Menue-Button
← FACHDEBATTE Interview

EU-Rechtsrahmen kann als Blaupause für KI dienen

Auf welche Werte sich Europa bei der Regulierung von KI besinnen sollte

Prof. Dr. Antonio Krüger - Geschäftsführer, Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH (DFKI) Quelle: DFKI/ Joerg Puetz Prof. Dr. Antonio Krüger Geschäftsführer Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH (DFKI) 10.11.2020
INITIATOR DIESER FACHDEBATTE
Dipl.- Journ. Thomas Barthel
Founder & Herausgeber
Meinungsbarometer.info
ZUR FACHDEBATTE

Prof. Dr. Antonio Krüger vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH (DFKI) unterstützt "alle Bemühungen, die auf eine menschenzentrierte Künstliche Intelligenz abzielen". Die entsprechenden Bestrebungen einen europaweiten Rechtsrahmen zu schaffen sieht er als eine große Chance.







In der EU ist eine Debatte über Regeln für Künstliche Intelligenz im Gange. Welche grundsätzlichen ethischen Standards sollten einem entsprechenden Regelwerk zugrunde liegen?
Wir am DFKI unterstützen alle Bemühungen, die auf eine menschenzentrierte Künstliche Intelligenz abzielen – als Alternative zu der Art und Weise, wie Künstliche Intelligenz in den USA oder in China betrieben wird. Daran sollten sich auch die ethischen Standards bei einer Regulierung in der EU orientieren. Das bedeutet, die Würde des Einzelnen muss im Mittelpunkt stehen. Denn unser Grundgesetz und die Wertbasis der Europäischen Union müssen auch gelten, wenn KI-Technologien zum Einsatz kommen. Das ist die ethische Grundlage, aus denen Regeln abgeleitet werden müssen.

Ich persönlich glaube nicht, dass darüber hinaus weitere ethische Vorgaben nötig sind. Denn aus dieser Wertebasis leiten sich schon umfassende Anforderungen ab. So ist es etwa unerlässlich, dass die Systeme transparent sind. Autonom entscheidende Systeme müssen sich erklären können. Ähnlich wie bei Flightrecordern in Flugzeugen müssen etwaige Fehler nachvollziehbar sein. Diese Transparenz darf nicht nur für Experten und spezielle Stakeholder gelten, vielmehr muss der einzelne Bürger die Möglichkeit haben, autonom getroffene Entscheidungen zu verstehen und gegen diese im Zweifel Einspruch zu erheben.

JETZT HERUNTERLADEN

DIE DOKUMENTATION DIESER FACHDEBATTE

DIE DOKUMENTATION ENTHÄLT

alle Debattenbeiträge ungekürzt im Original
Übersicht aller aktiven Debattenteilnehmer
Summary für Ihr Top-Management
MEHR ERFAHREN


Im Gespräch ist u.a. ein Haftungssystem für KI-Systeme. Wie stehen Sie dazu?
Selbstverständlich muss es auch Haftungssysteme geben, wenn bei Künstlicher Intelligenz etwas schiefgeht. Ich glaube allerdings, dass die bestehenden Regeln ausreichen. Sowohl die Betreiber als auch die Produzenten von solchen Systemen sind grundsätzlich für ihr Tun verantwortlich. Abhängig vom Kontext und dem Einsatz von KI gibt es bereits spezielle Regeln, etwa in bestimmten Produktbereichen. Möglicherweise gibt es im Einzelfall tatsächlich Anpassungsbedarf, wenn etwa Sie an die Medizintechnik denken. Doch grundsätzlich sehe ich keinen besonderen neuen Regelungsbedarf, weil der bestehende Rechtsrahmen ausreicht.

Von Experten gibt es Rufe nach einem KI-Register oder einem KI-TÜV. Wie sehen Sie das?
In gewisser Weise kann ich die Forderungen nachvollziehen, weiß aber nicht genau, was gemeint ist. Denn den TÜV gibt es ja schon, zum Beispiel für Autos. Autonome Fahrzeuge werden selbstverständlich ebenfalls durch den TÜV gehen. Auch in der Medizin gibt es strenge Regularien, wann Produkte auf den Markt kommen und angewendet werden dürfen. Jegliche KI-Systeme derartigen Verfahren zu unterwerfen, halte ich allerdings für nicht sinnvoll. Das sollte doch vom Kontext und dem Einsatzgebiet abhängen. Bei einer Anwendung, die Ihnen in einem Onlineshop ein anderes Buch oder einen neuen Musiktitel empfiehlt, halte ich den erwartbaren Schaden für nicht so gravierend, um derartige Regulierungen zu rechtfertigen. Insofern halte ich einen grundsätzlichen KI-TÜV oder ein umfassendes KI-Register für nicht zielführend.

