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Eine Open Data Plattform für Wiesbaden

Wie smart die Landeshauptstadt Hessen ist - und noch werden will

Stadträtin, Dezernentin für Smart City, Europa und Ordnung, Stadt Wiesbaden Quelle: Stadt Wiesbaden Maral Koohestanian Stadträtin, Dezernentin für Smart City, Europa und Ordnung Stadt Wiesbaden 13.03.2024
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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"Das Ziel einer smarten Landeshauptstadt Wiesbaden ist verbunden mit Anstrengungen in verschiedenen Wirkungsbereichen und damit in der gesamten Stadt", betont Smart-City-Dezernentin Maral Koohestanian. Sie nennt bereits Erreichtes und Ziele für die nächste Zeit. Dabei mahnt sie: "Die digitale Transformation darf nicht an knappen Kassen in den Kommunen scheitern".







Ihre Stadt liegt im aktuellen Smart City Index auf Rang 39. Welche Anstrengungen haben Sie in der letzten Zeit bei der digitalen Transformation unternommen?
Mit dem bundesweit ersten Smart City Dezernat und dem Kooperationsvertrag der aktuellen Stadtregierung zeigen wir: Das Ziel einer smarten Landeshauptstadt Wiesbaden ist verbunden mit Anstrengungen in verschiedenen Wirkungsbereichen und damit in der gesamten Stadt. Auf Basis der bisherigen Förderung “Starke Heimat” des Landes Hessen konnten wir Kompetenzen und Ressourcen in einem eigenen Smart City Referat aufbauen.

Ja, unsere Stadt liegt derzeit auf Platz 39 im Smart City Index. Der Citizen Science Ansatz, den wir bisher konsequent mit Bürger*innen, Wissenschaft und Verwaltung umgesetzt haben, zeigt, dass wir viel Potenzial in Wiesbaden haben.

Um einige konkrete Anstrengungen zu nennen:

Im Oktober haben wir einen bundesweit einmaligen Onlinedienst produktiv gesetzt - die Online-Meldung am Wohnsitz mit Videoident. Mitten im Umzugsstress können sich Wiesbadener*innen jetzt von zuhause ummelden. Im November haben wir die urbane Datenplattform “smart-city-findet-stadt.de” gelauncht. Hier werden Echtzeitdaten der Stadt für die Stadtgesellschaft verfügbar gemacht.

Daten und Datenmanagement sind für eine intelligente Stadt von großer Bedeutung. Mit dem Open-per-Default Ansatz werden wir als Stadt wichtige Schritte gehen und konnten hier breite Unterstützung in der Politik erhalten. Zurzeit arbeiten wir an der Umsetzung des digitalen Zwillings, der in Abstimmung mit weiteren Fachämtern aufgesetzt wird.

In einer Smart City partizipieren alle Bürger*innen. Das Thema “Digitale Teilhabe” liegt uns am Herzen. Wir entwickeln Seminarangebote, damit Jede*r digitale Services der Verwaltung in Anspruch nehmen kann - unabhängig von Alter oder Herkunft.

Seit dem 1. Juli 2023 versuchen wir, die vielen Anstrengungen der verschiedenen Bereiche in Wiesbaden zu bündeln. Gemeinsam, innovativ, digital und resilient - so stellen wir uns ein Wiesbaden der Zukunft vor.

Welche Projekte wollen Sie als nächstes angehen?
Wir haben klare Use Cases mit den Bürger*innen erarbeitet. Gemeinsam mit Expert*innen bewerten wir diese in Hinblick unter anderem auf Umsetzbarkeit, Nutzen für Bürger*innen oder Wirtschaftlichkeit. Ein Beispiel: Unsere WI-Box, quasi eine Abholstation für Ausweisdokumente und Urkunden, skalieren wir zurzeit. Bürger*innen können so 24/7 ihre Dokumente abholen - unabhängig der Arbeitszeiten der Verwaltung.

Zentral ist die weitere Etablierung der Infrastruktur. Hier brauchen wir Konsequenz und Ausdauer. Wir müssen Daten sinnvoll miteinander vernetzen. Bis 2025 möchten wir eine Open Data Plattform für Wiesbaden implementieren. Mit Open Data können wir Transparenz fördern und Partizipation stärken, Effizienz in der Verwaltung steigern, Forschung, Bildung und Innovationskraft in der eigenen Region stärken.

