Sind Adblocker ein zukunftsweisendes Geschäftsmodell oder Wegelagerei?
Zunächst einmal beeinträchtigen Adblocker die Refinanzierungsmöglichkeiten von digitalen Inhalten und Services über Werbung und stellen damit eine Bedrohung der Angebotsvielfalt in einem offenen und freien Internet zum Nachteil der Nutzer dar. Und auch mit Blick auf die damit verbundene Gefährdung von Arbeitsplätzen in der Medienindustrie und der Werbewirtschaft und die zu erwartende Zunahme von Bezahlmodellen im Internet zu Lasten der Nutzer können Adblocker für niemanden – bis auf ggfs. die Anbieter selbst – ein zukunftsweisendes Geschäftsmodell sein. Vor allem Adblocker-Geschäftsmodelle, die als Gatekeeper agieren, d.h. gegen Bezahlung bestimmte Werbung doch ausspielen, halten wir für sittenwidrig, wenn nicht gar rechtswidrig und hier trifft die Bezeichnung digitale Wegelagerei sicher zu.
Verbände und Inhalteanbieter schlagen Alarm gegen die Adblocker, weil sich ihre Verbreitung ständig erhöht und damit die Einnahmechancen von Vermarktern und Publishern gemindert werden. Nachvollziehbar?
Natürlich ist das nachvollziehbar. Schauen Sie sich die jüngste Expertenbefragung von PricewaterhouseCoopers zu den Auswirkungen von Adblockern an: Bereits jetzt, so eines der zentralen Befragungsergebnisse, führt der Einsatz von Adblockern zu Umsatz-verlusten von 10 bis 20 Prozent bei Publishern und Vermarktern. Der BVDW geht davon aus, dass der Digitalen Wirtschaft in Deutschland durch Adblocker ein Schaden entsteht, der im dreistelligen Millionenbereich liegen könnte. Wenn man dann noch die Bedeutung und die Schubkraft der Digitalen Wirtschaft für die Gesamtwirtschaft in Betracht zieht, ist klar, dass wir diese Entwicklung nicht einfach hinnehmen können.
Den Betreibern von Adblockern wird vorgeworfen, die Kommunikation den Nutzern zu erschweren, indem bestimmte Inhalte geblockt werden. Entsteht hier eine einseitige Marktmacht, die den Verlagen schadet?
Solche Fälle stellen einen massiven Eingriff in das Geschäftsverhältnis zwischen Anbieter und Nutzer dar. Wenn ein Webseitenbetreiber über seine eigene Plattform nicht mehr mit seinen Nutzern kommunizieren kann, weil seine Kommunikation von einem Dritten blockiert wird, kommt das einer Zensur gleich. Den direkten Kundendialog zu kappen, ist ein völlig inakzeptabler Missbrauch einer ohnehin fragwürdigen Gatekeeper-Position, der nicht geduldet werden kann und darf.
Sollte auch die Politik aufgrund der negativen wirtschaftlichen Auswirkungen eingreifen und ein Verbot für Adblocker aussprechen?
Es ist wichtig, dass die Politik das Thema auf dem Radar hat. Eine gesetzliche Regulierung kann aber nur der allerletzte Schritt sein. Zunächst müssen sich die Gerichte mit der Thematik auseinander setzen. Hier wird man sicher noch viel breiter und tiefer in die Thematik einsteigen müssen, um die Sachverhalte adäquat rechtlich bewerten zu können. Unabhängig davon sehe ich aber alle Marktteilnehmer in der Pflicht, das Thema Werbung im Austausch mit den Nutzern und im Dialog mit den Konsumenten positiv weiterzuentwickeln, um mehr Akzeptanz zu schaffen. Dazu zählt dann auch, verstärkt die Finanzierungsmodelle hochwertiger Inhalte und Services im Internet zu vermitteln und ein Bewusstsein für die Rolle von Werbung an dieser Stelle zu schaffen.
Was fordern Sie von den Betreibern von Adblock-Modellen und gibt es ggf. intelligente Alternativen zum Adblocking mit ähnlicher Aufmerksamkeitsstärke?
Adblocker sind inzwischen ein leicht zu aktivierendes convenience tool für die Nutzer. Hier müssen wir uns nichts vormachen: Was technisch möglich ist, wird es immer geben, insofern wird es auch Adblocker an sich immer geben. Wir wehren uns gegen Gatekeeper-Modelle wie das von Adblock Plus, die Adblocking als Geschäftsmodell betreiben und sich über intransparente „Whitelistings“ und „Acceptable Ads“ finanzieren. Dem treten wir entschieden entgegen, das ist keine Option. Damit haben wir ein Problem, und das muss gelöst werden. Daneben muss man natürlich selbstkritisch sagen: Werbung muss sich verändern – und wird sich verändern. Es gab mitunter zu viel und zu aggressive Werbung – das hat den Adblockern die Nutzer in die Hände gespielt. Hier müssen wir mit langfristigen Strategien, die vor allem auch die Qualität von digitaler Werbung in den Mittelpunkt stellen, gegensteuern. Dazu können auch alternative Werbeformen wie Native Advertising zählen.