Wie ist der aktuelle Stand beim Quantencomputing als Technologie, was kann sie potenziell leisten, was kann sie besser als herkömmliche Rechner?
Die Entwicklung von Quantencomputern befindet sich aktuell in der sogenannten NISQ Ära. NISQ steht hier für “Noisy intermediate-scale quantum” und bedeutet, dass die Qubits, mit denen der Quantencomputer rechnet, aktuell die Rechnungen nur “noisy”, also noch nicht fehlerfrei durchführen können. Die Anzahl der für heutige Quantencomputer verfügbaren Qubits bewegt sich im zweistelligen bis niedrigen dreistelligen Bereich; die Skalierung dieser Zahl ist zwar eine wichtige Größe in der weiteren Forschung, für einen fehlerkorrigierten Quantencomputer ist es jedoch ebenso wichtig, die Fehlerraten der Qubits zu reduzieren.
Dies ist auch der Fall für den von Google Quantum AI entwickelten Quantencomputer. Unsere Mission in diesem Bereich ist es, der Welt erstklassige Quantencomputer als Werkzeug zur Verfügung zu stellen, die Probleme lösen können, die mit klassischen Computern unpraktikabel oder unmöglich zu lösen sind. Basierend auf dieser Mission sind unsere Ziele für das nächste Jahrzehnt, einen fehlerkorrigierten Quantencomputer zu bauen und industrierelevante Anwendungen für Quantencomputer zu finden.
Mit dem “Beyond Classical Experiment” im Oktober 2019 hat Google Quantum AI gezeigt, dass ein Quantencomputer in der Lage ist, den schnellsten Supercomputer für eine abstrakte Fragestellung zu übertreffen. In diesem Experiment berechnet der Quantencomputer eine Aufgabe in 200 Sekunden, für die der beste Supercomputer der Welt zur damaligen Zeit Tausende von Jahren gebraucht hätte. Die klassischen Simulationsalgorithmen sowie die klassische Hardware werden selbstverständlich im Laufe der Zeit immer besser, allerdings ist diese Verbesserung auch der Fall für den Quantencomputer selbst. Bei Hinzufügen von nur einem weiteren Qubits verdoppelt sich die Leistungsfähigkeit des Quantencomputers.
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Welche Vorteile bietet die Suche nach neuen Werkstoffen mithilfe des Quanten-Computing?
Der Nobelpreisträger Richard Feynman sagte einst: “Nature isn´t classical, dammit, and if you want to make a simulation of nature, you´d better make it quantum mechanical.” Angesichts der Tatsache, dass materialwissenschaftliche und chemische Probleme native Quantensysteme sind, befasst sich unsere Forschung derzeit mit Fragestellungen in den Materialwissenschaften oder der Chemie.
Die Forschung von Google Quantum AI erfolgt im sehr engen Austausch mit dem weltweiten Quanten-Ökosystem. Dazu gehören unsere akademischen Forschungspartner, Start-ups, erste industriellen Forschungspartner wie BASF, Covestro oder Boehringer Ingelheim.
Auch bei den industriellen Forschungspartnerschaften handelt es sich nach wie vor um offene Grundlagenforschung mit dem Ziel, das Feld voranzubringen. Zwei der größten Herausforderungen in den kommenden Jahren sind, zum einen eine ausreichende Anzahl an Wissenschaftler*innen auszubilden und zum anderen Algorithmen zu verbessern oder gar neue Quantenalgorithmen entdecken.
Wie lassen sich umweltbeeinträchtigende Produkte bzw. Verfahren oder auch Ressourcenverschwendung von Vornherein ausschließen?
Der Quantencomputer ist ein neues Werkzeug, um Berechnungen für bestimmte Fragestellungen auszuführen. Wie in “Beyond Classical Experiment” gezeigt, kann dies für ausgewählte Probleme in deutlich kürzerer Zeit und somit deutlich geringerem Energieverbrauch erfolgen. Viel wichtiger ist hier jedoch anzumerken, dass bestimmte Probleme aufgrund ihrer mathematischen Fragestellungen von klassischen Computern gar nicht gelöst werden können. Ein typisches Beispiel hierfür sind die Materialwissenschaften, welche u.a. von großer Bedeutung für die Transformation der Automobilindustrie hin zur Elektromobilität sind. Heute kommen bei den Batterien von Elektroautos häufig seltene Erden zum Einsatz, da mit klassischen Methoden keine alternativen Materialien gefunden werden können. Der Quantencomputer bietet hier nun Berechnungsmöglichkeiten, die potenziell in der Zukunft die Suche nach solchen Materialien unterstützen können.
Welche Art der Förderung bzw. regulatorische Unterstützung benötigt das Quantencomputing noch?
Die Förderung von Quantencomputing ist noch in vielen Bereichen deutlich ausbaubar. Als erstes ist hier wie bereits kurz angesprochen die Ausbildung von künftigen Wissenschaftler*innen elementar. Trotz der in den letzten Jahren stark angewachsenen “Quantum Community” benötigt es eine deutlich größere Anzahl an Personen, die sich mit dem Bau von Quantencomputern als auch den zugehörigen Algorithmen beschäftigen.
An zweiter Stelle ist die stark limitierte Anzahl an Algorithmen aufzuführen. Hier ist ein deutlich erhöhter Förderbedarf gegeben, um letztlich die Entwicklung von industriell wertvollen Applikationen zu ermöglichen. Als Metapher könnte man sagen: Es möchten zwar viele ein Haus bauen, die Anzahl an kompetenten Arbeitskräften als auch an Werkzeugen ist aber nach wie vor sehr überschaubar.
Der dritte Punkt mit Förderbedarf ist die Lieferkette. Was für die Entwicklung von Applikationen die Algorithmen sind, ist die Lieferkette für den Quantencomputer. Heute müssen Hersteller von Quantencomputern spezielle Komponenten häufig noch selbst entwickeln, da diese in der erforderlichen Anzahl oder Qualität auf dem Markt nicht zu finden sind. Hier bieten sich für Start-Ups, als auch bestehende Unternehmen große Möglichkeiten, Bestandteil der weltweiten Quantum-Lieferkette zu werden.