Digitalkabinett, Digitalrat, Innovationsdialog, Digital-Ethikkommission – helfen die vielen Gremien und Stäbe, oder schaffen sie nur Durcheinander?
Es wird heute viel mehr über Digitalisierung geredet als noch vor fünf bis zehn Jahren. Daran gibt es erst einmal nichts auszusetzen, ganz im Gegenteil. Ein Gremium, ein Stab oder ein Forum machen aber noch keine Digitalisierung. Wichtig ist es auch, dass die Erkenntnisse und Ideen, die bei diesen Zusammenkünften entstehen, in die Praxis umgesetzt werden können. Der digitale Wandel bringt es mit sich, dass wir auch neue Sichtweisen zulassen müssen und Mut und Entschlossenheit entwickeln, um die über Jahre gewachsenen und etablierten Abläufe, Zuständigkeiten und Gewohnheiten zu hinterfragen und gegebenenfalls auch radikal zu ändern.
In den Gremien wirken vornehmlich Wissenschaftler und Vertreter aus Wirtschaft und Verwaltung mit. Sind die Runden aus Ihrer Sicht richtig besetzt?
Digitalisierung betrifft alle und jeden. Die Erkenntnis, dass der digitale Wandel alle Bereiche des Alltags berührt und viele Prozesse in der Wirtschaftswelt auf den Kopf stellt, wurde nicht erst gestern geboren. Es ist sinnvoll solche Runden mit visionären Vordenkern und Theoretikern aber auch klugen Köpfen zu besetzen, die mit ihrer tagtäglichen Arbeit bereits Lösungen gefunden haben, um den digitalen Wandel zu gestalten. Wissenschaftler, Vertreter aus Wirtschaft und Verwaltung gehören da genauso dazu, wie die Meinung und Erfahrung von innovativen Startup-Gründern, Beratern und sogenannten einfachen Nutzern. Im nächsten Schritt wird es aber auch nicht minder wichtig sein, die Brücke von Erkenntnis und Idee hin zu Praxis und Alltag zu schaffen und den Übergang in die digitale Gesellschaft zu moderieren und zu begleiten.
Auch auf höchster exekutiver Ebene sind die Verantwortlichkeiten verteilt. Deswegen fordern manche ein eigenes Digitalministerium. Wie stehen Sie dazu?
In vielen Zukunftsfeldern der Digitalisierung hinkt Deutschland im internationalen Vergleich hinterher. Das Thema Digitalisierung auch in der Politik fest zu verankern halte ich für richtig und notwendig. Allerdings wird ein Ministerium vermutlich nicht ausreichen, diesen epochalen und tiefgreifenden Wandel voranzutreiben und umzusetzen. Entscheidend wird sein auf allen Ebenen der politischen Steuerung, also in allen Ministerien und bei allen Verantwortlichen, ein Bewusstsein für die Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung zu schaffen, um konstruktiv aber auch kritisch an nachhaltigen Strategien und Strukturen für alle Lebenswelten in der digitalen Zukunftsgesellschaft zu arbeiten.
Während einige Zukunftsthemen sich erst abzeichnen, sind andere Probleme wie etwa der Breitband-Ausbau lange bekannt. Woran hapert es aus Ihrer Sicht bei solchen Basics?
Ich glaube, dass viele sich noch nicht vorstellen können, dass es einen Zusammenhang zwischen schnellem Internet und gesellschaftlichem Fortschritt geben kann. Ängste und Bedenken – beides muss auf jeden Fall ernst genommen werden – aber auch Unwissenheit prägen hierzulande doch auch noch sehr die Diskussion über die digitale Zukunft. Fakt ist aber: Wir können die Digitalisierung nicht mehr einfach wegwischen. In den kommenden Jahren muss also neben der Weiterentwicklung von innovativen Technologien gleichermaßen Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit geleistet werden, indem auch die wohlstandssteigernden Vorteile des digitalen Wandels deutlich gemacht werden.
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04.10.2018 | INTERVIEW ZUR DEBATTE: ZUM DEBATTENVERLAUF →
EIN DIGITALMINISTERIUM WIRD VERMUTLICH NICHT AUSREICHEN
Was der digitale Wandel braucht

Oliver Dziemba - Autor, Berater und Trendanalyst - Institut für Trend- und Zukunftsforschung (ITZ) [Quelle: ITZ]
"Es wird heute viel mehr über Digitalisierung geredet als noch vor fünf bis zehn Jahren", stellt Oliver Dziemba fest. Das sei gut, aber reiche nicht. Der Experte beschäftigt sich beim Institut für Trend- und Zukunftsforschung (ITZ) in Heidelberg als Trendforscher und Berater mit dem Thema Digitalisierung und den Auswirkungen auf Alltag und Ökonomie.
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