden. Mit der Entscheidung für den Umstieg auf den neuen technischen Standard DVB-T2 HD setzt der Verbraucher deshalb klar auf das richtige Pferd.
Konkret bedeutet das: Nach einer Einführungsphase mit geplanten sechs HD-Programmen im 2. Quartal 2016 wird DVB-T2 HD voraussichtlich im 1. Quartal 2017 mit rund 40 öffentlich-rechtlichen und privaten Programmen starten, überwiegend in HD und viele davon in bestmöglicher Full-HD-Qualität. Hinzu kommt das HbbTV-Portal multithek der MEDIA BROADCAST, das klassisches TV mit Internet-Kanälen, Apps und Online-Mediatheken verknüpft. All dies wie gewohnt einfach, mobil und preisgünstig in der Nutzung. Ergo: Die Digitalterrestrik bringt dem Verbraucher unter Beibehaltung ihrer einzigartigen Vorteile künftig noch mehr Vielfalt, Qualität und Interaktivität. Zudem werden die Zuschauer in zusätzlichen Regionen private Programme über die Antenne empfangen können. Und dank der Ergebnisse der WRC-15 kann der Verbraucher sicher sein, dass seine Investition in Endgeräte zum Empfang der neuen Digitalterrestrik auch zukunftssicher ist.
Deutschland steht kurz vor der Einführung des neuen DVB-T2 HD-Fernsehens, trotzdem gibt die Weltfunkkonferenz nur eine bescheidene Bestandsgarantie von 7 Jahren bis zum Jahr 2023? Ist das für den Fernsehzuschauer eine ausreichend lange Frist?
Der Eindruck täuscht: Der Bestandsschutz reicht weit über 2023 hinaus. Die Fakten der Beschlusslage der WRC-15 sprechen für sich: So ist die sogenannte koprimäre Zuweisung des UHF-Frequenzbereichs 470 bis 694 MHz an Rundfunk und Mobilfunk vom Tisch. Dieser Bereich bleibt rein dem Rundfunk vorbehalten. Und auch für die kommende WRC-19 ist nicht geplant, diese Zuweisung zu thematisieren. Vielmehr soll von diesem Zeitpunkt an zunächst eine eingehende Untersuchung der Nutzung des gesamten UHF-Frequenzbereiches 470 bis 960 MHz durch alle Funkdienste erfolgen. Das heißt auch im Bereich des Mobilfunks, der sich aufgrund der kontinuierlichen Zusatzausstattung mit Frequenzressourcen dann mitunter auch mit der Frage nach einer „Mobilfunk-Dividende“ im GSM-Sektor konfrontiert sehen könnte.
Das Ergebnis der o.g. Untersuchungen wird dann zunächst einmal auf der WRC-23 diskutiert. Hier findet lediglich eine ergebnisoffene Prüfung des gesamten UHF-Bandes statt. Der Eindruck, dass lediglich bis 2023 Sicherheit bestehe, ist daher nicht richtig. Zumal sich auf der jüngst beendeten WRC-15 eine Vielzahl von Staaten – insbesondere in Europa und in Afrika – klar und eindeutig für eine Fortsetzung der Nutzung des Frequenzbandes durch den terrestrischen Rundfunk auch über 2023 hinaus ausgesprochen haben.
Selbst wenn es zur WRC-27 eine derzeit überhaupt noch nicht erkennbare, mögliche Entscheidung zur Neuzuweisung des UHF-Bandes geben würde, so würde dies eine mehrjährige Umsetzungsphase bedingen. Damit folgt die Entscheidung der WRC-15 im Wesentlichen dem Lamy Report, der die langfristige Zuweisung des UHF-Bandes für den Rundfunk bis mindestens 2030 empfiehlt. Mehr Planungssicherheit geht nicht.
Mit welchen Maßnahmen wollen Sie die Fernseh-Terrestrik über dieses Datum 2023 hinaus absichern?
Wie gesagt: 2023 als Eckdatum scheidet aus. Die Frage stellt sich insofern derzeit nicht, die Frequenzausstattung der Digitalterrestrik ist langfristig gesichert. Gleichwohl beobachtet MEDIA BROADCAST die Entwicklung und die anstehende Untersuchung ab der WRC-19 sehr genau. Wir wissen: Der Rundfunk nutzt bereits heute das Spektrum sehr intensiv und effizient, z.B. gemessen an der insgesamt übertragenen Datenrate one-to-many und der im gleichen Spektrumsbereich stattfindenden weiteren Nutzung durch drahtlose Produktionsmittel. Die Räumung des 700 MHz-Bandes reduziert das vorhandene Spektrum enorm und intensiviert die o.g. Nutzung noch einmal um ein Vielfaches. Hinzu kommt, dass die anstehende Prüfung des UHF-Bandes den Mobilfunk genauer unter die Lupe nehmen wird. Dessen üppige Bedarfsprognosen werden sich an der Realität messen lassen müssen. All dies spricht aus jetziger Sicht für den Rundfunk. Aber wie gesagt: Wir ruhen uns auf dem Erreichten nicht aus und bleiben am Ball. Und mit unserem neuen Fernsehprodukt auf Basis des technischen Standards DVB-T2 HD glauben wir, ein attraktives Angebot im Köcher zu haben, das zunächst die Zuschauer und damit schließlich auch die politischen Entscheidungsträger überzeugen wird, das Rundfunkspektrum angesichts der Relevanz des Antennenfernsehens unangetastet zu lassen.
Kann der Rundfunk dauerhaft der wachsenden Marktkraft der Mobilfunkindustrie standhalten oder ist die Terrestrik über kurz oder lang ein Auslaufmodell?
Keineswegs, das Gegenteil ist der Fall. Die Terrestrik ermöglicht heute effizient sowohl den stationären als auch den portablen/mobilen TV-Empfang, was keine andere Verbreitungsplattform schafft. Und dies bei im Vergleich zum Mobilfunk attraktiven Konditionen. Und mit dem Start von DVB-T2 HD einschließlich einer hybriden Komponente auf Basis von HbbTV wird sie unter Einschluss von IP fit für die Zukunft gemacht. Das sichert die Position der Digitalterrestrik im Wettbewerbsumfeld. Darauf konzentrieren wir uns momentan maximal. Mobilfunk- und Rundfunktechnologie haben unbestritten ihre jeweiligen Stärken. In der Langfristperspektive werden wir sehen, wie sie diese ausspielen. Dabei wird es voraussichtlich auch auf eine kluge Kombination von beidem ankommen, wofür wir durchaus offen sind. Wir müssen uns immer vor Augen führen, dass keine der beiden Technologien per se besser oder schlechter ist. Die Kernfrage ist: Wofür, für welchen Datenverkehr? So wie es sinnvoller ist, Kohle mit Lastschiffen zu transportieren und nicht mit Kleintransportern, wird es unseres Erachtens auch zukünftig sinnvoller – wirtschaftlich wie technisch – sein, massenattraktive lineare Inhalte über terrestrischen Rundfunk one-to-many und nicht mit Mobilfunk one-to-one zu verbreiten. Wir nennen das Smart Broadcasting und sind der Überzeugung, dass diese Erkenntnis trotz verschiedenster Entwicklungen im Mobilfunk auch in vielen Jahren noch ganz schön smart sein wird.

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