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Eine physische Grenze für die Datenrate am DE-CIX gibt es praktisch nicht

Wie sicher der Datenfluss in Zeiten der Corona-Krise ist

Dr. Thomas King - CTO von DE-CIX Quelle: Adrian Vidak Dr. Thomas King CTO DE-CIX 30.03.2020
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Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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"Selbst wenn alle Firmen Europas ausschließlich Home-Office betreiben würden und nebenher noch die Fußball-EM übertragen werden würde, kann der DE-CIX die notwendigen Bandbreiten für reibungslose Interconnection bereitstellen", erklärt DE-Cix-CTO Dr. Thomas King. Sein Unternehmen betreibt weltweit Internetknoten, darunter den - gemessen an der Kapazität weltgrößten - in Frankfurt am Main.







Mehrere Plattformen senken angesichts der Corona-Krise die Qualität ihrer Video-Streams. Welchen Beitrag kann das zur Aufrechterhaltung einer funktionierenden digitalen Infrastruktur leisten?
DE-CIX betreibt weltweit Netzbetreiber- und Datencenter-neutrale Internetknoten. An diesen Internetknoten tauschen Internet-, Contentservice- und Netz-Betreiber sowie Netzwerke Daten zur Effizienzsteigerung aus. DE-CIX nimmt hierbei die neutrale Rolle eines „Datenvermittlers“ ein. Die Netzwerke buchen hierzu Kapazitäten am jeweiligen Internetknoten, um sich mit möglichst vielen weiteren Netzwerken zu verbinden. Eine Drosselung des Datenverkehrs obliegt der Absprache zwischen den jeweiligen Anbietern, da damit die Überlastsituation im Netz eines Anbieters (z.B. eines Internet Service Providers) beseitigt werden soll. DE-CIX ist als Datenvermittler bei solchen Absprachen außen vor. DE-CIX hält immer ausreichend Kapazitäten bereit, damit die jeweiligen Datenmengen der Kunden ohne Beeinträchtigung ausgetauscht werden können.

Durch die ansteigende und auch veränderte Nutzung des Internets erhöhen die DE-CIX Kunden ihre Datenkapazitäten weltweit, um den Bedarf ihrer Endverbraucher bedienen zu können. Wir sehen die Erhöhung der Kapazitäten besonders bei den weltweit agierenden großen Internet- und Contentprovidern. Die Kapazitäten werden hier teilweise mehr als verdoppelt. Vor allem in internationalen Daten-Drehkreuzen wie New York, Madrid oder auch Frankfurt ist die Nachfrage nach mehr Kapazitäten an den DE-CIX Internetknoten groß.

In den Medien wird darüber spekuliert, ob Engpässe in der digitalen Infrastruktur sogar zur temporären Abschaltung einzelner Dienste führen könnten. Wie bewerten Sie das?
Wie schon gesagt können wir nur aus „Vermittler-Sicht“ sprechen. Eine physische Grenze für die Datenrate am DE-CIX gibt es praktisch nicht. Derzeit liegt unsere Daten-Kapazität beispielsweise am DE-CIX Frankfurt bei mehr als 16,5 Tbit/s, der aktuelle Peak bei 9,1 Tbit/s. Die Kapazitäten in unserem eigenen Netz werden regelmäßig und langfristig ausgebaut. Wir planen immer für ca. 12 Monate voraus. Wir bauen unsere Kapazitäten weiter aus, sobald 63% der vorhandenen Kapazitäten erreicht werden. Die übrige 37% freie Kapazität wird zum einen für Redundanzen benötigt und zum anderen, damit wir immer genügend freie Kapazitäten für Traffic-Wachstum haben. Die Kapazitäten können schrittweise ausgebaut werden. Dies werden sie üblicherweise auch, damit das durchschnittliche Datenratenwachstum von bis zu 30% pro Jahr, sowie das Wachstum der Spitzendatendurchsätze von ca. 20% pro Jahr problemlos bewältigt werden können. Selbst wenn alle Firmen Europas ausschließlich Home-Office betreiben würden und nebenher noch die Fußball-EM übertragen werden würde, kann der DE-CIX die notwendigen Bandbreiten für reibungslose Interconnection bereitstellen.

Neben unserem Netz für den Internetaustauschknoten ist es also essentiell, dass die Kunden ihre Kapazitäten in ihrem Netz auch ausbauen. Diese Ausbauten nehmen die Kunden selbst vor, nach eigenen Prozessen und Vorgehensweisen.

Die Streaming-Plattformen gelten als Traffic-Treiber im Internet – inwiefern könnten niedrigere Datenraten auch nach der aktuellen Krisensituation zu einer nachhaltigeren Digitalwirtschaft beitragen?
Die Streaming-Dienste sind sicher ein wesentlicher Treiber für den Datenanstieg im Internet. Eine Reduzierung der Bandbreite kann aber nur eine kurzfristige Maßnahme sein, um zu verhindern, dass schlecht ausgebaute Netze von Internet Providern überlastet werden. Wenn Streaming-Dienste gegen die Blueray Disks in der Qualität des Bildes bestehen können sollen, dann müssen die Datenraten wieder freigegeben werden. Wir wollen ja alle ein hochwertiges Bild beim Videostreaming sehen!

Welche Maßnahmen sollten andererseits nach der aktuellen Krise die digitale Infrastruktur belastungsfester machen?
Grundsätzlich ist die digitale Infrastruktur gut auf eine solche Krise vorbereitet. Wir sehen ja, dass das Internet sehr gut funktioniert, auch wenn auf einmal fast alle aus dem Home-Office arbeiten bzw. die Kinder - statt in der Schule zu sein - Online-Spiele spielen. Damit dies auch in Zukunft so sein wird, muss in die digitale Infrastruktur weiter massiv investiert werden, da ja immer mehr Anwendungen des alltäglichen Lebens digitalisiert werden und somit sich auf diese digitale Infrastruktur verlassen. Dafür müssen wir auch in Zukunft Sorge tragen.

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