Autonom fahrende Bodenfahrzeuge, Drohnen, jetzt bringen Carplane, PAL-V, Lilium Aviation und auch Airbus autonom und senkrecht startende Flugmobile für die städtische Urbanität ins Spiel. Nur ein Gedankenspiel oder erleben wir tatsächlich zeitnah die Geburtsstunde des „privaten“ Luftverkehrs?
Luftbasierte Individualmobilität existiert schon lange (Kleinflugzeuge). Es geht darum, diese praktisch zu machen. Was im Moment gesehen werden kann, sind teilweise Gedankenspiele, die sich vom Praktischen teilweise entfernen.
Fliegende Autos sind nicht neu. Bereits 300 sind geflogen und gefahren. Die Herausforderung reicht weit darüber hinaus, so etwas zu entwickeln, zu bauen oder zu fliegen. Man muss vielmehr
a). eine Zulassung dafür bekommen
b). eine Betriebsperspektive haben,
c). einen Markt bedienen, und
d). gute Leistungsmerkmale vorweisen.
Ad a). Viele Konzepte scheitern schon an der Zulassung:
Zunächst einmal ist autonome Steuerung in der Luft nichts Neues. Aber, für Behörden ist
- gewerbliche Passagierbeförderung ohne Pilot an Bord
- insb. mittels Drohnenflugs über bewohntem Gebiet ein rotes Tuch.
Das wird auf absehbare Zeit so bleiben. Und es gibt keine Anzeichen dafür, dass es kommt. (Hierbei sollte man experimentelle Flüge über Wüstengebiete mit realen Betriebs-bedingungen nicht verwechseln.) Es kommt vielleicht irgendwann. Aber niemand weiss, ob, oder wann. Die Behörde entscheidet. Und sie wird sich immer für die sicherere Variante entscheiden.
Die Gründer von Google (Zee Aero), Uber (Vahalla) und Skype (Lilium) entwickeln sogenannte "Convertiplanes". Diese starten senkrecht und gehen in den Tragflächenflug über. Experimentelle Convertiplanes gibt es seit Jahrzehnten*. Einige wenige haben es in den Militärdienst geschafft. Diese für den Zivildienst zuzulassen, wäre "sportlich" (= teuer/schwierig/langwierig). Ist es technisch möglich? Ja. Ist es praktisch wahrscheinlich? Wir werden sehen. [*ausgerechnet eine Firma namens Hiller war Vorreiter bei der Entwicklung von Convertiplanes.]
PAL-V möchte eher herkömmliche Technologie einsetzen. Starts/Landungen sollen an vorhandenen Flugplätzen stattfinden. Dieser Gedanke ist praktisch. Aber, PAL-V sieht vor, einen herkömmlichen Rotor in der Blattmitte zu falten. Ist das technisch machbar? Vielleicht. Hat PAL-V es schon geschafft? Vermutlich nicht, sonst hätte sie es veröffentlicht und es würde im Kleingedruckten des Bestellformulars keine Rückzahlung für den Fall der Nichtzulassung stehen. Gleichwohl ist der Tragschrauber eine taugliche Technologie für ein Flugauto.
Ad b). Bei Senkrechtstartern gilt: je kleiner die Rotoren, desto schneller müssen sie sich drehen. Dadurch werden sie lauter (Anm.: ausschlaggebend für den Lärm ist die Drehgeschwindigkeit und nicht, ob der Motor elektrisch ist). Es gibt jetzt schon deswegen kaum Hubschrauberlandeplätze in Ballungszentren -und dann meistens nur für Notdienste. Das ganze Geld von Google, Uber und Skype wird Anrainer-Bürgerinitiative kaum davon überzeugen, diesen Lärm zu ertragen - egal, ob mit oder ohne Pilot. Es gibt also (derzeit) praktisch keine Betriebsperspektive abseits der existierenden Flugplätze. Und Letztere werden eher weniger, als mehr - insb. in Stadtgebieten.
Ad c). Der Markt für Hubschrauber ist klein. Die Anschaffung, der Betrieb, die Wartung und die Pilotenausbildung sind teuer. Gibt es einen Markt für ein Luftfahrzeug, das noch komplexer und teurer ist? Eher nicht.
Ad d). Hat man eine Zulassung und einen Markt, so ginge es darum, ein Fahrzeug zu bauen, das gut fährt und gut fliegt. Daran sind bislang alle Flugauto-Konzepte gescheitert.
Carplanes Slogan lautet: "built for reality". Damit grenzen wir uns von Konzepten ab, die auf vage Zukunftsprognosen beruhen.
Carplane verfügt nicht nur über technisches Knowhow, sondern insbesondere über Knowhow bei der Zulassung von Luftfahrzeugen. Deshalb sind wir darum bemüht, alles so einfach wie möglich zu halten. Wir statten lediglich ein Kleinflugzeug mit Flügelverstauung und Antriebsrädern aus. Dadurch, dass wir unsere Flügel nicht falten, bekommen wir leichter eine Zulassung. (Wir sind mit unserer Prototypenzulassung fast fertig - am 14. Nov. 2016 haben wir unseren Haupt-Lasttest bestanden!)
Wir werden eine Nische im Markt für Kleinflugzeuge besetzen. Für uns muss also keine neue Zulassungsart geschaffen werden. Wir haben zwei Kennzeichen (jeweils für die Luft und die Straße) sowie zwei Versicherungspolicen (was logisch ist, da zwei unterschiedliche Risiken abgesichert werden). Und wir benutzen existierende Flugplätze. Wer mit dem Carplane fliegt, muss einen Privatpilotenschein besitzen. Das sind keine Gedankenspiele, sondern realer Alltag.
Welche Vorteile hätten autonom gesteuerte Kleinflugzeuge/fliegende Autos für die städt. Mobilität, welche strategischen und politischen Voraussetzungen müssten dafür erfüllt sein?
Gar keine.
a). Es gibt derzeit keine reelle Betriebsperspektive für autonom gesteuerte Luftfahrzeuge im Stadtgebiet (siehe oben).
b). Unser Fahrzeug ist nicht für die städtische Mobilität gedacht, sondern für die Nischenentfernung 200km bis 1.200km. Nur, wer über diese Entfernungen reist, hat Vorteile vom Carplane.
c). Für den Betrieb eines Carplane müssen keine Voraussetzungen (weder rechtlich, noch politisch, noch infrastrukturmäßig) geschaffen werden.
Wann werden die ersten Prototypen vorgestellt?
Prototypen hat es über die Jahrzehnte schon viele gegeben (siehe oben). Entscheidend ist, wann die ersten zugelassenen Fahrzeuge dieser Art vorgestellt werden. Wenn alles nach Plan verläuft, wird Carplane dieses oder nächstes Jahr eine Einzelstück-Zulassung haben. Danach dauert die gewerbliche Typenzulassung (bei der EASA) noch mindestens zwei Jahre.
Werden irgendwann fliegende Kleinstmobile das Auto auf den Straßen ersetzen oder wird es dauerhaft eine intelligente Koexistenz geben?
Die Kernkompetenz von Carplane ist die Entwicklung von Fahrzeugen für absehbare Zeiträume. Die Erforschung der fernen Zukunft gehört nicht zu unserer Kernkompetenz, weshalb wir hierüber keine Prognose abgeben. Erkennbare Trends hin zur verbrauchsarmen, leisen Mobilität würden aber mit einer solchen Perspektive eher nicht im Einklang stehen.