Nach dem Erfolg von „Die Höhle der Löwen“ folgen nun weitere Gründershows im deutschen TV. Können solche Formate aus Ihrer Sicht dazu beitragen, dass Unternehmergeist und Investitionsbereitschaft hierzulande gestärkt werden – oder ist das nur zur Unterhaltung gut?
Gründershows sind Unterhaltungsshows. Erfinder oder Existenzgründer lernen hier eigentlich nichts, was ihnen tatsächlich dabei helfen könnte, ein wirtschaftlich erfolgreiches Unternehmen zu gründen. In der Realität werden die meisten Investoren deutlich fundiertere Informationen anfordern, ehe sie einen Euro lockermachen. Weder die Investoren, noch die Zuschauer erfahren in den Shows etwas darüber, was eine Existenzgründung nachweislich erfolgreich werden lässt und was nicht. Das Ganze ähnelt eher einem Lotteriespiel. Im Vordergrund steht der coole oder peinliche Auftritt der Kandidaten, die markante Selbstdarstellung mancher Juroren sowie die Emotionen aller Beteiligten.
Manche Zuschauer, die dies nicht reflektieren, könnten tatsächlich versucht sein, ein Unternehmen zu gründen, weil alles so schön einfach aussieht. Im Grunde ließe sich mit diesen Leuten dann schon gleich das nächste TV-Format entwickeln. Neben naiven Aussiedlern, die glauben, dass sie mit 5000 Euro in der Tasche ein neues, großartiges Leben auf den Malediven beginnen können und merkwürdigen Gestalten, die eine Schwiegertochter für ihren nicht minder merkwürdigen Sohn suchen, könnte sich die Fernsehnation dann schon bald über einfältige Existenzgründer amüsieren, denen wir beim Scheitern zusehen.
In Einzelfällen wurden angekündigte Investitionen letztlich aus rechtlichen oder anderen Gründen doch nicht getätigt. Ist die Wirtschaft doch zu komplex für eine Fernsehshow?
Ja, eindeutig. Eine wirtschaftlich erfolgversprechende Existenzgründung setzt sehr viel mehr voraus als eine interessante Idee. Es geht darum, den Markt der potentiellen Kunden ebenso zu analysieren, wie den Markt etwaiger Konkurrenten. Ggf. existieren auch schon Patente, mit denen man in Konflikt geraten könnte. Zudem müssen Investitionskosten, Produktionskosten, die Preisgestaltung u.v.m. gründlich kalkuliert werden. All das kann die Gründershow natürlich nicht leisten. Das würde Stunden dauern und kaum einen Zuschauer interessieren.
Kritiker wenden ein, dass bei TV-Shows vor allem Gründer mit „handfesten“ Produkte vorgestellt werden können, Ideen für komplexere Software-Lösungen aber eigentlich die Zukunft seien. Wie sehen Sie das?
Das ist z. T. sicherlich richtig. Weil es sich in erster Linie um Unterhaltungsshows handelt, müssen die Zuschauer auch immer etwas zu Sehen bekommen. Zudem wird man Ideen bevorzugen, bei denen die Menschen einen Bezug zu ihrem Alltagsleben herstellen können, wie etwa ein Hundenapf, der auf dem Boden nicht verrutscht. Die neue Analysemethode aus der anorganischen Chemie oder eine Software, die nur für Ornithologen interessant ist, dürften es da naturgemäß schwer haben.
Nach verschiedenen Medien-Berichten sprechen Gründershows maßgeblich junge Frauen an. Wie erklären Sie sich das?
Aus der Tatsachen, dass Gründershows vor allem von jungen Frauen gesehen werden, lässt sich nicht ableiten, dass sie auch in stärkerem Maße daran interessiert wären, ein Unternehmen zu gründen. Ebenso wenig lässt sich sagen, dass ein solches Format insbesondere Frauen zur Existenzgründungen animieren würde. Die meisten Menschen werden sich die Sendungen ja nicht anschauen, weil sie ein Unternehmen gründen wollen, sondern weil sie Unterhaltung suchen. Möglicherweise liegt es also nur am Format der Sendungen. Vielleicht interessieren sich junge Frauen ganz einfach verstärkt für Casting-Shows. In diesem Falle wäre der Inhalte also relativ egal. Grundsätzlich sind Frauen in der Gruppe der Gründer prozentual geringer vertreten als Männer.