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Gründer sind keine devoten Bittsteller - und Investoren keine Löwen

Wie die Business Angels Gründershows im TV sehen

Dr. Ute Günther, Co-Vorsitzende von Business Angels Netzwerk Deutschland (BAND) Quelle: BAND Dr. Ute Günther Co-Vorsitzende Business Angels Netzwerk Deutschland (BAND) 12.12.2017
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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"Grundsätzlich ist es zu begrüßen, dass Unternehmertum generell und die Start-up-Finanzierung durch Business Angels im Besonderen im Fernsehen eine Plattform erhält", sagt Dr. Ute Günther, Co-Vorsitzende von Business Angels Netzwerk Deutschland (BAND). Die Geschäftsfrau, die etwa auch Geschäftsführendes Vorstandsmitglied von pro Ruhrgebiet e. V. (VpR) und Geschäftsführerin der Startbahn Ruhr GmbH ist, weiß aber auch, dass TV-Shows vor allem der Unterhaltung dienen.







Nach dem Erfolg von „Die Höhle der Löwen“ folgen nun weitere Gründershows im deutschen TV. Können solche Formate aus Ihrer Sicht dazu beitragen, dass Unternehmergeist und Investitionsbereitschaft hierzulande gestärkt werden – oder ist das nur zur Unterhaltung gut?
Grundsätzlich ist es zu begrüßen, dass Unternehmertum generell und die Start-up-Finanzierung durch Business Angels im Besonderen im Fernsehen eine Plattform erhält. Start-ups sind die Zukunft unserer Volkswirtschaft und brauchen gerade am Anfang, in der ganz frühen Phase, oftmals finanzielle und unternehmerische Unterstützung, wie sie von Business Angels geleistet wird. Dafür kann man gar nicht genug werben. Wenn auch nur ein wohlhabender Unternehmer durch solche Sendungen motiviert wird, selbst in Start-ups zu investieren, ist ja schon viel gewonnen. Daneben können natürlich auch die Start-ups schon aus Marketinggründen von einem Auftritt in einer Fernsehsendung profitieren. Zehn Minuten Auftritt zur besten Sendezeit sind schließlich nicht in üblichen Marketingbudgets von jungen Unternehmen eingeplant.

Klar ist auch, dass das Fernsehen seine eigenen Gesetze hat und solche Sendungen vornehmlich der Unterhaltung dienen. Schwierig finde ich in der Darstellung allerdings diese für Casting-Shows typischen Elemente, die darauf abzielen, den ein oder anderen Gründer der Lächerlichkeit preiszugeben. Wenn man jetzt bei „Die Höhle der Löwen“ bleibt, kann ich auch mit der Stilisierung der Investoren als Löwen nur schwerlich etwas anfangen. Im wahren Leben ist es doch eher so, dass sich mit Gründer und Business Angel erst einmal zwei Unternehmer gegenüberstehen, die sich auf Augenhöhe begegnen und gegenseitig abklopfen, ob eine Partnerschaft für beide Seiten Sinn ergibt. Da passt das Bild vom Gründer als devoten Bittsteller in der Löwenhöhle nicht so recht dazu.

In Einzelfällen wurden angekündigte Investitionen letztlich aus rechtlichen oder anderen Gründen doch nicht getätigt. Ist die Wirtschaft doch zu komplex für eine Fernsehshow?
Das sollte kaum überraschen. Es mag zwar sein, dass der ein oder andere Business Angel aus dem Bauch heraus Investment-Entscheidungen trifft und diese spontan per Handschlag besiegelt. Im weitaus üblicheren Fall gehen Investitionen von privaten Investoren mit deutlich mehr Vorlauf vonstatten, häufig mehrere Monate.

Normalerweise wird ein Business Angel einen professionellen Businessplan verlangen (Ausnahmen gibt es auch hier) und seine Due Diligence (Prüfung des Unternehmens) im Rahmen seiner Möglichkeiten durchführen. Dabei wird natürlich ein besonderes Augenmerk auf das Gründerteam geworfen, das die Geschäftsidee erfolgreich umsetzen soll. Außerdem hat so ein Investment in den meisten Fällen einen Horizont von mehreren Jahren, in denen man sich auch auf menschlicher Ebene verstehen muss.

Kritiker wenden ein, dass bei TV-Shows vor allem Gründer mit „handfesten“ Produkte vorgestellt werden können, Ideen für komplexere Software-Lösungen aber eigentlich die Zukunft seien. Wie sehen Sie das?
Es ist natürlich nachzuvollziehen, dass es vor allem B2C-Geschäftsmodelle sind, die den Weg ins Fernsehen finden. Noch dazu sind Produkte zum Anfassen besser visuell darzustellen und wenn man sich den Fokus einiger der Investoren anschaut, anscheinend auch passend.

Die Bandbreite der Innovationskraft von Start-ups bilden diese Produkte aber in der Tat nur unzureichend ab. Komplexe Software-as-a-Service Modelle etwa, die einen deutlichen Mehrwert für Business-Kunden generieren, lassen sich über das Fernsehen nur schwer verkaufen. Auch innovative Ideen aus der Medizintechnik, Biotechnologie oder Energiewirtschaft scheinen mir deutlich unterrepräsentiert. Dabei sind es diese Geschäftsmodelle, die die großen gesellschaftlichen Projekte, Probleme und Fragen der Zukunft angehen: Digitalisierung, Alterung der Bevölkerung, Klimaschutz.

Nach verschiedenen Medien-Berichten sprechen Gründershows maßgeblich junge Frauen an. Wie erklären Sie sich das?
Darüber könnte ich nur spekulieren. Wenn es so ist, würde ich es als positiven Impuls werten, dass sich Frauen zunehmend für Unternehmertum und Start-ups interessieren. Auch bei den Business Angels sind Frauen übrigens noch sehr unterrepräsentiert. So arbeiten wir bei BAND etwa aktiv daran, mehr Awareness zu schaffen für erfolgreiche Frauen, die als Start-up-Investorinnen tätig sind. Erst in diesem Jahr haben wir mit dem Golden Aurora Award eine Auszeichnung etabliert, die erfolgreiche, weibliche Business Angels auf europäischer Ebene würdigt. Als erste ausgezeichnet wurde von uns die Italienerin Paola Bonomo, sie durfte den Award 2017 mit nach Hause nehmen.

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