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Die digitale Transformation braucht auch den Staat

Was in Deutschland schon klappt - und wo es noch Bedarf gibt

Alexander Rabe - Geschäftsführer, eco - Verband der Internetwirtschaft e.V. Quelle: eco/ Bettina Keller Alexander Rabe Geschäftsführer eco - Verband der Internetwirtschaft e.V. 28.07.2022
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Uwe Schimunek
Freier Journalist
Meinungsbarometer.info
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Aus Sicht eco-Geschäftsführer Alexander Rabe muss die Bundesregierung "endlich in die praktische Umsetzung der digitalen Transformation in Deutschland kommen". Ein nun bekannt gewordener erster Entwurf für eine Digitalstrategie bleibt für ihn an vielen Stellen noch sehr vage.







In einem ersten Entwurf für eine Digitalstrategie der Bundesregierung heißt es nach Medienberichten, Deutschland stehe bei der Digitalisierung seit Jahren nur im Mittelfeld. Wie gefährdet sehen Sie die Zukunft des Landes?
Ich denke, wir kennen alle die großen Baustellen, die insbesondere die Pandemie in punkto digitaler Bildung, digitaler Verwaltung und dem Ausbau digitaler Infrastrukturen offengelegt hat. Nichts desto trotz wurde vor allem in dieser Zeit mehr als deutlich, dass zumindest die Anbieter digitaler Technologien und Anwendungen ihre Hausaufgaben gemacht haben: Insbesondere Betreiber digitaler Infrastrukturen – sie bilden das eigentliche Rückgrat der Digitalisierung – haben hier unter Beweis gestellt, dass sie nicht nur die Wirtschaft und Gesellschaft dieses Landes am Laufen halten, sondern auch innovative Lösungen anbieten, um die Klimaziele in Deutschland und Europa zu erreichen.

Doch um die digitale Transformation – wie sie im Koalitionsvertrag der Ampel festgeschrieben ist – vollumfänglich deutschlandweit umsetzen, braucht es auch den Staat. Mit Blick in die Zukunft gerichtet bedeutet das: Die Bundesregierung muss hier nun endlich in die praktische Umsetzung der digitalen Transformation in Deutschland kommen. Die Theorie, also Programme und Strategiepapiere zum Breitbandausbau, der Digitalisierung von Schulen und Modernisierung öffentlicher IT reichen hier schon längst nicht mehr aus.

Die Bundesregierung muss schnellstmöglich eine konsistente, mit klaren sowie nachprüfbaren Zielen und Maßnahmen hinterlegte Digitalstrategie vorlegen und vor allem endlich digitalpolitische Verantwortlichkeiten der Ressorts klarstellen. Wir müssen dringend in die Umsetzung kommen, wenn Deutschland als Digital- und Wirtschaftsstandort weiter Wettbewerbs fähig bleiben soll.

Ende 2025 soll die Hälfte aller Haushalte mit Glasfaser und dem neuesten Mobilfunkstandard versorgt sein. Wie bewerten Sie dieses Ziel?
Wenn Deutschland die digitale Transformation nachhaltig und gesellschaftsübergreifend vorantreiben will, ist dieser Schritt längst überfällig. Glasfaser liefert nicht nur die in Zukunft erforderlichen Bandbreiten, sondern verbraucht rund 5-mal weniger Energie im Vergleich zu Kupferanschlüssen.

Zentrale Herausforderung im Glasfaserausbau bleibt es weiterhin, die notwendigen Leerrohrtrassen zu wirtschaftlich tragbaren Konditionen in die Erde zu bekommen – ohne langwierige Diskussionen mit den Kommunen. Der Glasfaserausbau kommt nur voran, wenn sich staatliche Akteure eng mit der Industrie austauschen und hier zusammenarbeiten.

Auch in Sachen Mobilfunkinfrastruktur muss die Bundesregierung nun endlich die weißen Flecken schließen. Mit der Förderung neuer 5G/6G-Technologien kann Deutschland einen herstellerunabhängigen und schnittstellenoffenen Ansatz verfolgen, der auch auf das Ziel der digitalen Souveränität einzahlt.

Für die digitale Verwaltung soll es eine sichere digitale Identität geben. Welche Herausforderung sehen Sie diesbezüglich?
Die größte Herausforderung sehe ich darin, bevölkerungsweites Vertrauen und Akzeptanz in digitale Identitäten und die dahinterstehenden Technologien zu schaffen. Wie unsere aktuelle Studie zeigt, haben Bürger:innen aktuell vor allem Sorge um die Sicherheit ihrer Daten.

Gleichzeitig zeigen unsere Studienergebnisse, dass die allgemeine Nutzung digitaler Identitäten jährlich um rund 20 bis 30 Prozent steigt und sich immer mehr Menschen vor allem von Behörden mehr Online-Services sowie eine bessere Benutzerfreundlichkeit bestehender Dienstleistungen wünschen.

Für eine höhere Benutzerfreundlichkeit sollten Behörden die Nutzung digitaler Identitäten auch auf dem Smartphone anbieten. Etwa durch eine Wallet-App, bei der Bürger:innen im besten Fall die Wahl zwischen verschiedenen Anbietern haben. Gleichzeitig sollten digitale Identitäten im europäischen Ökosystem eingebettet sein, um öffentliche wie private Dienstleistungen EU-weit nutzbar zu machen. 

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Was sollte unbedingt noch in der endgültigen Digitalstrategie stehen?
Der aktuelle Entwurf bleibt an vielen Stellen noch sehr vage. Das betrifft speziell die Frage, wie wir digitale Infrastrukturen in Zukunft weiter stärken, fördern und entwickeln wollen.
Die Ausbauziele sind klar umrissen, aber wie die Bundesregierung dies in der Praxis umsetzen will, bleibt teilweise sehr unkonkret. Auch wird die Rechenzentrumslandschaft in Deutschland bislang nur unzureichend adressiert, obwohl die Branche den Kern moderner digitaler Infrastrukturen bildet.

Wenn die Bundesregierung ihr Vorhaben der digitalen Transformation umsetzen will, muss sie die Digitalstrategie hier um messbare Ziele und klare Zeitpläne ergänzen. Insgesamt sieht der aktuelle Entwurf aus meiner Sicht viele verschiedene und teilweise sehr gute Ideen für den Digitalstandort Deutschland vor, die nun stringent dargelegt und herausgearbeitet werden müssen.

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