Klingt langweilig, aber ist gleichzeitig ein sehr zentrales Projekt in der digitalen Transformation: Die Registermodernisierung. Hier sehe ich das Potenzial, der Verwaltung einen echten Boost zu geben. Geburtsurkunden oder Meldebescheinigungen werden in Zukunft nicht mehr benötigt. Daten werden digital zwischen Ämtern ausgetauscht. Die Daten laufen zwischen den Ämtern, nicht mehr die Bürger*innen. Das betrifft nicht nur uns in Wiesbaden, sondern die gesamte öffentliche Verwaltung in Deutschland.

Eine nachhaltige, datengetriebene Verwaltung mit zuverlässigen Services für die Bürger*innen sind ohne diese beiden Projekte nicht realisierbar.

Das Ranking betrachtet deutsche Städte - wie sehen Sie Ihre Kommune im Europaweiten Vergleich aufgestellt?
Wir können viel aus der Vernetzung und Zusammenarbeit mit anderen deutschen Kommunen lernen. Mit Frankfurt am Main und Darmstadt machen wir das auf hessischer Ebene aktiv und regelmäßig.

Doch: Smart City wie in Zürich, Digitale Verwaltung wie in Estland, Open Data wie in Amsterdam - da sind wir in Deutschland leider noch nicht.

Welche Unterstützung würden Sie sich bei Ihren Maßnahmen von Land, Bund und EU wünschen?
Ob wir als Staat und Behörden Vertrauen in die Demokratie aufbauen oder nicht, ob wir funktionsfähig sind, belastbar, das entscheidet sich vor allem auf lokaler Ebene.

Wir benötigen daher unbedingt dedizierte Töpfe für die Digitalisierung von Land und Bund. Die Wahl zwischen der Finanzierung eines Jugendzentrums oder der Registermodernisierung darf keine Entscheidung bei kommunalen Haushaltsverhandlungen sein. Die digitale Transformation darf nicht an knappen Kassen in den Kommunen scheitern -  ansonsten sehe ich die kommunale Daseinsvorsorge in Zukunft gefährdet.

Vom Land Hessen wünschen wir uns ganz konkret eine hessenweite Datenplattform mit Standards, die für alle Kommunen gelten. Diese Forderung haben wir bereits aus unserer Kooperation zwischen drei der größten hessischen Städte Darmstadt, Frankfurt am Main und Wiesbaden an die neue Landesregierung herangetragen. Bayern oder Nordrhein-Westfalen machen mit ihren Open Data Plattformen vor, wie es geht.

Bei der Gestaltung von Förderprogrammen fordern wir weniger formale Hürden und einen größeren Fokus auf skalierbare Projekte mit noch mehr interkommunaler Zusammenarbeit. Wir brauchen keine lokalen Leuchttürme, wir müssen Best Practices in die Breite tragen - am besten durch Förderprogramme unmittelbar finanziert. Als Städte und Kommunen stehen wir alle vor den gleichen Herausforderungen: Anpassung an die Klimakrise, Digitale Transformation oder Verschärfung des Fachkräftemangels, um nur einige Beispiele zu nennen.

Konsequente Umsetzung von europäischen Richtlinien und Verordnungen durch den Bund, die eine smarte Verwaltung ermöglichen. Die Europäische Union fordert schon heute von den Mitgliedstaaten ein flächendeckendes Angebot von digitalen Services. Ein Beispiel: Der Bund sollte die digitale Beurkundung flächendeckend ermöglichen und nicht nur für eine einzelne Dienstleistung, wie die online Gründung und Anmeldung einer GmbH.

Jetzt ist der Moment - davon bin ich überzeugt - an dem wir nicht mehr zögern dürfen: Demokratie, Transparenz und Zuverlässigkeit. Das wünschen sich Bürger*innen und das sind wir schuldig. Ich kann unserer Rolle als Nachzügler in Sachen Digitalisierung etwas Positives abgewinnen: Wir können in die Wirtschaft oder andere europäische Städte schauen, Best Practices für den öffentlichen Sektor übernehmen und einen großen Bogen um gescheiterte Technologien und Vorhaben machen. Die Lösungen sind da, wir müssen sie nur konsequent übernehmen!

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