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Der „Flaschenhals" ist im Regelfall die „letzte Meile"

Wie das Netz sicher bleibt - in der Krise und darüber hinaus

Dr. Maximilian Schubert, Generalsekretär der ISPA – Internet Service Providers Austria Quelle: ISPA/ Daniel Hinterramskogler Maximilian Schubert Generalsekretär ISPA 03.04.2020
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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"Die digitale Infrastruktur in Österreich ist stabil und hat sich bis dato bewährt", sagt Dr. Maximilian Schubert, Generalsekretär der ISPA – Internet Service Providers Austria. In Zukunft hofft er, dass der derzeitigen Re-Monopolisierung des österreichischen Breitband-Festnetzmarkts Einhalt geboten wird.







Mehrere Plattformen senken angesichts der Corona-Krise die Qualität ihrer Video-Streams. Welchen Beitrag kann das zur Aufrechterhaltung einer funktionierenden digitalen Infrastruktur leisten?
Video-Streams sind datenintensive Anwendungen und werden oft zum selben Zeitpunkt, meist abends, von den Nutzerinnen und Nutzern verwendet. Dies führt dazu, dass der Datenverkehr zunimmt und die Netzauslastung punktuell steigt. Das Management der Auslastung im eigenen Netz gehört zu den Kernaufgaben eines Providers. In den letzten Wochen ist es zu einem Anstieg des Traffics von ca. 20 % gekommen. Die Nutzung hat sich mittlerweile auf einem hohen Level eingependelt. Die Provider konnten, sofern dies notwendig war, durch umgehend durchgeführte Maßnahmen sicherstellen, dass ausreichend Kapazitäten vorhanden waren.

Es gibt keine gesicherten Informationen dazu, inwiefern die Netzauslastung einzelner Provider kritische Bereiche erreicht hat oder noch erreichen wird. Es scheint zwar derzeit nicht wahrscheinlich, es ist aber auch nicht auszuschließen, dass die Datennutzung weiter ansteigt. Sollte es zu einer weiteren Steigerung kommen, kann jedoch eine Senkung der Qualität von Video-Streams eine sinnvolle Maßnahme sein, um punktuelle Belastungsspitzen abzufangen.

In den Medien wird darüber spekuliert, ob Engpässe in der digitalen Infrastruktur sogar zur temporären Abschaltung einzelner Dienste führen könnten. Wie bewerten Sie das?
Derzeit melden die Provider, dass noch genug Kapazitäten im Netz vorhanden sind. Im Bedarfsfall können die Betreiber auch Server und Anschlüsse nachrüsten. Der „Flaschenhals" ist im Regelfall die „letzte Meile", also die Anbindung der Nutzerinnen und Nutzer. Denn oft ist nicht die Netzauslastung an sich das Problem, sondern die Ausgestaltung der Tarife für die Nutzerinnen und Nutzer. Wer z. B. den günstigsten Tarif gewählt hat, kommt jetzt öfter mal an die Grenzen, vor allem was den Upload von Daten betrifft. Dazu kommt, dass die Leistungsfähigkeit eines Internetzugangs, der z.B. über eine Kupferdoppelader (also eine Telefonleitung) erfolgt, klar durch physikalische Gegebenheiten begrenzt ist. Abhilfe kann hier nur durch die Anbindung über moderne Infrastrukturen geschaffen werden.

Spürbar wird dieser Upload-Engpass z. B. bei Videokonferenzen, wenn das Bild stockt oder die Tonqualität leidet. Bei einem normalem Surfverhalten wird mehr herunter- als hinaufgeladen, die Tarife und Leitungen sind dementsprechend ausgestaltet bzw. konfiguriert. Wenn jetzt aber alle gleichzeitig Videokonferenzen durchführen, bei denen auch viele Daten upgeloadet werden, reicht die Bandbreite nicht aus. Kurzfristig hilft es, das Video auszuschalten, damit die Tonqualität zumindest flüssig läuft, langfristig kommt man aber um einen Tarifwechsel, der auch eine ausreichende Upload-Bandbreite vorsieht, nicht herum.

Die Streaming-Plattformen gelten als Traffic-Treiber im Internet – inwiefern könnten niedrigere Datenraten auch nach der aktuellen Krisensituation zu einer nachhaltigeren Digitalwirtschaft beitragen?
Die Digitalwirtschaft nutzt technische Innovationen zur Effizienzsteigerung und trägt dadurch zu einer nachhaltigeren Digitalwirtschaft bei – ganz ohne Qualitätsverluste. Die Nutzerinnen und Nutzer geben sich zwar in dieser Krise mit Streams in niedrigerer Qualität zufrieden, um nicht auf das Internet bzw. auf das Streamen verzichten zu müssen. Nach der Krise wird es aber schwierig sein, die Konsumentinnen und Konsumenten mit 4k-Fernsehern zu überzeugen, dass sie nur mehr in niedriger Standardauflösung Videos schauen können. Den Internetnutzerinnen und -nutzern wird dadurch hoffentlich auch bewusst, dass es einen Grund für die Staffelung der Internet-Angebote gibt, je nachdem wofür der Anschluss verwendet werden soll. Gleichzeitig unterstreicht dies auch die Notwendigkeit des Netzausbaus und dass vor allem der Glasfaserausbau weiter vorangetrieben werden muss. Denn Glasfaser-Infrastruktur sichert nicht nur schnelle und sichere Verbindungen, sondern ist auch Voraussetzung für den Einsatz von 5G.

Welche Maßnahmen sollten andererseits nach der aktuellen Krise die digitale Infrastruktur belastungsfester machen?
Die derzeitige Situation zeigt: Die digitale Infrastruktur in Österreich ist stabil und hat sich bis dato bewährt. Die Provider sind gerüstet für die vermehrte Nutzung und können im Bedarfsfall auch weiter aufrüsten. Um das auch für die Zukunft zu gewährleisten, bedarf es aber weiterer Investitionen in den Breitbandausbau und die Sicherung eines fairen und nachhaltigen Wettbewerbs. Das Ziel ist ein widerstandsfähiges Netz mit hervorragender Qualität, ein reger Wettbewerb gewährleistet dies für Kundinnen und Kunden, damit sie innovative Dienste, wie zum Beispiel Video-Angebote, zu einem ansprechenden Preis beziehen können. Die Abwesenheit von Wettbewerb im Bereich des Internetzugangs führt zu Bildung von Monopolen bzw. einer Re-Monopolisierung und damit zu zwangsläufig höheren Preisen und schlechterer Qualität der Dienste. Dies hätte negative Folgen, nicht nur für private Nutzerinnen und Nutzer, sondern auch für die gesamte österreichische Wirtschaft.

Der österreichische Telekom-Regulator hat vor wenigen Tagen mit der regelmäßigen Überprüfung der Wettbewerbssituation begonnen und wir hoffen daher, dass der derzeitigen Re-Monopolisierung des österreichischen Breitband-Festnetzmarkts Einhalt geboten wird, es zu einer Trendwende kommt und Maßnahmen gesetzt werden, die den Wettbewerb sowie den Glasfaserausbau wieder stärken.

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