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Eine UKW-Abschaltdebatte ist längst überfällig

Wie Radio in Zukunft zu den Menschen kommt

Ralf Reynolds, Head of German and Swiss Sales bei Roberts Radio Quelle: Roberts Radio Ralf Reynolds Head of German and Swiss Sales Roberts Radio - Audio Selection creaktiv 12.10.2018
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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"Das digital-terrestrische DAB+ Radio ist im Markt angekommen und setzt sich immer stärker durch", konstatiert Ralf Reynolds von Roberts Radio. Für den Erfolg müssten allerdings die Rahmenbedingungen stimmen. Und durch Smart Speaker entstehen neue Herausfoderungen - für die Programme aber natürlich auch für die Hersteller.







In zwei Regionen sind die Deutschlandradio-Programme künftig nicht mehr per UKW zu empfangen und sollen vor allem über DAB+ Hörer erreichen. Was bedeutet das aus Ihrer Sicht für den digitalen Übertragungsstandard?
Das digital-terrestrische DAB+ Radio ist im Markt angekommen und setzt sich immer stärker durch. Dies belegen nicht zuletzt aktuelle Ergebnisse aus der Marktforschung. Nachdem das nationale Netz von 61 auf 110 Senderstandorte ausgebaut wurde, ist DAB+ Anfang 2017 bundesweit auf 95 Prozent der Fläche verfügbar, die Autobahnen sind mit 98 Prozent versorgt.
 
Deutschlandradios Entscheidung, die UKW-Übertragungen Schritt für Schritt zugunsten DAB+ aufzugeben, ist der richtige Weg. Es ist aber notwendig, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit sich die positiven Prozesse fortsetzen. Dazu gehört beispielsweise, dass freiwerdende UKW-Frequenzen nicht wieder neu vergeben werden dürfen. Ferner muss die Politik privaten Programmanbietern durch gezielte Fördermaßnahmen die Chance für neue Programme über DAB+ eröffnen, neben der Finanzierung des Simulcasts für existierende UKW-Angebote.
 
Die Länder Schweiz und Norwegen zeigen eindrucksvoll, wie eine Migration von analogem zu digitalem Radio gelingen kann, wenn alle Marktakteure – private und öffentlich-rechtliche Programmveranstalter, Netzbetreiber und die Geräteindustrie – mit der Politik an einem Strang ziehen, wird es gelingen.
 
Die Durchdringung mit DAB+ Geräten ist in den letzten Jahren stark gestiegen – auf nun deutschlandweite 18,1 %. Wie bewerten Sie den Schritt des Deutschlandradios im Lichte dieser Entwicklung?
Auch ein Deutschlandradio muss kalkulieren und seine Verbreitungskosten wenn möglich senken, ohne sein Sendegebiet zu verkleinern. Somit ist dies ein logischer Schritt in die richtige Richtung. Bei der Finanzierung des Simulcasts für existierende UKW-Angebote, kann mitunter gespart werden, ohne auf Qualität der Ausstrahlung zu verzichten. Die Kunden nehmen die neuen DAB+ Geräte an. Die Kosten für ein Erstgerät sind extrem gesunken, heute gibt es schon Geräte für etwa 30€. Aber als Zweitgerät wird dann schon ein Gerät mit Qualität gekauft.
 
Gerade bei jüngeren Zielgruppen ist IP-basierte Radionutzung im Kommen - was bedeutet es für DAB+, wenn immer mehr Menschen via Internet Radio hören? 
Seit der Einführung von smarten Sprachassistenten wie Amazon Echo und Google Home wird die Nutzung von Audioinhalten aus dem Internet noch einfacher. Smart Speaker werden zu den Küchenradios des 21. Jahrhunderts. Das hat zu einem echten Siegeszug geführt: In nicht einmal zwei Jahren hat eine neue Geräteklasse Eingang in die Wohnungen der Hörer gefunden und wird dort mittelfristig Radio- und andere Audiogeräte ersetzen. Natürlich ist der einzige Übertragungsstandard in dieser schönen neuen Welt IP; und UKW oder DAB+ als Übertragungswege spielen hier kaum eine Rolle.
 
Für die Radiosender stellt sich die Frage, auf welchen Plattformen/ Übertragungswegen sie stattfinden. Mit wem müssen sie Erlöse teilen? Und was heißt das für das Programm? Mit dem Aufkommen neuer Technologien und Geräte gilt es für Programmverantwortliche insbesondere, sich nicht in eine Technik-Abhängigkeit zu begeben. Denn Sinn macht ein Programm nur, wenn es auch gefunden wird. Beim bekannten Broadcast ist man leicht bei der Suche am Radio auffindbar, aber per IP ist man einer von Tausenden und abhängig von Großkonzernen.
 
Als Hersteller bedeutet dies für uns, Geräte zu entwickeln, die mit der neuen Technik zusammenarbeiten, ohne alles an die Plattformbetreiber abzugeben. Auf der IFA hat Roberts die ersten beiden Radiogeräte vorgestellt (iStream3 und Stream67), die mit Amazon Alexa zusammenarbeiten. Mit diesen kann man Alexa auffordern, das Radiogerät zu steuern, ohne auf Broadcast verzichten zu müssen. Gerade bei jüngeren Zielgruppen muss man neue Technik einfach mit bekannter verbinden.
 
Ab 2021 will Deutschlandradio weitere UKW-Sender außer Betrieb nehmen. Kommt dann einen neue UKW-Abschaltdebatte?
Die drohende UKW-Abschaltung durch die Antennenbetreiber in 2018 drohte Teile der Republik direkt in die digitale Zukunft des Radioempfangs zu beamen. Der Fachhandel hatte seine Kunden vermehrt darauf hingewiesen und das belebte den Verkauf von DAB+ Geräten über mehrere Monate. Jedes Mal, wenn eine UKW Abschaltung bekannt gegeben wird, wird dies auch Kunden bewegen sich nach neuen Empfangsgeräten umzusehen. Ich hoffe nur, dass dies dann auch Broadcast-Geräte sein werden.
 
Aber ja, eine UKW-Abschaltdebatte ist längst überfällig. Neben der nach wie vor hohen Nutzung von terrestrischen Hörfunkangeboten hat sich das Internet als Übertragungsweg für Audioinhalte etabliert. Wie lange wollen die Radiobetreiber dies eigentlich noch verhindern und zusehen, das neue Marktteilnehmer sich die Kunden mehr und mehr per IP wegschnappen? Noch steuern die Rundfunkbetreiber in ihrer Region per Broadcast den Markt. Wenn dieser an Großkonzerne bzw. Plattformbetreiber wie Google oder Amazon abgeben wird, verlieren sie die Kontrolle. Die viel zu lange Diskussion um das digital-terrestrische DAB+ Radio schadet letztendlich dem Rundfunk.
 

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