Nach aktuellen Daten wenden sich junge Hörer zunehmend Online-Audio-Angeboten zu. Wie kann das lineare Radio insbesondere gegen Musik-Streaming-Dienste dauerhaft bestehen?
Radio ist schon heute nicht mehr nur linear und auf einen Geschäftszweck ausgerichtet. Das ist ein Zusammenspiel aus vielen Faktoren, die Radio- bzw. Audiounternehmen heutzutage ausmachen. Wir müssen weiterhin einerseits möglichst viele Hörer mit einem „Mainstream-Angebot" bedienen, sowie mit Genre-Streams die Nischen bedienen und auf diese wiederum im linearen (Haupt-)Programm aufmerksam machen. Darüber hinaus gilt es mehr denn je mit aufmerksamkeitsstarken Aktionen und Themen zu punkten, die aktuell sind wie beispielsweise Nachhaltigkeit, Gesundheit, Migration etc. Selbst oder gerade wenn die Themen polarisieren, das war und ist immer eine Stärke von Radio. Und natürlich helfen aufsehenerregende Marketingmaßnahmen, mit denen man idealerweise seine Radiomarke zu einer Lovebrand mit starken Persönlichkeiten macht, die dann quasi selbst als Influencer und Botschafter für die Sendermarke agieren.
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Beim Kern-Inhalt Musik entdeckt die junge Generation neue Trends häufig auf Plattformen wie Tik Tok. Wie kann das klassische Radio in dieser Frage seine Relevanz behaupten?
Das was Radio schon immer ausmacht: Selbst am Puls der Zeit bleiben, Trends als erstes (mit)entdecken und setzen aber auch die Zusammenarbeit mit Multiplikatoren suchen. Warum nicht einem Influencer eine eigene Radioshow geben, wir haben das bei 89.0 RTL mit einem bekannten Instagram- und TikTok-Influencer bereits erfolgreich umgesetzt. Darüber hinaus haben wir selbst Reichweite auf diversen Plattformen wie YouTube, Instagram oder auch TikTok aufgebaut und sind da, wo die junge Generation ist, als Teil ihrer digitalen Welt. Darüber hinaus gab und gibt es auch weiterhin exklusive Erlebnisse nur im Radio mit den Musikstars von heute. Je uniquer der Content, den wir bieten können, umso relevanter sind wir auch in der jungen Zielgruppe.
Wie können neue Online-Formate wie etwa Online-Spartenkanäle oder Podcasts helfen, junge Zielgruppen an klassische Radio-Marken zu binden?
So schön das auch wäre, aber vermutlich ist dieses „Rüberholen" nur zu einem geringen Prozentsatz möglich. Spartenkanäle haben nicht selten zu wenig Masse, als das man davon nennenswerte Erfolge einfahren könnte. Der Aufwand wäre enorm, Hörer aus einem Spartenkanal dauerhaft ins Live-Programm zu holen. Gleiches gilt für Podcasts. Hinzu kommt, dass Podcast-Hörer einen Podcast hören, weil sie eben genau das eine spezielle Thema von dem bevorzugten Podcast-Host interessiert, was aber ein Mainstreamprogramm in dieser Form und Ausführlichkeit nicht leisten kann. Aber das ist auch nicht das vordergründige Ziel, warum wir beispielsweise Radio Brocken Spartenkanäle oder auch sendereigene Podcasts produzieren und anbieten. Wir diversifizieren damit unsere Angebote, welche größtenteils unter den bekannten vertrauten Sendermarken um das mediale Zeitbudget unserer Zielgruppen mitspielen möchten. Einerseits erreichen wir damit eine weitere Bindung an die Dachmarke und erweitern unsere „nicht-traditionellen" Einnahmen zur Sicherung des gesamten Medienunternehmens.
Klassische Radio-Vollprogramme senden neben Musik auch Nachrichten und Informationen – wie kann und sollte die Politik helfen, dass solche Inhalte auch künftig junge Zielgruppen erreichen?
Ein wichtiger Schritt ist gegangen, wenn die Politik das Radio vollumfänglich als systemrelevanten Wirtschaftsfaktor anerkennt. Wir brauchen darüber hinaus eine faire Regulierung im Verhältnis zu den internationalen Techplattformen sowie eine adäquate Auffindbarkeit aller Radioangebote auf diesen Plattformen. Gerade für uns Privatradios im teils ungleichen Wettbewerb mit den ARD-Radioangeboten bedarf es Schutz und Unterstützung seitens der Politik, damit wir auf dieser Basis unsere neuen digitalen Geschäftsmodelle für vor allem junge heranwachsende Zielgruppen überhaupt finanzieren und realisieren zu können. Bei fairen Regeln für alle „Mitspieler", entscheiden am Ende die Konzepte und Angebote, ob und wie diese von jungen Menschen angenommen werden. Das ist dann unsere Aufgabe, eben genau diese erfolgreichen Produkte zu etablieren.