Verschiedene EU-Staaten (etwa Deutschland in der KI-Strategie, Österreich in der AI-Mission) streben bereits ethische Standards für KI-Anwendungen an. Inwieweit sind nationale Bemühungen und etwaige EU-Regeln in Anbetracht der Stärke von Digitalkonzernen aus den USA oder China überhaupt erfolgversprechend?
Wir brauchen unbedingt europäische Antworten, die auf der erwähnten Idee der menschenzentrierten KI basieren. Diese müssen natürlich genau ausformuliert werden, aber die EU hat in anderen Bereichen bewiesen, dass sie dazu in der Lage ist. Wir müssen auch nicht die Flinte ins Korn werfen, weil die USA und China vermeintlich so viel weiter sind. Denn tatsächlich ist die Europäische Union ein großer Markt und verfügt über die entsprechende Regulierungsmacht. Bei der Datenschutzgrundverordnung konnte man beobachten, welchen Einfluss eine Regulierung haben kann, die konträr zu der in China und auch in den USA ist. Die großen Internetkonzerne haben die EU-Regeln in anderen Teilen der Welt wie in Afrika und Südamerika zu großen Teilen übernommen. Am Ende ist es für die globalen Konzerne einfacher und kosteneffizienter strengere Regeln weltweit zu implementieren, als für jeden Markt eigene Lösungen zu entwickeln. Insofern halte ich es für sehr wichtig, dass wir uns in Europa auf klare Regeln einigen. So ein Rechtsrahmen kann als Blaupause für den weltweiten Einsatz von KI dienen. Das ist eine große Chance.

UNSER NEWSLETTER

Newsletter bestellen JETZT BESTELLEN

■■■ WEITERE BEITRÄGE DIESER FACHDEBATTE

EIN DEBATTENBEITRAG VON
Jason Chumtong
KI-Experte
Konrad-Adenauer-Stiftung

Jason Chumtong - KI-Experte, Abteilung Wirtschaft und Innovation in der Hauptabteilung Analyse und Beratung bei der Konrad-Adenauer-Stiftung
KI | EU

Rechtssicherheit für KI als möglicher ■ ■ ■

Wie europäische Werte gesichert werden können

EIN DEBATTENBEITRAG VON
Jason Chumtong
KI-Experte
Konrad-Adenauer-Stiftung

EIN DEBATTENBEITRAG VON
Carla Hustedt
Senior Project Manager
Bertelsmann Stiftung

Carla Hustedt - Senior Project Manager Programm Megatrends | Ethik der Algorithmen, Bertelsmann Stiftung
KI | EU

Wenn Maschinen entscheiden, müssen ■ ■ ■

Welche Regeln für welche KI gelten sollten

EIN DEBATTENBEITRAG VON
Carla Hustedt
Senior Project Manager
Bertelsmann Stiftung

EIN DEBATTENBEITRAG VON
Michael Mörike
Vorstand
Integrata-Stiftung für humane Nutzung der Informationstechnologie

Michael Mörike - Vorstand der Integrata-Stiftung für humane Nutzung der Informationstechnologie
KI | EU

Ab wann kann eine Maschine für sich ■ ■ ■

Vor welchen Herausforderungen ein Rechtsrahmen ■ ■ ■

EIN DEBATTENBEITRAG VON
Michael Mörike
Vorstand
Integrata-Stiftung für humane Nutzung der Informationstechnologie

ZUR FACHDEBATTE

ÜBER UNSERE FACHDEBATTEN

Meinungsbarometer.info ist die Plattform für Fachdebatten in der digitalen Welt. Unsere Fachdebatten vernetzen Meinungen, Wissen & Köpfe und richten sich an Entscheider auf allen Fach- und Führungsebenen. Unsere Fachdebatten vereinen die hellsten Köpfe, die sich in herausragender Weise mit den drängendsten Fragen unserer Zeit auseinandersetzen.

überparteilich, branchenübergreifend, interdisziplinär

Unsere Fachdebatten fördern Wissensaustausch, Meinungsbildung sowie Entscheidungsfindung in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Medien und Gesellschaft. Sie stehen für neue Erkenntnisse aus unterschiedlichen Perspektiven. Mit unseren Fachdebatten wollen wir den respektvollen Austausch von Argumenten auf Augenhöhe ermöglichen - faktenbasiert, in gegenseitiger Wertschätzung und ohne Ausklammerung kontroverser Meinungen.

kompetent, konstruktiv, reichweitenstark

Bei uns debattieren Spitzenpolitiker aus ganz Europa, Führungskräfte der Wirtschaft, namhafte Wissenschaftler, Top-Entscheider der Medienbranche, Vordenker aus allen gesellschaftlichen Bereichen sowie internationale und nationale Fachjournalisten. Wir haben bereits mehr als 600 Fachdebatten mit über 20 Millionen Teilnahmen online abgewickelt.

nachhaltig und budgetschonend

Mit unseren Fachdebatten setzen wir auf Nachhaltigkeit. Unsere Fachdebatten schonen nicht nur Umwelt und Klima, sondern auch das eigene Budget. Sie helfen, aufwendige Veranstaltungen und überflüssige Geschäftsreisen zu reduzieren – und trotzdem die angestrebten Kommunikationsziele zu erreichen.

mehr als nur ein Tweet

Unsere Fachdebatten sind mehr als nur ein flüchtiger Tweet, ein oberflächlicher Post oder ein eifriger Klick auf den Gefällt-mir-Button. Im Zeitalter von X (ehemals Twitter), Facebook & Co. und der zunehmenden Verkürzung, Verkümmerung und Verrohung von Sprache wollen wir ein Zeichen setzen für die Entwicklung einer neuen Debattenkultur im Internet. Wir wollen das gesamte Potential von Sprache nutzen, verständlich und respektvoll miteinander zu kommunizieren.